Panorama

Überraschender Kulturwandel: Liebe zum Bargeld schwindet immer mehr

Es gleicht einem Erdbeben. Aber auch die Deutschen scheinen die Vorzüge von Plastikkarten beim Zahlen und einlaufen zu schätzen. das Bargeld ist immer weiter auf dem Rückzug im Land.
23.12.2024 07:51
Lesezeit: 2 min

Bargeld ist für die Menschen im Euroraum trotz des Trends zu digitalen Bezahlmethoden an der Ladenkasse noch erste Wahl. Vor allem bei kleinen Beträgen greifen Verbraucherinnen und Verbraucher überwiegend zu Schein und Münze, wie eine Analyse der Europäischen Zentralbank (EZB) ergab.

Doch die Bedeutung digitaler Bezahlmöglichkeiten nimmt stetig zu. Jahr für Jahr werden weniger Einkäufe bar abgewickelt: 52 Prozent der Transaktionen waren es in diesem Jahr, 2022 lag der Wert bei 59 Prozent, 2019 wurden sogar noch 72 Prozent Barzahlungen im Währungsraum gezählt. Zugleich geht der Anteil der Kartenzahlungen nach oben: von 25 Prozent 2019 über 34 Prozent 2022 auf 39 Prozent in der aktuellen Auswertung.

Der Anteil der Barzahlungen an der Ladenkasse ist der Erhebung zufolge, in die auch nationale Umfragen einflossen, im Vergleich der Jahre 2022 und 2024 in allen Ländern des Euroraums zurückgegangen, mit Ausnahme von Finnland und den Niederlanden. Die stärksten Rückgänge gemessen an der Zahl der Transaktionen wurden in Zypern (11 Prozentpunkte), Deutschland, Malta und Portugal (jeweils 10 Prozentpunkte) beobachtet.

Liebe der Bundesbürger zum Bargeld schwindet

Wer zu Schein und Münze greift, schätzt daran, dass er beim Blick in den Geldbeutel genau weiß, wie viel er noch ausgeben kann. Auch das anonyme Bezahlen ohne elektronische Spuren ist ein Argument der Bargeldbefürworter. Doch selbst in Deutschland, das als Land der Barzahler gilt, sind Schein und Münze an der Ladenkasse rückläufig.

Einer im Juli veröffentlichten Umfrage der Bundesbank zufolge wurden im Jahr 2023 zwar immer noch 51 Prozent der Zahlvorgänge hierzulande bar abgewickelt. Das waren aber 7 Prozentpunkte weniger als bei der Vorgängerstudie aus dem Jahr 2021. Zugleich nahm der Anteil der Zahlungen mit Debitkarten um 5 Punkte auf 27 Prozent zu, das mobile Bezahlen per Smartphone legte um 4 Punkte auf 6 Prozent aller Bezahlvorgänge zu.

Ab 50 Euro wird zumeist mit Karte bezahlt

Im europäischen Durchschnitt halten Verbraucherinnen und Verbraucher die Zahlung per Karte für schneller und einfacher. Bei Zahlungen über 50 Euro sind Karten das am häufigsten verwendete Zahlungsmittel.

Auch gemessen am Wert sind Karten der EZB-Analyse zufolge das dominierende Zahlungsmittel in den 20 Eurostaaten mit einem Anteil von 45 Prozent. Bargeld kommt auf 39 Prozent, 7 Prozent entfallen auf das mobile Bezahlen etwa per Smartphone – mit steigender Tendenz. Während der Corona-Pandemie hatte der Einzelhandel das kontaktlose Bezahlen als besonders hygienisch beworben. Das schnelle Bezahlen im Vorbeigehen ist unter anderem mit einem Smartphone oder einer Smartwatch möglich.

Online-Handel als Treiber für digitales Bezahlen

„Digitale Zahlungen nehmen weiter zu, wenn auch langsamer“, stellt die EZB fest. Ein Treiber sei der rege Online-Handel. Zahlungen im Internet, die überwiegend per Karte abgewickelt werden, machen gut ein Fünftel (21 Prozent) aller Zahlungen und gut ein Drittel (36 Prozent) des Gesamtwertes aus. In beiden Betrachtungen ging es seit der Untersuchung 2022 nach oben.

Eine Mehrheit der Verbraucher im Euroraum (62 Prozent) hält es gleichwohl für wichtig, dass Bargeld als Zahlungsmöglichkeit erhalten bleibt. EZB-Direktoriumsmitglied Piero Cipollone bekräftigt: „Wir sind bestrebt, sichere, effiziente und integrative Zahlungsmöglichkeiten zu gewährleisten. Indem wir sowohl Bargeld als auch die Entwicklung eines digitalen Euro unterstützen, wollen wir sicherstellen, dass die Menschen jetzt und in Zukunft immer mit öffentlichem Geld bezahlen können.“

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin-Kurs: Zinssignale aus Japan belasten Stimmung am Kryptomarkt – wie es weitergeht
07.12.2025

Der Bitcoin-Kurs steht erneut im Mittelpunkt der Marktdebatten, da globale Zinssignale und eine wachsende Verunsicherung unter Anlegern die...

DWN
Technologie
Technologie Social Media im Umbruch: KI verdrängt persönliche Beiträge immer mehr
07.12.2025

Die sozialen Netzwerke verändern sich rasant, während persönliche Beiträge seltener werden und KI-Inhalte die Feeds bestimmen. Welche...

DWN
Finanzen
Finanzen Nvidia-Aktie: Weshalb selbst starke Zahlen ein strukturelles Problem nicht lösen
07.12.2025

Die Nvidia-Aktie glänzt mit beeindruckenden Ergebnissen, doch Anleger übersehen oft ein zentrales Risiko. Die enorme Größe des Konzerns...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Mautkosten in Europa steigen: Wie sich Speditionen jetzt Wettbewerbsvorteile sichern
07.12.2025

Trotz wachsender Belastungen im europäischen Transportsektor zeigt sich immer deutlicher, dass Mautgebühren weit mehr sind als ein...

DWN
Panorama
Panorama Weihnachten mit kleinerem Budget: Viele Menschen müssen bei Weihnachtsgeschenken sparen
07.12.2025

Weihnachten rückt näher, doch viele Haushalte kalkulieren strenger als je zuvor. Eine neue Umfrage zeigt, wie stark Preissteigerungen die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft OpenAI-Bilanz: Deloitte prüft Milliardenpläne und Michael Burry entfacht Debatte
07.12.2025

OpenAIs rasanter Aufstieg und die enormen Investitionspläne des Unternehmens rücken die Transparenz der OpenAI-Bilanz in den Mittelpunkt....

DWN
Politik
Politik Elektromobilitätssteuer Großbritannien: Wie London die E-Auto-Revolution abbremst
07.12.2025

Großbritannien setzt mit einer kilometerbasierten Abgabe ein hartes Signal an alle E-Autofahrer und stellt die finanzielle Logik der...

DWN
Politik
Politik Russlands Desinformationskampagnen: Wie Europa gegen Putins Trolle kämpft
06.12.2025

Europe wird zunehmend Ziel digitaler Einflussoperationen, die gesellschaftliche Stabilität, politische Prozesse und wirtschaftliche...