Fünf Euro mehr Kindergeld, angehobene Freibeträge und ein angepasstes Steuersystem sollen die drohende kalte Progression stoppen und Entlastung bringen. Doch die Reform hat ihre Tücken: Während Familien profitieren, bleibt Singles oft kaum mehr Netto vom Brutto. Warum das so ist, welche Regelungen ab Januar gelten und wie Sozialabgaben die Steuerentlastung teilweise wieder auffressen.
Familien profitieren von höherem Kindergeld ab Januar
Ab Januar erhalten Familien fünf Euro mehr Kindergeld. Der Bundesrat hat in Berlin außerdem dem Ausgleich der kalten Progression bei der Einkommensteuer zugestimmt. Damit wird eine durch die Inflation drohende Steuererhöhung vermieden. Für Kanzler Olaf Scholz (SPD) ist dies ein Erfolg, denn er hatte nach dem Bruch seiner Ampel-Koalition betont, dieses Gesetz unbedingt vor Weihnachten verabschieden zu wollen.
Entlastungen sollen Wirtschaft beleben
Die Maßnahmen zielen auch darauf ab, die Wirtschaft aus ihrer Flaute zu holen. Finanzminister Jörg Kukies erklärte im Bundesrat: "Beides wird die Zurückhaltung beim Konsum mindern, die Konsumnachfrage stärken und damit die gesamtwirtschaftliche Entwicklung fördern." In einer schwierigen Phase sorge das für Stabilität und Entlastung. Gleichzeitig zeigte sich der SPD-Politiker enttäuscht, dass weitere Maßnahmen zur Wirtschaftsstärkung wie erleichterte Abschreibungen aus dem ursprünglichen Gesetzentwurf gestrichen werden mussten, um die Zustimmung von FDP und Union zu sichern.
Fünf Euro mehr Kindergeld
Ab Jahresbeginn steigt das Kindergeld um fünf Euro auf 255 Euro im Monat. Für den Staat bedeutet das laut Bundesfinanzministerium Kosten von rund 790 Millionen Euro. Ein ebenfalls beschlossenes weiteres Kindergeld-Plus um vier Euro im Jahr 2026 kostet noch einmal rund 635 Millionen Euro. Der steuerliche Kinderfreibetrag wird zum Januar um 60 Euro auf 6.672 Euro angehoben. Im Jahr 2026 steigt er um weitere 156 Euro auf 6.828 Euro. Der Kindersofortzuschlag für Familien mit geringem Einkommen steigt ab Januar um fünf Euro auf 25 Euro monatlich.
Eckwerte im Steuertarif angepasst
Ohne die Reform müssten Bürgerinnen und Bürger durch den ansteigenden Steuertarif ab Januar auch dann mehr an den Fiskus zahlen, wenn ihre Gehaltserhöhung lediglich die Inflation ausgleicht. Dieser Effekt wird als kalte Progression bezeichnet.
Um das zu verhindern, werden mehrere Eckwerte im Steuertarif so angepasst, dass höhere Steuersätze erst später greifen. Der Grundfreibetrag wird um 312 Euro auf 12.096 Euro erhöht, also jener Einkommensanteil, der steuerfrei bleibt. Im Jahr 2026 steigt dieser Freibetrag auf 12.348 Euro. Grundlage für die Anpassung sind Berechnungen zur Inflation und zum Existenzminimum in Deutschland.
Die weiteren Eckwerte des Steuertarifs verschieben sich um 2,6 Prozent, wodurch verhindert wird, dass allein durch die Inflation höhere Steuern anfallen. Auch die Freigrenze für den Solidarätszuschlag wird angepasst. Allerdings bleibt die Grenze für die Reichensteuer, die über dem Spitzensteuersatz liegt, unverändert.
Bundesländer verzichten auf Einnahmen
Besonders die Anpassungen im Steuertarif führen dazu, dass den Bundesländern Steuereinnahmen entgehen. Laut Haushaltsausschuss verlieren die Länder im kommenden Jahr rund 2,6 Milliarden Euro, im Jahr 2026 sogar fast 5,2 Milliarden Euro.
Bund, Länder und Gemeinden zusammen müssen im nächsten Jahr mit Mindereinnahmen von knapp 7,2 Milliarden Euro rechnen. Langfristig belaufen sich die Kosten auf mehr als 13,5 bis 14,8 Milliarden Euro.
Weniger Netto trotz Entlastungen
Das Institut der deutschen Wirtschaft hat berechnet, dass viele Haushalte trotz der Entlastungen im kommenden Jahr weniger Geld zur Verfügung haben werden. Grund dafür sind steigende Sozialabgaben, die durch die Steuerentlastungen nicht ausgeglichen werden.
Ein Single mit einem Durchschnittseinkommen von 50.000 Euro brutto im Jahr reduziert seine Mehrbelastung dadurch nur von 233 Euro auf 38 Euro netto im Jahr. Auch für Alleinerziehende reichen die Kindergelderhöhung und der veränderte Einkommensteuertarif oft nicht aus, um ein Minus zu vermeiden. Lediglich gemeinsam veranlagte Paare mit Kindern können je nach Einkommenshöhe mit einem Plus rechnen.
Steuerentlastungen wohl erst ab März spürbar
Obwohl das Gesetz noch vor Jahresende verabschiedet wurde, werden die steuerlichen Entlastungen im Januar wohl noch nicht spürbar sein. Laut Finanzministerium dauert es einige Wochen, bis die Änderungen in der Verwaltung umgesetzt und auf Gehaltszetteln sichtbar werden. Möglicherweise erfolgt dies erst im März. Das erhöhte Kindergeld soll dagegen bereits ab Januar ausgezahlt werden.