Neobroker wie Trade Republic sind in den vergangenen Jahren rasant gewachsen. Allein Trade Republic hat nach eigenen Angaben 2,5 Millionen Kunden in Deutschland. Das dürfte unter anderem an den günstigen Gebühren liegen: Etwa sind bei Trade Republic das Depot, Sparpläne und Einzelorders kostenlos.
Doch bei dem Angebot gibt es einen Haken: Die Neobroker wickeln die Wertpapierkäufe üblicherweise nur über einen oder wenige Handelsplätze ab. Dafür erhalten sie von den Handelsplätzen eine Provision, die sogenannte Payment for Order Flow (PFOF).
Manche Experten und Verbraucherschützer sehen das kritisch. „Kosten sollten dem Kunden gegenüber stets transparent und einfach erkennbar ausgewiesen werden“, erklärt etwa der Finanzökonom Hartmut Walz der Hochschule Ludwigshafen gegenüber DWN. Das sei aber bei Rückvergütungen nicht der Fall. Er halte es daher nicht für sinnvoll, ein Depot bei einem Broker zu eröffnen, der Rückvergütungen erhalte.
Neobroker und versteckte Kosten: Was die Bafin-Studie zeigt
Ob Anleger durch die Rückvergütungen tatsächlich profitieren, ist unklar. Bei den Neobrokern sind zwar die Gebühren deutlich geringer als bei den klassischen Filialbanken, aber dafür können Anleger nicht zwischen einer größeren Zahl an Handelsplätzen auswählen und dort kaufen, wo der Kurs des gewünschten Wertpapiers am niedrigsten ist.
Die Bafin untersuchte in einer Studie aus dem Jahr 2022, ob Anleger auf den PFOF-Handelsplätzen wie Tradegate, L&S Exchange, Quotrix oder Gettex höhere Kurse in Kauf nehmen müssen. Die Finanzaufseher gelangten dabei zu gemischten Ergebnissen: Bei kleinen Orders von bis zu 2000 Euro bei DAX-Aktien und bis zu 500 Euro bei anderen Wertpapieren waren die Ausführungskurse auf den PFOF-Handelsplätzen meistens sogar besser, aber bei größeren Orders wäre ein der Kauf bei provisionsfreien Handelsplätzen wie Xetra vorteilhafter gewesen. Ob Payment for Order Flow die Ursache der Preisunterschiede seien, lasse sich aus den Ergebnissen nicht ablesen, erklärte die Bafin weiter.
Andere Finanzaufsichtsbehörden gelangten hingegen zu gegenteiligen Ergebnissen, etwa in Spanien und den Niederlanden. Laut der spanischen Studie zahlen Anleger an den PFOF-Handelsplätzen im Schnitt 1,09 Euro mehr für eine Order von 1000 Euro als für die schlechtmöglichste Order an einem der zehn größten Handelsplätze, die keine Rückvergütungen zahlen würden. Die Bafin betont allerdings, dass die deutsche Studie mehr Transaktionen berücksichtigte und auch handelsplatzbezogene Transaktionsentgelte in die Ergebnisse einrechnete, die etwa bei der spanischen Studie fehlten.
Der Autor dieses Artikels ist selbst Kunde bei dem Neobroker Scalable Capital. In der Ex-post-Kosteninformation 2023 wird die Höhe der "Zuwendungen an Dritte” auf 0,05 Prozent des Depotwerts angegeben. Bei einer Anlagesumme von 100.000 Euro wären das 50 Euro pro Jahr, was relativ gering wäre. Allerdings lässt sich aus der Kosteninformation nicht schließen, ob man bei einem anderen Anbieter die Wertpapiere zu besseren Kursen hätte kaufen können.
Stiftung Warentest über die Neobroker
Stiftung Warentest untersuchte in der November-Ausgabe des Jahres 2024 der Zeitung Finanztest erstmals die Angebote der Neobroker und hält die kostenlosen Depots „auch für Normalos attraktiv“, die nicht den ganzen Tag mit dem Handy hantieren würden. Die Bedienung sei bei fast allen Neobrokern „sehr einfach“ und „oft sogar selbsterklärend“. Am günstigsten waren bei dem Vergleich Finanzen.net Zero, Traders Place, Tradegate und Smartbroker+, bei denen für ein Depot von 12.000 Euro gar keine Gebühren anfielen.
Ab dem Juli 2026 ist gleichwohl Schluss mit den versteckten Gebühren. Dann greift das Verbot von Payment for Order Flow der Europäischen Union. Ob Wertpapierdepots bei den Neobrokern anschließend weiter kostenlos sind, ist derzeit unklar.
Etwa hat der Neobroker Scalable Capital bereits einen eigenen Handelsplatz gemeinsam mit der Börse Hannover gegründet, auf dem Anleger Wertpapiere kaufen und verkaufen können. Scalable Capital verdient also an dem Wertpapierhandel auf der "European Investor Exchange” mit. Ob das vor- oder nachteilig für Anleger ist, wurde bislang noch nicht untersucht.
Finanzprofessor Hartmut Walz erklärt in einem Youtube-Interview, dass mit einem PFOF-Verbot der Wertpapierhandel nicht zwangsläufig teurer werden müsse. Derzeit würden große Anleger mit einen Ordervolumen von 30.000 oder 40.000 Euro kleinere Anleger subventionieren. Anleger mit höheren Sparraten würden daher von dem Verbot profitieren, während Kleinanleger schlechter dastehen. Der Vorteil des Verbots sei, dass Kleinanleger nicht mehr zum häufigen Umschichten verleitet würden. Denn: „Diese scheinbar kostenlosen Mini-Orders werden nicht mehr gehen.“