Eine "kleine Anfrage" der CDU/CSU-Fraktion an die geschäftsführende Bundesregierung sorgt derzeit für Empörung vor allem unter Vertretern von Linken und Grünen im Bundestag. Unter dem Titel „Politische Neutralität staatlich geförderter Organisationen“ listet die Union 551 Fragen über die Finanzierung und mögliche Parteinahme von Organisationen wie unter anderem Omas gegen Rechts, Correctiv, Campact oder die Amadeu Antonio Stiftung. Politiker der Linken und Grünen sehen in dem Vorgehen autokratische Züge. Der neue SPD-Fraktionschef Lars Klingbeil stellt sogar die Aufnahme von Koalitionsgesprächen infrage.
CDU/CSU-Anfrage will Finanzierung von NGOs offenlegen
Der Fragenkatalog der CDU/CSU-Fraktion beginnt wie folgt: "Die Frage nach der politischen Neutralität staatlich geförderter Organisationen sorgt aktuell zunehmend für Debatten. Hintergrund sind Proteste gegen die CDU Deutschlands, die teils von gemeinnützigen Vereinen oder staatlich finanzierten Organisationen organisiert oder unterstützt wurden. Dies wirft die Frage auf, inwiefern sich gemeinnützige Vereine, die zusätzlich noch mit Steuergeldern gefördert werden, parteipolitisch betätigen dürfen, ohne ihren Gemeinnützigkeitsstatus zu gefährden."
Im Laufe des Fragenkatalogs, der insgesamt 551 Fragen aufwirft, werden die Akteure namentlich genannt. Eine Frage lautet etwa: "Wie groß ist der Anteil der finanziellen Mittel der CORRECTIV gGmbH, der aus staatlichen Förderprogrammen stammt?" Oder auch: „Gibt es direkte Verbindungen zwischen dem Verein Omas gegen Rechts Deutschland e. V. und bestimmten Parteien oder politischen Akteuren?“ Eine weitere Frage lautet: "Gibt es direkte Verbindungen zwischen dem Attac Trägerverein e. V. und bestimmten Parteien oder politischen Akteuren?"
Linke, SPD und Grüne sehen "Frontalangriff" auf die Zivilgesellschaft
Für die Linken-Fraktion ist der Hintergrund des CDU-Fragenkatalogs klar und kommt einem "Frontalangriff" auf die Demokratie gleich: „Mit einer parlamentarischen Anfrage rächt sich die Union für die antifaschistischen Proteste der letzten Wochen und startet zugleich einen beispiellosen Angriff auf die demokratische Zivilgesellschaft“, erklärte etwa die Abgeordnete Clara Bünger. „Das erinnert an autoritäre Staaten und ist angesichts der Tatsache, dass die Union aller Wahrscheinlichkeit nach die nächste Bundesregierung anführen wird, äußerst besorgniserregend.“
„Diese Fragenkanonade gegen unliebsame Organisation ist übergriffig“, sagte wiederum Sven Giegold, Mitglied im Grünen-Bundesvorstand, gegenüber dem SPIEGEL. „Der Ministerialapparat wird missbraucht, um die Zivilgesellschaft zu überwachen.“ „Mich erinnert das an Methoden von Viktor Orbán und anderen autoritären Regierungen, die den Raum der Zivilgesellschaft einschränken“, so Giegold weiter.
Auch der derzeit vielversprechendste Koalitionspartner der Union, die SPD, äußerte sich kritisch zur Anfrage. Lars Klingbeil sieht dadurch Organisationen an den Pranger gestellt, die die Demokratie verteidigen. „Deswegen muss die Union jetzt für sich klären, wie ernsthaft sie in Gespräche mit der Sozialdemokratie gehen will“, so der SPD-Chef.