EU-Kommission stellt Plan für schnellere Abschiebungen vor
Die Europäische Kommission hat einen Plan vorgestellt, um abgelehnte Asylbewerber schneller abzuschieben. Er sieht unter anderem vor, den Druck auf Migranten zu erhöhen, die nicht an ihrer Rückführung mitwirken, wie aus einem Verordnungsvorschlag der Brüsseler Behörde hervorgeht. So drohen etwa Leistungskürzungen.
Zusätzlich soll die gegenseitige Anerkennung von Rückkehrentscheidungen zwischen den EU-Mitgliedstaaten erleichtert werden, um Verfahren zu beschleunigen. EU-Staaten sollen zudem die Möglichkeit erhalten, abgelehnte Asylbewerber in speziellen Abschiebezentren außerhalb der EU unterzubringen.
Effizienz der Rückführungsverfahren steigern
Der Vorschlag zielt darauf ab, die Effizienz der Rückführungsverfahren zu erhöhen und in der gesamten EU einheitliche Regeln zu schaffen. Nach Angaben der Kommission verlässt derzeit nur etwa jeder fünfte Migrant, gegen den eine Rückkehrentscheidung vorliegt, die EU. Die zentralen Elemente:
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Verpflichtung zur Kooperation: Abgelehnte Asylbewerber sollen verpflichtet werden, aktiv an ihrer Rückführung mitzuwirken. Dazu gehört unter anderem, ihre Identität offenzulegen und keine falschen Angaben zu machen. Wer sich weigert, muss mit Sanktionen rechnen – etwa Leistungskürzungen oder einem längeren Einreiseverbot.
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Verschärfte Maßnahmen bei Sicherheitsbedrohungen: Für Personen, die als Sicherheitsrisiko eingestuft werden, sollen strengere Regeln gelten. So sollen etwa die Gründe für eine Inhaftierung erweitert werden.
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Gegenseitige Anerkennung von Rückkehrentscheidungen: Die Mitgliedstaaten sollen im Regelfall Rückkehrentscheidungen innerhalb der EU gegenseitig anerkennen, um Verfahren zu beschleunigen.
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Rückkehrzentren: Abgelehnte Asylbewerber können in Einrichtungen außerhalb der EU untergebracht werden, um von dort aus abgeschoben zu werden. Dabei müssen Menschenrechtsstandards eingehalten und die Umsetzung überwacht werden. Minderjährige und Familien mit Kindern sind ausgenommen.
Gesetzesvorschlag braucht Zustimmung
Nach der Vorstellung des Gesetzesvorschlags durch die Brüsseler Behörde muss dieser vom Europäischen Parlament und dem Rat der Europäischen Union geprüft und angenommen werden. Die Reform gehört zu den zentralen Projekten der EU-Kommission unter Ursula von der Leyen.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser begrüßte den Vorschlag aus Brüssel. "Wir brauchen ein effektives Rückkehrsystem auf europäischer Ebene. Dabei muss ein Schwerpunkt auf umfassenden Pflichten von Ausreisepflichtigen und Sanktionen im Fall ihrer Verletzung liegen", sagte die SPD-Politikerin. Bürokratische Verfahren müssten vermieden werden.
Fragen und Antworten zu zentralen Punkten
Warum braucht die EU neue Regeln für Rückführungen?
Laut EU-Kommission kehrt derzeit nur etwa ein Fünftel der Menschen, die ausreisen müssen, tatsächlich in ihre Herkunftsländer zurück. Viele bleiben, weil ihre Heimatstaaten die Aufnahme verweigern oder die Verfahren zu lange dauern. Das gilt als großes Problem – besonders in Zeiten hoher Migrationszahlen. Die neuen Regeln sollen Abläufe effizienter machen und sicherstellen, dass mehr abgelehnte Asylbewerber tatsächlich zurückkehren.
Was sieht der Gesetzentwurf der Kommission vor?
Abgelehnte Asylbewerber sollen künftig verpflichtet werden, aktiv an ihrer Rückführung mitzuwirken. Wer die Zusammenarbeit verweigert, muss mit Konsequenzen rechnen – etwa mit Leistungskürzungen oder einem längeren Einreiseverbot.
Zudem sollen strengere Regeln für Personen gelten, die als Sicherheitsrisiko eingestuft werden. So sollen etwa die Gründe für eine Inhaftierung erweitert werden.
Ein zentraler Punkt ist auch die gegenseitige Anerkennung von Rückkehrentscheidungen. Abschiebebescheide, die in einem EU-Land erlassen wurden, sollen in allen Mitgliedstaaten automatisch gelten. Dadurch könnte eine Person, die zur Rückkehr verpflichtet wurde, nicht einfach in ein anderes EU-Land weiterreisen, um das Verfahren zu umgehen.
Soll es Rückführungszentren geben?
Ja, der Vorschlag sieht auch die Einrichtung von Rückführungszentren vor. Diese sollen außerhalb der EU liegen und Migranten aufnehmen, die abgeschoben wurden oder auf ihre Rückkehr ins Heimatland warten. Ziel ist es, Abschiebungen zu erleichtern und eine Rückkehr nach Europa zu verhindern. Dabei müssen Menschenrechtsstandards eingehalten und die Umsetzung kontrolliert werden. Minderjährige und Familien mit Kindern sind ausgenommen.
Der schwedische Migrationsminister Johan Forssell betonte kürzlich, dass die EU-Kommission hier eine führende Rolle übernehmen müsse. "Wir sind 27 verschiedene Mitgliedstaaten, die alle vor den gleichen Herausforderungen stehen, aber wir können nicht 27 verschiedene Rückführungszentren haben", sagte er der dpa.
Kommt dann auch so etwas wie das italienische "Albanien-Modell"?
Das sogenannte Albanien-Modell Italiens spielt in den Plänen der Kommission zunächst keine Rolle. Es sieht vor, dass Migranten, die noch auf ihre Asylentscheidung warten, in Drittstaaten – in diesem Fall Albanien – untergebracht werden.
Allerdings ist das Modell rechtlich höchst umstritten. Die italienische Regierung unter Giorgia Meloni scheiterte damit bereits vor mehreren Gerichten. Nun befasst sich auch der Europäische Gerichtshof (EuGH) mit der Rechtmäßigkeit der Pläne.
Warum ist überhaupt ein neues Gesetz notwendig?
Für EU-Kommissar Brunner sind die Rückführungspläne der "noch fehlende Teil nach dem Asyl- und Migrationspakt". Viele Mitgliedstaaten halten die im Frühjahr beschlossene EU-Asylreform für unzureichend und bezweifeln, dass sie die aktuellen Probleme löst. Zudem könnte sich die Umsetzung der Reform wegen der Übergangsfrist bis Juni 2026 verzögern.
Die umstrittene Reform verpflichtet die Mitgliedstaaten zu einheitlichen Verfahren an den Außengrenzen. So soll schneller entschieden werden, ob Asylanträge unbegründet sind und Geflüchtete direkt von dort abgeschoben werden können.
Wann kann das Gesetz in Kraft treten?
Das ist offen. Nach der Vorstellung des Entwurfs durch EU-Kommissar Brunner müssen das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union den Vorschlag prüfen und annehmen. Der genaue Zeitplan hängt von den Verhandlungen zwischen den EU-Institutionen ab.
Wie viele Abschiebungen gibt es in Deutschland?
Nach Angaben des Bundesinnenministeriums gab es in den ersten elf Monaten des Jahres 2024 insgesamt 18.384 Rückführungen. Die meisten Menschen wurden in die Türkei abgeschoben: 1.720 türkische Staatsbürger mussten Deutschland 2024 verlassen. Dahinter folgen Georgien mit 1.678 Abschiebungen sowie Syrien, Afghanistan, Nordmazedonien, Albanien, Serbien und der Irak.