Politik

Abstimmung: Bundesrat stimmt Grundgesetzänderung bei Schuldenbremse zu und ermöglicht Finanzpaket

Das milliardenschwere Finanzpaket für Verteidigung und Infrastruktur hat nun auch im Bundesrat die erforderliche Zweidrittelmehrheit erhalten. Viele Länderchefs sehen darin jedoch nur den Auftakt weiterer Schritte, es gab auch Kritik aus den Bundesländern.
21.03.2025 12:56
Aktualisiert: 21.03.2025 12:56
Lesezeit: 2 min
Abstimmung: Bundesrat stimmt Grundgesetzänderung bei Schuldenbremse zu und ermöglicht Finanzpaket
Mona Neubaur (Bündnis 90/Die Grünen), stellvertretende Ministerpräsidentin von Nordrhein-Westfalen, spricht bei der Plenarsitzung im Deutschen Bundesrat (Foto: dpa). Foto: Bernd von Jutrczenka

Abstimmung: Bundesrat stimmt Reform bei Schuldenbremse zu

Der Bundesrat hat den Weg für das umfassende Finanzpaket freigemacht, das durch neue Schulden milliardenschwere Investitionen in Verteidigung und Infrastruktur ermöglicht. Nachdem der Bundestag bereits zugestimmt hatte, kam nun auch in der Länderkammer die notwendige Zweidrittelmehrheit für die Grundgesetzänderung zustande. Mit 53 von 69 Stimmen fiel die Zustimmung deutlicher aus als erforderlich.

Benötigt waren lediglich 46 Ja-Stimmen. Auch Bremen und Mecklenburg-Vorpommern, in denen die Linke an der Regierung beteiligt ist, stimmten zu. Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt mit FDP-Regierungsbeteiligung enthielten sich, ebenso wie Brandenburg und Thüringen, wo das BSW mitregiert. Enthaltungen im Bundesrat gelten als Ablehnung. Union, SPD und Grüne hatten sich nach intensiven Verhandlungen auf das Gesetz geeinigt. Die Grünen waren für die Zweidrittelmehrheit in Bundestag und Bundesrat entscheidend. Nun muss Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier das Gesetz auf seine Verfassungskonformität prüfen und unterzeichnen.

Schuldenbremse im Grundgesetz wird gelockert

Durch die Grundgesetzänderung wird die Schuldenbremse, die die Neuverschuldung des Bundes beschränkt, für Investitionen in Verteidigung, Zivilschutz, Nachrichtendienste und Cybersicherheit gelockert. Zukünftig dürfen Kredite für diese Bereiche aufgenommen werden, wenn die Ausgaben ein Prozent des Bruttoinlandsprodukts übersteigen – in diesem Jahr etwa 44 Milliarden Euro.

Zudem wird ein Sondervermögen geschaffen, das nicht der Schuldenbremse unterliegt und durch Kredite von bis zu 500 Milliarden Euro finanziert wird. Dieses Geld soll zur Sanierung der maroden Infrastruktur genutzt werden. 100 Milliarden Euro sind für die Länder vorgesehen, während weitere 100 Milliarden gezielt in den Klimaschutz und den Umbau der Wirtschaft fließen.

Kretschmann: Europa muss sich behaupten

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann bekannte sich im Bundesrat zwar zur Schuldenbremse, verteidigte aber deren Lockerung mit den globalen Herausforderungen. "Es geht um nicht weniger als die Selbstbehauptung Europas – sicherheitspolitisch, wirtschaftlich und technologisch", sagte der Grünen-Politiker.

Ebenso stehe die Verteidigung von Frieden, Freiheit und Demokratie im Mittelpunkt. "Auf außergewöhnliche Herausforderungen kann man nicht mit herkömmlichen Mitteln reagieren", betonte er. Mit Blick auf das 500-Milliarden-Programm zur Infrastrukturmodernisierung lobte er die Grünen-Bundestagsfraktion dafür, "dass sie das Finanzpaket entscheidend verbessert hat".

Söder und Kretschmer fordern Reformen

"Historische Zeiten erfordern historische Maßnahmen", erklärte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder. Die Grundgesetzänderung schaffe die Voraussetzung für einen finanziellen Schutzschirm. Allerdings sei diese Änderung nur ein erster Schritt. "Sie muss mit Investitionen, Konsolidierung und Reformen einhergehen", so der CSU-Chef.

Auch Sachsens Regierungschef Michael Kretschmer mahnte Strukturreformen an. "Mit Geld allein kann man die bestehenden Probleme nicht lösen", betonte der CDU-Politiker angesichts der maroden Infrastruktur. "Deutschland braucht mehr Dynamik. Wir müssen Wachstumsbremsen lösen", forderte Kretschmer. Nur so könnten die enormen finanziellen Mittel verhindern, dass die Maßnahmen am Ende lediglich zu Preissteigerungen oder zusätzlicher Inflation führen.

Bovenschulte und Rehlinger drängen auf schnelle Umsetzung

Saarlands Ministerpräsidentin Anke Rehlinger appellierte an die Politik, rasch mit der Umsetzung der möglichen Investitionen in die Infrastruktur zu beginnen. "Das Geld allein löst keine existenziellen Fragen", sagte die SPD-Politikerin und amtierende Bundesratspräsidentin. "Jetzt brauchen wir eine pragmatische Macher-Mentalität statt einer destruktiven Grundhaltung. Handeln statt Verzögern ist das Gebot der Stunde."

Bremens Regierungschef Andreas Bovenschulte (SPD) betonte die Notwendigkeit, die erforderlichen Ausführungsgesetze zügig zu verabschieden und dabei stets die Umsetzbarkeit zu berücksichtigen. "Was bringt uns das beste Sondervermögen, wenn es in der Praxis nicht funktioniert?"

Rhein fordert Einsparungen auf allen Ebenen

Hessens Regierungschef Boris Rhein warnte davor, dass die neue finanzielle Flexibilität durch die Grundgesetzänderung nicht dazu führen dürfe, den Sparzwang zu vernachlässigen. "Im Gegenteil: Steigende Schulden bedeuten steigende Zinsen. Das verstärkt den Konsolidierungsdruck auf allen politischen Ebenen", sagte der CDU-Politiker. "Wir können es uns nicht mehr leisten, über unsere Verhältnisse zu leben."

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Globale Handelsadern unter Beschuss: Wem gehören die Häfen der Welt?
02.08.2025

Im globalen Machtpoker um maritime Infrastruktur blockiert China die milliardenschwere Übernahme von CK Hutchinson-Terminals durch...

DWN
Panorama
Panorama Sommerferien 2025: Wer früher startet, erlebt mehr Sonne – wer später reist, profitiert anders
02.08.2025

Sommerferien sind heiß ersehnt – doch wann ist der beste Zeitpunkt für den Urlaub? Früh oder spät starten, Sonne oder Schnäppchen,...

DWN
Finanzen
Finanzen Lebensversicherung verkaufen: Wie Sie die Lebensversicherung zu Geld machen können
02.08.2025

Bei einem Verkauf der Lebensversicherung erhält man in aller Regel mehr Geld als bei einer Kündigung des Vertrags. Während der...

DWN
Technologie
Technologie LinkedIn ist das professionelle soziale Netzwerk: Doch etwas ist im Wandel
02.08.2025

LinkedIn galt lange als letzte seriöse Bastion im Netz – ein Ort für Karrieren, Netzwerkpflege und Fachlichkeit. Doch jetzt häufen...

DWN
Finanzen
Finanzen Warum nur 1 von 25 Aktien echten Wohlstand schafft
02.08.2025

Nur vier Prozent der Aktien schaffen es, den Markt nachhaltig zu schlagen – der Rest vernichtet langfristig Vermögen. Was Anleger jetzt...

DWN
Finanzen
Finanzen Immobilien-Crowdfunding-Falle: Anleger warnt vor Reinvest24
02.08.2025

Ein Investor schlägt Alarm: Zinsen bleiben aus, Geld verschwindet, Auskünfte gibt es keine. Der Fall der Plattform Reinvest24 zeigt, wie...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Fahrermangel in Europa: Fast die Hälfte der europäischen Lkw-Fahrer steht kurz vor der Pensionierung
02.08.2025

Europa droht eine stille Krise, die alle trifft: Hunderttausende Lkw-Fahrer gehen bald in Rente – doch kaum jemand will nachrücken....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Chef des Superfonds Eifo zur chinesischen Windkraft-Offensive: „Ich bin besorgt“
02.08.2025

Chinas Windkraftkonzerne drängen mit Macht auf globale Märkte – und bedrohen nun auch Europas Energiewende. In Lateinamerika, Afrika...