Wirtschaft

Ökonomen der größten US-Banken sehen hohes Rezessionsrisiko in den USA

Die von US-Präsident Donald Trump verhängten neuen Zölle haben weltweit zu dramatischen Einbrüchen an den Aktienmärkten geführt. Allein am vergangenen Freitag fiel der S&P 500-Index um 6 Prozent. Laut Goldman Sachs ist mit weiter sinkenden Kursen zu rechnen, da die wirtschaftlichen Folgen der Zölle noch nicht absehbar sind.
07.04.2025 22:33
Aktualisiert: 08.04.2025 15:57
Lesezeit: 3 min

Rezessionsgefahr steigt

Die Auswirkungen der Handelszölle von Donald Trump auf die US-Wirtschaft sind gravierend. Goldman Sachs schätzt inzwischen eine Wahrscheinlichkeit von 35 Prozent für eine Rezession in den USA, während JP Morgan Chase die Wahrscheinlichkeit sogar bei 60 Prozent sieht. Michael Feroli, Chefvolkswirt bei JP Morgan, korrigierte seine Prognose für das Wachstum im vierten Quartal dieses Jahres von +1,3 Prozent auf -0,3 Prozent. Darüber hinaus erwartet er eine Kerninflation von 4,4 Prozent bis Ende des Jahres, gegenüber aktuell 2,8 Prozent. Auch die Arbeitslosenquote dürfte steigen und auf 5,3 Prozent ansteigen.

Verluste an den Aktienmärkten

Die Börsen reagieren auf diese düsteren Aussichten. Auch in den USA wurden enorme Verluste verzeichnet: Laut Wall Street Journal summierten sich die Verluste auf 6,6 Billionen Dollar, was fast dem Marktwert von Apple, Amazon und Microsoft entspricht.

Einige Analysten erwarten, dass der Markt in den kommenden Wochen weiter volatil bleiben wird. Goldman Sachs’ John Flood schrieb an die Bankkunden, dass der Tiefpunkt noch nicht erreicht sei, während Marc Saliba von CLSA ähnliche Einschätzungen äußerte. "Ein kleiner Anstieg könnte möglich sein, aber ich bezweifle, dass wir den Tiefpunkt schon gesehen haben", sagte Saliba.

Obwohl es Versuche von Trump gab, durch Verhandlungen mit anderen Ländern eine Senkung der Zölle zu erreichen, ist es fraglich, ob diese Bemühungen die wirtschaftlichen Auswirkungen mildern können. Flood von Goldman Sachs befürchtet, dass die Einführung neuer Zölle das Wirtschaftswachstum weiter bremsen und zu einer höheren Inflation führen wird. „Es wird schwierig, die Zahnpasta nach dem 2. April wieder in die Tube zu bekommen“, so Flood.

US-Notenbank erwartet steigende Inflation - Rückgang der Rohstoffpreise

Jerome Powell, der Vorsitzende der US-Notenbank, warnte, dass die Zollerhöhungen zu einer deutlich höheren Inflation führen könnten. Die Notenbank sei jedoch nicht bereit, die Zinsen zu senken, da dies die Inflation weiter anheizen könnte. Für die US-Wirtschaft insgesamt könnten die Zölle zu einem langsamerem Wachstum und einer höheren Inflation führen, was die globale Wirtschaft ebenfalls belasten dürfte.

Ein weiteres Indiz für eine sinkende wirtschaftliche Aktivität sind die sinkenden Rohstoffpreise. Der Preis für ein Barrel US-Rohöl fiel am Freitag um 7,5 Prozent auf den niedrigsten Stand seit mehr als vier Jahren. Auch der US-Dollar verlor gegenüber fast allen wichtigen Währungen an Wert, was zu einer Verteuerung der US-Exporte und einer Belastung europäischer Unternehmen führen dürfte, die in Dollar abrechnen.

Spekulationen über zukünftige Zinssenkungen in Europa

Angesichts der aktuellen wirtschaftlichen Lage wächst die Erwartung, dass die Europäische Zentralbank (EZB) ihre Zinssätze weiter senken könnte, um eine übermäßige Aufwertung des Euro zu verhindern. In Dänemark ist bereits eine spürbare Zinssenkung zu beobachten, was auf die Unsicherheit und die Belastung der europäischen Wirtschaft durch die US-Zölle hinweist.

Politische Auswirkungen auf den Finanzmarkt

Der Börsencrash der vergangenen Woche hat nicht nur den Aktienmarkt getroffen, sondern auch politische Dimensionen. Historisch gesehen waren große Kursrückgänge in den USA nie auf politische Entscheidungen zurückzuführen – bis jetzt. Donald Trumps Entscheidung, die Zölle zu erhöhen, hat den Finanzmarkt destabilisiert, was als nie dagewesen gilt.

Obwohl die wirtschaftlichen Folgen weitreichend sind, gehen Finanzexperten davon aus, dass die großen US-Finanzhäuser nicht mit einem langfristigen Rückgang der Aktienmärkte rechnen. Vielmehr sind die Anleger auf eine schnelle Erholung durch politische oder wirtschaftliche Eingriffe angewiesen.

Trumps Haltung gegenüber den Märkten

Trump selbst zeigte sich zuversichtlich und betonte, dass die wirtschaftlichen Maßnahmen des Weißen Hauses langfristig zu einem erheblichen Wachstum führen würden. „Die Aktienmärkte werden steigen, und die USA werden wachsen“, sagte er kürzlich. Doch eine aktuelle Umfrage unter 54 führenden Ökonomen ergab, dass 41 von ihnen glauben, dass Trumps Handelspolitik die Entscheidungsfindung amerikanischer Unternehmen erschwert. 50 Ökonomen gaben an, ihre Wachstumsprognosen für die US-Wirtschaft aufgrund der Zölle gesenkt zu haben.

Angesichts der unklaren Perspektiven und der aktuellen Marktvolatilität bleibt abzuwarten, wie sich die US-Wirtschaft und die globalen Finanzmärkte in den kommenden Monaten entwickeln werden.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt

Jede Anlage am Kapitalmarkt ist mit Chancen und Risiken behaftet. Der Wert der genannten Aktien, ETFs oder Investmentfonds unterliegt auf dem Markt Schwankungen. Der Kurs der Anlagen kann steigen oder fallen. Im äußersten Fall kann es zu einem vollständigen Verlust des angelegten Betrages kommen. Mehr Informationen finden Sie in den jeweiligen Unterlagen und insbesondere in den Prospekten der Kapitalverwaltungsgesellschaften.

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen Finanzielles Notfallpaket: So sichern Sie Ihr Vermögen in Krisenzeiten
15.11.2025

In Zeiten wachsender Unsicherheiten rückt neben Notvorräten und Fluchtplänen auch die finanzielle Absicherung in den Fokus. Marek...

DWN
Politik
Politik Für einen Kampfjet braucht es 400 Kilogramm seltene Erden: Europa im Wettbewerb mit China und den USA
15.11.2025

Seltene Erden sind zu einem entscheidenden Faktor in globalen Machtspielen geworden und beeinflussen Industrie, Verteidigung und Hightech....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Klassengesellschaft 2.0 – Warum Demokratie ohne soziale Gleichheit zerbricht
15.11.2025

In Deutschland redet kaum jemand über Klassen – als wäre soziale Herkunft heute keine Machtfrage mehr. Doch die Soziologin Prof. Nicole...

DWN
Finanzen
Finanzen Finanzblasen 2025: Wo der nächste große Crash drohen könnte
15.11.2025

An den Finanzmärkten steigt die Nervosität. Künstliche Intelligenz treibt Bewertungen auf Rekordhöhen, Staaten verschulden sich wie nie...

DWN
Immobilien
Immobilien Immobilienpreise: Boom zu Neuverträgen – eine Prognose
15.11.2025

Laut ifo sind Neuverträge in Großstädten um 48 Prozent teurer als Bestandsverträge. Das, so Experten, ist nicht nur ein Problem für...

DWN
Finanzen
Finanzen So profitiert Trumps Familie im Kryptosektor: CZ-Deals bringen Milliarden
14.11.2025

Der Fall um Čangpeng Žao und die Trump Familie wirft ein Schlaglicht auf die Verknüpfung von Kryptowährungen, Finanzströmen und...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Brauanlagen-Hersteller Kaspar Schulz: „Made in Germany ist Teil unserer Markenidentität“
14.11.2025

Kaspar Schulz ist der älteste Braumaschinen-Hersteller der Welt. Seit 1677 produziert der Traditionsbetrieb in Bamberg. Johannes...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Google investiert: 6,41 Milliarden Dollar für Deutschlands Cloud-Infrastruktur
14.11.2025

Google plant eine milliardenschwere Expansion seiner Cloud-Infrastruktur in Deutschland, um seine Rechenzentren auszubauen und die Präsenz...