Wirtschaft

Boom verpasst? Die Öl- und Gasindustrie in Trumps zweiter Amtszeit

Die Öl- und Gasindustrie erwartete, dass Donald Trump eine „Goldene Gans“ für die Branche sein würde – doch stattdessen sehen sich die Unternehmen einem erhöhten Preisdruck und steigenden Zöllen gegenüber.
10.04.2025 05:53
Lesezeit: 2 min
Boom verpasst? Die Öl- und Gasindustrie in Trumps zweiter Amtszeit
Die Öl- und Gasindustrie spürt den Druck. Werden jetzt Bohrinseln geschlossen? (Foto: dpa) Foto: Lars Penning

Die Öl- und Gasindustrie jubelte...anfangs

Zu Beginn seiner Präsidentschaft hatte Trump den Wahlkampfslogan „Drill, Baby, Drill“ geprägt, der in der Öl- und Gasindustrie breite Zustimmung fand. Die Unternehmen erwarteten, dass Trump in seiner zweiten Amtszeit die fossilen Brennstoffe weiter in den Mittelpunkt stellen würde. Das Versprechen, Förderkosten zu senken und Investoren anzulocken, weckte Hoffnungen auf ein neues „goldenes Zeitalter“ für die Branche. Doch stattdessen sorgt die aktuelle geopolitische Lage, einschließlich des Handelskriegs mit China und der jüngsten Zölle auf Stahl und Aluminium, für Unsicherheit.

Zölle und Preisrückgang belasten die Branche

In den letzten Tagen sind die US-Ölpreise drastisch gefallen – in nur zwei Handelssitzungen sanken sie um fast 14 % auf 61,99 USD pro Barrel, den niedrigsten Stand seit April 2021. Für die Ölproduzenten, die auf steigende Preise und stabilere Märkte gehofft hatten, stellt dieser Preisrückgang eine ernsthafte Bedrohung dar. Laut Berichten des Wall Street Journal gefährden die sinkenden Preise die Investitionspläne der Unternehmen.

Depressive Stimmung unter den Ölproduzenten

Wes Perry, Vorsitzender des Ölproduzenten PBEX, sagte, dass sein Unternehmen in einer Besprechung das Bohrbudget überprüft habe und in Erwägung ziehe, geplante Bohrinseln zu streichen. „Noch spricht niemand davon, die Produktion einzustellen, aber die Möglichkeit besteht“, räumte er ein. Die Unsicherheit, die durch die Zölle und den Ölpreisverfall entsteht, macht die Planungen schwieriger.

Trumps Zielkonflikt: mehr Produktion vs. geringere Preise

Während seines Wahlkampfs hatte Trump die Öl- und Gasindustrie dazu aufgerufen, mehr Öl zu fördern, um die Energiepreise zu senken. Doch jetzt stehen die Produzenten vor einer Zwickmühle: Einerseits die Entscheidung der OPEC+, die Produktion zu erhöhen, andererseits die Zölle, die die Kosten erhöhen und die Nachfrage nach Rohöl bremsen könnten. Trumps Zölle auf Stahl und Aluminium erhöhen bereits erheblich die Kosten für neue Bohrlöcher und Komponenten.

Arbeitsmarkt unter Druck

Neben den wirtschaftlichen Belastungen bringt der Preisrückgang auch den Arbeitsmarkt in der Ölindustrie unter Druck. Die Zahl der Arbeitsplätze in der Branche ist bereits durch Fusionen und Kostensenkungsmaßnahmen gesenkt worden, und nun fällt es den Arbeitnehmern schwer, neue Stellen zu finden. Große Unternehmen wie Chevron und Exxon Mobil haben bereits Stellenstreichungen angekündigt, um ihre Kosten zu senken.

Niedrige Preise – ein Vorteil für die Verbraucher, aber gefährlich für die Industrie

Obwohl sinkende Ölpreise den Verbrauchern zugutekommen, könnte die Branche gezwungen sein, Investitionen zu kürzen und Arbeitsplätze abzubauen, wenn die Preise niedrig bleiben. „Wir gehen von ‚Bohren, Baby, bohren‘ zu ‚Warten, Baby, warten‘ über“, sagt Kirk Edwards, Chef eines kleinen Ölunternehmens in Westtexas. Hohe Stahlkosten durch die Zölle machen neue Bohrungen zunehmend unrentabel, was das Geschäft weiter belastet.

OPEC+ Entscheidung erscheint unzeitgemäß

Der starke Rückgang der Ölpreise hat auch die Entscheidung der OPEC+, die Produktion zu steigern, ins Zwielicht gerückt. Branchenexperten wie Bhushan Bahree von S&P Global und Robert McNally, ehemaliger Energieberater von Präsident George W. Bush, betonen, dass die Erhöhung der Produktion unter den aktuellen Marktbedingungen kontraproduktiv wirken könnte.

Ziele der US-Energiepolitik stehen in Konflikt

Die US-Regierung hatte das Ziel, die Öl- und Gasproduktion bis 2028 um drei Millionen Barrel pro Tag zu steigern, doch dieser Plan basiert auf höheren Ölpreisen. Ein dauerhaft niedriger Preis von etwa 50 Dollar pro Barrel könnte dieses Ziel vereiteln und die US-Ölproduktion verringern. Analysten von Wood Mackenzie warnen, dass bei einem solch niedrigen Preis eine Reduzierung der Produktion wahrscheinlich wäre.

Fazit: Trumps Energiepolitik steht auf der Kippe

Die aktuelle Marktlage und die geopolitischen Spannungen werfen einen Schatten auf Trumps Energiepolitik. Die widersprüchlichen Ziele – einerseits eine Steigerung der Produktion, andererseits die Förderung niedrigerer Preise – könnten sich negativ auf die US-Ölindustrie auswirken. Die Unternehmen müssen sich nun auf eine unsichere Zukunft einstellen, in der die versprochenen „goldenen Zeiten“ weit entfernt scheinen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Politik
Politik Trump dreht den Geldhahn zu: Kiew kämpft ohne Washington
02.07.2025

Donald Trump kappt Waffenhilfe für die Ukraine, Europa zögert, Moskau rückt vor. Doch Kiew sucht nach eigenen Wegen – und die Rechnung...

DWN
Panorama
Panorama Köln schafft den Begriff "Spielplatz" ab
02.07.2025

Köln verabschiedet sich vom traditionellen Begriff "Spielplatz" und ersetzt ihn durch "Spiel- und Aktionsfläche". Mit neuen Schildern und...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Tusk zieht die Grenze dicht – Spediteure schlagen Alarm
02.07.2025

Grenzkontrollen sollen Sicherheit bringen – doch für Spediteure und Industrie drohen Staus, teurere Transporte und Milliardenverluste....

DWN
Panorama
Panorama EU-Klimapolitik: Soviel Spielraum lässt das 90-Prozent-Ziel
02.07.2025

Die EU-Kommission hat sich ein ehrgeiziges Ziel gesetzt: Bis 2040 sollen die Emissionen massiv sinken, ein großer Schritt Richtung...

DWN
Technologie
Technologie DeepSeek zerstört Milliardenwerte: China-KI soll aus Europa verschwinden
02.07.2025

Ein chinesisches Start-up bringt Nvidia ins Wanken, Milliarden verschwinden in Stunden. Doch für Europa ist das erst der Anfang: Die...

DWN
Politik
Politik Gasförderung Borkum: Kabinett billigt Abkommen mit den Niederlanden
02.07.2025

Die Bundesregierung will mehr Gas vor Borkum fördern und stößt damit auf heftigen Widerstand von Umweltschützern. Das Vorhaben soll...

DWN
Immobilien
Immobilien Klimaanlage einbauen: Was Sie vor dem Kauf wissen müssen
02.07.2025

Die Sommer werden heißer – und die Nachfrage nach Klimaanlagen steigt. Doch der Einbau ist komplizierter, als viele denken. Wer nicht in...

DWN
Technologie
Technologie Balkonkraftwerke: 220.000 neue Anlagen binnen sechs Monaten
02.07.2025

Mehr als 220.000 neue Balkonkraftwerke sind in Deutschland binnen sechs Monaten ans Netz gegangen. Während Niedersachsen glänzt, fallen...