Panorama

Nahrungsergänzungsmittel: EuGH schränkt Werbung für Pflanzenextrakte ein

Viele Anbieter von Nahrungsergänzungsmitteln werben mit gesundheitsbezogenen Effekten – oft im rechtlichen Graubereich. Jetzt hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) bestimmten Aussagen einen klaren Riegel vorgeschoben.
03.05.2025 13:53
Lesezeit: 2 min
Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Rechtslage zu pflanzlichen Stoffen unklar

Ob Melonensaftextrakt gegen Müdigkeit, Ginkgo für das Gedächtnis oder Johanniskraut bei schlechter Stimmung: Im boomenden Markt der Nahrungsergänzungsmittel gelten künftig strengere Vorgaben, welche Werbebotschaften zulässig sind. Laut Urteil des Europäischen Gerichtshofs sind gesundheitsbezogene Aussagen zu pflanzlichen Inhaltsstoffen – sogenannten Botanicals – bis auf Weiteres untersagt, sofern sie nicht offiziell geprüft wurden. Das Urteil betrifft Hersteller wie Konsumenten.

Zwar gibt es eine EU-weite Liste, die gesundheitsbezogene Angaben erlaubt. Bei Vitaminen und Mineralstoffen ist der Ablauf eindeutig: Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa) überprüft Aussagen und legt Richtwerte fest. So wird beispielsweise definiert, wann die Aussage erlaubt ist, dass Biotin eine normale Funktion des Nervensystems unterstützt. Hersteller und Kunden können sich daran orientieren.

Für Botanicals jedoch hat die Efsa viele Anträge mit gesundheitsbezogenen Aussagen zurückgewiesen – unter anderem wegen mangelnder wissenschaftlicher Nachweise. Schon 2010 stoppte die EU-Kommission die Bewertung entsprechender Angaben. Daraus sei ein juristisch unscharfer Bereich entstanden, so Verbraucherschützer, in dem mit teils irreführenden Werbeversprechen gearbeitet werde.

Melonen- und Safranextrakte in der Kritik

Konkret betraf der Fall die Hamburger Firma Novel Nutriology, die ein Präparat bewarb, das angeblich stimmungsaufhellenden Safranextrakt und Melonensaftextrakt gegen Erschöpfung und Stress enthalte. Der Verband Sozialer Wettbewerb sah darin eine nicht zulässige gesundheitsbezogene Aussage – und reichte Klage ein. "Selbst wenn einige Inhaltsstoffe grundsätzlich wirksam sind, sind die Dosen im Nahrungsergänzungsmittel oft viel zu gering", erklärt Heike Silber von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Ihrer Ansicht nach wecken Produkte mit anerkannten Heilpflanzen Erwartungen, die nicht erfüllt werden können.

Laut Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) in Berlin benötigen gesunde Menschen mit ausgewogener Ernährung im Normalfall keine Nahrungsergänzungsmittel. Doch eine BfR-Erhebung vom letzten Herbst zeigt: 77 Prozent der rund 1.000 Befragten nahmen innerhalb eines Jahres entsprechende Produkte ein – 63 Prozent davon sogar wöchentlich.

Unternehmen kritisiert Innovationshemmnis

Das Urteil dürfte weitreichende Folgen für die Branche der Nahrungsergänzungsmittel haben. "Wir respektieren das Urteil, halten es aber für hochproblematisch – nicht nur für uns, sondern für die gesamte Branche", erklärte Novel Nutriology. Für Hersteller von Rohstoffen sei Forschung unter solchen Bedingungen wirtschaftlich kaum noch tragfähig. Das Urteil bedeute einen massiven Rückschritt für Innovationen.

Das generelle Werbeverbot gilt laut EuGH, bis die EU-Kommission die Angaben offiziell bewertet und in die genehmigte Liste aufgenommen hat. Ausnahmen seien lediglich dann erlaubt, wenn es spezielle Regelungen gebe – was im konkreten Fall, den der Bundesgerichtshof dem EuGH zur Prüfung vorlegte, nicht zutraf.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Technologie
Technologie Globale Bank-ID: Yubico-Gründerin will Passwörter abschaffen – Milliardenpotenzial für deutsche Firmen
09.08.2025

Die Gründerin von Yubico will mit ihrer Stiftung Siros ein globales, offenes System für digitale Identitäten schaffen – sicher wie ein...

DWN
Technologie
Technologie ChatGPT-5: So verwenden Sie das neue ChatGPT-Modell
08.08.2025

Open AI erlaubt erstmals tiefe Einblicke in die Denkweise von ChatGPT. Wer die neue Erweiterung nutzt, kontrolliert nicht nur Daten –...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kreditprogramme für den Mittelstand: Neue KfW-Digitalförderung für KMU, Kritik an „Made for Germany“
08.08.2025

Zwei neue KfW-Kreditprogramme unterstützen KMU seit Juli gezielt bei Digitalisierung und Innovation. Unterdessen sorgt die fehlende...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt "Aufstehen, hingehen, machen": Thomas Hintsche verkauft seit 30 Jahren gegrillte Würstchen auf dem Markt
08.08.2025

Seit 30 Jahren verkauft Thomas Hintsche Bratwurst, Steak, Buletten und mehr auf dem Markt. Seine Grillskills hat er perfektioniert, kennt...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis bleibt stabil: USA verhängen Zölle auf Goldimporte – Schweiz im Fokus
08.08.2025

US-Zölle auf Goldimporte versetzen den Markt in Aufruhr. Besonders die Schweiz könnte hart getroffen werden. Während der Goldpreis in...

DWN
Finanzen
Finanzen Munich Re-Aktie fällt: Rückversicherer spürt Preisdruck trotz Rekordgewinn
08.08.2025

Die Munich Re-Aktie erlebt nach einem Rekordgewinn überraschend Gegenwind. Trotz starker Halbjahreszahlen dämpfen sinkende Preise und...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Verhandeln lernen: Mit Strategie zum Erfolg – jeder kann es mit den richtigen Methoden
08.08.2025

Erfolgreich verhandeln kann jeder – mit den richtigen Methoden. Erfahren Sie, wie Sie mit Strategie, Künstlicher Intelligenz und...

DWN
Finanzen
Finanzen Bechtle-Aktie hebt ab: Starker Quartalsverlauf beflügelt Anleger
08.08.2025

Die Bechtle-Aktie überrascht Anleger im Börsenhandel am Freitag mit einem kräftigen Kurssprung. Nach Monaten der Flaute deutet vieles...