Panorama

Die Macht der WHO: Internationaler Pandemievertrag kommt

Fünf Jahre nach Beginn der Corona-Pandemie haben sich die WHO-Mitgliedstaaten auf ein Pandemieabkommen geeinigt. „Ich habe keinen Zweifel daran, dass die Welt nach der Ratifizierung viel besser auf eine weitere Pandemie vorbereitet sein wird“, sagte Gian-Luca Burci, Professor am Genfer Universität Graduate Institute, der DPA. Der Pandemievertrag soll im Mai beim Jahrestreffen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in der Schweiz verabschiedet werden.
17.04.2025 17:01
Lesezeit: 2 min
Die Macht der WHO: Internationaler Pandemievertrag kommt
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) in Genf: Fünf Jahre nach Beginn der Corona-Pandemie haben sich zahlreiche Länder auf einen Pandemie-Vertrag geeinigt. (Foto: dpa) Foto: Lian Yi

Der Beschluss zur Ausarbeitung eines Pandemieabkommens war im Dezember 2021 von den WHO-Mitgliedstaaten gefasst worden, um die Lehren aus der Coronakrise zu ziehen. Im jahrelangen Ringen um einen weltweiten Pandemievertrag sollen die letzten Hürden aus dem Weg geräumt wurden sein.

Für die WHO ist klar: Die nächste Pandemie ist nur eine Frage der Zeit. Sollte sich eine neue Pandemie entwickeln, soll die umgehende Entwicklung von Medikamenten und Impfstoffen und die gerechte Verteilung weltweit gesichert werden.

WHO: Internationaler Pandemie-Vertrag ist unterschriftsreif

Jetzt haben sich zahlreiche WHO-Mitgliedstaaten auf einen gemeinsamen Pandemie-Vertrag geeinigt: Nach jahrelangen und nächtelangen Diskussionen in Genf stimmten die Unterhändler einem Vertragstext zu. Er soll im Mai beim Jahrestreffen der 194 Mitglieder der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in der Schweiz verabschiedet werden.

WHO: Austritt der USA

Die USA haben sich seit dem Regierungswechsel in Washington nicht mehr an den Verhandlungen beteiligt. Der neue Präsident Donald Trump ordnete den Austritt aus der WHO an, der im Januar 2026 wirksam wird. Die USA deckten bislang rund 18 Prozent des WHO-Budgets.

Der nun ausgehandelte Vertrag gilt für Länder, deren Parlamente ihn ratifiziert haben: Die WHO kann auch nach Inkrafttreten keine Lockdowns, Reisebeschränkungen oder Impfungen anordnen. Nötig sind 60 Ratifizierungen, was nach Expertenmeinung einige Jahre dauern könnte. „Ich habe keinen Zweifel daran, dass die Welt nach der Ratifizierung viel besser auf eine weitere Pandemie vorbereitet sein wird und diese besser und gerechter überstehen wird“, sagte Gian-Luca Burci, Professor im Zentrum für globale Gesundheit der Genfer Universität Graduate Institute, der DPA.

Was der Vertrag neu regelt:

  • Prävention

Länder verpflichten sich, ihre Gesundheitssysteme und die Überwachung des Tierreichs so zu stärken, dass Krankheitsausbrüche schnell entdeckt und möglichst im Keim erstickt werden. Den Europäern war es ein Anliegen, dass auch Antibiotika-Resistenzen bekämpft werden.

  • Lieferketten

Was im Falle einer Pandemie gebraucht und geliefert wird, soll für alle Länder gleichermaßen zugänglich sein. Gesundheitspersonal soll zuerst versorgt werden. In der Corona-Pandemie hatten Länder Masken oder Impfstoffe gehortet und teils die Ausfuhr verhindert. Während in reichen Staaten schon die dritte Impfung verabreicht wurde, warteten Menschen in armen Ländern noch auf die erste Spritze.

  • Forschung und Entwicklung

Wichtige Informationen wie die DNA-Sequenz über Pathogene sollen frei ausgetauscht werden, damit Medikamente und Impfstoffe entwickelt werden können. Im Gegenzug sollen Pharmaunternehmen der WHO zehn Prozent ihrer Produktion als Spende zur Verteilung in ärmeren Ländern abtreten (Pabs-System). Weitere Produktionsanteile sollen zumindest günstig zur Verfügung gestellt werden. Die Modalitäten müssen noch ausgehandelt werden und sollen in einem Anhang zum Vertrag stehen.

  • Technologietransfer

Firmen sollen ihr Know-how zur Herstellung von Medikamenten und Impfstoffen teilen, auch um Produktionen in anderen Ländern zu ermöglichen. Den europäischen Unterhändlern war es wichtig, dass die Beteiligung der Firmen freiwillig bleibt.

Starkes Signal für globale Solidarität?

Der Text hat viele schwammige Formulierungen. Verpflichtungen gelten etwa „je nach nationalen Gesetzen“, bei Auflagen gibt es Einschränkungen wie „in gegenseitigem Einvernehmen“. „Der Vertrag ist ein Anfang und kein Ende“, sagt Burci dazu.

Mit einem solchen Abkommen entwickele sich eine Dynamik, wie etwa beim 2005 in Kraft getreten WHO-Vertrag zur Tabakkontrolle. Zudem gebe es Druck, weil Länder bei Vertragsstaatenkonferenzen alle paar Jahre aufzeigen müssen, wie sie vorankommen.

Die medizinische Leiterin der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen, Maria Guevara, lobte das Vertragswerk trotz Kompromissen und teils schwammiger Sprache. Sie betrachtet es als „starkes Signal der globalen Solidarität“.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Strompreise: Deutschland hat die fünfthöchsten der Welt
26.06.2025

Strom in Deutschland ist immer noch sehr teuer. Mit durchschnittlich 38 Cent pro Kilowattstunde rangieren die deutschen Strompreise...

DWN
Finanzen
Finanzen Depotübertrag: Wie Sie Ihr Wertpapierdepot wechseln - und dabei bares Geld sparen
25.06.2025

Ein Depotübertrag kann für Sie als Anleger zahlreiche Vorteile bieten, von geringeren Gebühren bis hin zu attraktiven Prämien für...

DWN
Immobilien
Immobilien Zwangsversteigerung von Immobilien: Wie Sie mit Zwangsversteigerungen Schnäppchen machen können
25.06.2025

Es gibt verschiedene Gründe für die Zwangsversteigerung von Immobilien vor den örtlichen Amtsgerichten. In Krisenzeiten kommt es...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Ukraine: Wie der Krieg die Spielregeln der Kommunikation neu schreibt
25.06.2025

Der Ukraine-Krieg macht PR zur Überlebensfrage: Firmen müssen Haltung zeigen, Helden inszenieren und russische Propaganda abwehren –...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Industriestrompreis kommt: EU-Kommission für Subventionen bei Investitionen in grüne Technologien
25.06.2025

Brüssel öffnet das Tor für einen Industriestrompreis – aber nicht ohne Gegenleistung. Unternehmen dürfen auf staatliche Hilfe hoffen,...

DWN
Politik
Politik Energiepreise: Doch keine Senkung der Stromsteuer - Handwerksverband übt scharfe Kritik
25.06.2025

Die Bundesregierung hatte im Koalitionsvertrag angekündigt, die Stromsteuer für alle auf das europäische Mindestmaß zu senken. In dem...

DWN
Politik
Politik Iran-Schlag ein Desaster? Trump feiert, Geheimdienste widersprechen
25.06.2025

Trump feiert die Zerstörung der iranischen Atomanlagen – doch Geheimdienste zweifeln am Erfolg. Interne Leaks bringen das Weiße Haus in...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Deutsche Bahn: Generalsanierung soll vier Jahre länger dauern
25.06.2025

Die geplante Sanierung Dutzender wichtiger Bahnstrecken soll nach den Vorstellungen der Deutschen Bahn bis 2035 und damit vier Jahre...