Panorama

Der stille Anti-Trump? Internationale Reaktionen auf Papst Leo XIV.

Mit der Wahl von Robert Francis Prevost zum neuen Oberhaupt der katholischen Kirche übernimmt erstmals ein Amerikaner das Papstamt. Welche Erwartungen sind mit Papst Leo XIV. verbunden?
09.05.2025 10:16
Lesezeit: 3 min
Der stille Anti-Trump? Internationale Reaktionen auf Papst Leo XIV.
Der neu gewählte Papst Leo XIV., der US-Amerikaner Robert Prevost, erscheint nach dem Konklave auf dem Balkon des Petersdoms im Vatikan (Foto: dpa). Foto: Markus Schreiber

Papst Leo XIV - das sind die Reaktionen der weltweiten Medien

Ein US-Amerikaner mit langjähriger Missionserfahrung in Peru ist zum Papst gewählt worden. Robert Francis Prevost wurde zum Papst gewählt, obwohl es andere Favoriten gab. Setzt er nun den Weg von Papst Franziskus II. weiter? Ist Leo XIV vielleicht sogar ein Reformer? Wie kommentiert die internationale Presse die Ernennung von Robert Francis Prevost?

Italien

"La Stampa": "Leo XIV. ist der erste amerikanische Papst. Er stammt aus einem Amerika, dessen Existenz wir vergessen hatten – ein Amerika, das sich um den Weltfrieden sorgt. Seine ersten Worte vom Balkon des Petersdoms betonten die Notwendigkeit des Friedens. Eine größere Kontinuität zu Papst Bergoglio, den er mehrfach erwähnte, hätte es nicht geben können. Es bleibt abzuwarten, ob die Machthaber in Konfliktregionen wie der Ukraine, Gaza, dem Sudan und Kaschmir ihm mehr Beachtung schenken als seinem Vorgänger. Doch die Tatsache, dass ein Amerikaner vom Vatikan aus über Frieden spricht und sich der Welt öffnet, ohne auf nationale Interessen zu fokussieren, stellt einen bedeutenden Unterschied zum derzeitigen US-Präsidenten dar."

USA

"CNN": "Es scheint ein bemerkenswerter Zufall zu sein, dass der erste amerikanische Papst genau zu dem Zeitpunkt gewählt wird, in dem die USA unter Präsident Donald Trump viele ihrer außen- und innenpolitischen Werte aufgeben, die sie lange verfolgt haben. Zwei Amerikaner üben nun auf der Weltbühne enorme Macht aus – der eine politisch, der andere spirituell. Die impliziten Vergleiche und potenziellen Meinungsverschiedenheiten zwischen Trump und Papst Leo werden nicht zu übersehen sein."

"Washington Post": "Leos eigene Verbindungen zum 'Rest der Welt' werden durch seine doppelte Staatsbürgerschaft unterstrichen – in den USA geboren, nahm er auch die peruanische Staatsbürgerschaft an. Ob er es anstrebt oder nicht, dieser Papst wird unweigerlich eine übergroße Rolle in den amerikanischen politischen Debatten und den konfessionsübergreifenden Überlegungen darüber spielen, was es bedeutet, Christ zu sein. Doch Papst Leo ist keine Kopie von Papst Franziskus. Die bemerkenswerte Geschwindigkeit seiner Ernennung deutete darauf hin, dass unter den gemäßigten Kardinälen die Ansicht herrschte, er könne in einer gespaltenen Kirche als Versöhner wirken."

"Wall Street Journal": "Es wird angenommen, dass Papst Leo den Fokus seines Vorgängers auf die Bedürftigen teilt. In seiner Rede vom Balkon des Petersdoms plädierte er für eine Kirche, die 'besonders den Leidenden' nahe sein will. Zu den jüngsten Zitaten von Kardinal Prevost gehört eines von 2023, in dem er sich gegen die Ordination von Frauen aussprach. Auf diese Debatten einzugehen, ist nun Aufgabe von Papst Leo. Ebenso die Beseitigung der finanziellen Schlamassel des Vatikans, was nicht nur eine Frage des Geldes, sondern auch des Vertrauens ist. Gefragt ist ein geschickter Verwalter."

"New York Times": "Sollte er tatsächlich durch die von Franziskus geöffnete Reform-Tür schreiten, ist ungewiss, wie lange die von ihm herbeigeführte Versöhnung mit den Traditionalisten halten wird. Eine andere Lektion, die Konservative auf dem vor ihnen liegenden Weg lernen können, ist der Wert der Diversität. Im heutigen politischen Klima ist das ein aufgeladener Begriff, doch im Kontext einer globalen Kirche impliziert er ausgeprägte Vielfalt und Komplexität. Sie anzunehmen ist der einzige Weg, wie die Kirche wachsen und eins bleiben kann."

Großbritannien

"Financial Times": "Papst Leo XIV. steht vor einer Fülle von Herausforderungen, darunter die prekären Finanzen des Vatikans und Forderungen, Kinder vor sexuellem Missbrauch durch Priester zu schützen. Und er wird die Kirche auch durch die geopolitischen Turbulenzen steuern müssen, die von seinem Heimatland unter Präsident Donald Trump ausgehen. Die Kardinäle haben sich für ein Oberhaupt entschieden, das zwar ideologisch eher mit der relativ progressiven Weltsicht seines Vorgängers Franziskus übereinstimmt, aber dem US-Präsidenten die Stirn bieten könnte."

Spanien

"El País": "Prevost ist weder Argentinier noch Jesuit, sondern Augustiner – daher wird er wenig sprechen, seine Worte abwägen, nicht improvisieren. Aber in der Leitung, in der Amtsführung, wird er nicht zurückrudern. Das hat er zu Beginn seiner Ansprache deutlich gesagt: 'Ohne Angst, um weiterzugehen.'"

"El Mundo": "Mit Prevost hat sich die katholische Kirche für einen Amerikaner – den ersten in der Geschichte – mit tiefen lateinamerikanischen Wurzeln entschieden, der offensichtlich weit entfernt von (Donald) Trumps Thesen ist. Prevost steht vor gewaltigen inneren – wie der Spaltung der Kirche – und äußeren Herausforderungen."

Österreich

"Die Presse": "Friede, Dialog, Caritas, Einsatz für die Armen: In seiner ersten Ansprache ließ er in einer Hommage an seinen Vorgänger viele Werte anklingen, die Franziskus hoch und heilig waren. Er schwor, dessen Erbe weiterzuführen – weniger emotional, bedächtiger, strukturierter. Donald Trump mag über die Wahl des Mannes aus Chicago jubeln, doch Leo XIV. verkörpert ein Kontrastprogramm zum US-Präsidenten: ein Anti-Trump der leisen Töne."

Schweiz

"NZZ": "Der neue Papst hat sich den Namen Leo XIV. gegeben und knüpft damit an profilierte, reformorientierte Päpste vom Mittelalter bis ins 20. Jahrhundert an. Was er auch tut, eine seiner schwierigsten Aufgaben wird es sein

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Neues Werk für NATO-Kampfjet: Rheinmetall startet Produktion in NRW
01.07.2025

Der Rüstungskonzern Rheinmetall hat in Weeze (Nordrhein-Westfalen) eine hochmoderne Fertigungsanlage für Bauteile des Tarnkappenbombers...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Investitionsstau: Kaputte Straßen, marode Schulen – Kommunen am Limit
01.07.2025

Viele Städte und Gemeinden stehen finanziell mit dem Rücken zur Wand: Allein die Instandhaltung von Straßen, Schulen und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Alt gegen Jung: Wie die Generation Z das Arbeitsleben umkrempelt – und was zu tun ist
01.07.2025

Alt gegen Jung – und keiner will nachgeben? Die Generationen Z und Babyboomer prallen aufeinander. Doch hinter den Vorurteilen liegen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Arbeitsmarkt ohne Erholung im Juni: Warten auf den Aufschwung
01.07.2025

Die erhoffte Belebung des Arbeitsmarkts bleibt auch im Sommer aus: Im Juni ist die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland nur minimal um...

DWN
Politik
Politik Schlachtfeld der Zukunft: Die Ukraine schickt ihre Kampfroboter ins Gefecht
01.07.2025

Die Ukraine setzt erstmals schwere Kampfroboter an der Front ein. Während Kiew auf automatisierte Kriegsführung setzt, treiben auch...

DWN
Immobilien
Immobilien Wohnen bleibt Luxus: Immobilienpreise steigen weiter deutlich
01.07.2025

Die Preise für Wohnimmobilien in Deutschland sind erneut gestiegen. Laut dem Statistischen Bundesamt lagen die Kaufpreise für Häuser und...

DWN
Politik
Politik Trump und Musk im Schlagabtausch: Streit um Steuerpläne und neue Partei eskaliert
01.07.2025

Die Auseinandersetzung zwischen US-Präsident Donald Trump und dem Tech-Milliardär Elon Musk geht in die nächste Runde. Am Montag und in...

DWN
Politik
Politik Dänemark übernimmt EU-Ratsvorsitz – Aufrüstung dominiert Agenda
01.07.2025

Dänemark hat den alle sechs Monate rotierenden Vorsitz im Rat der EU übernommen. Deutschlands Nachbar im Norden tritt damit turnusmäßig...