Finanzen

BYD-Aktie rauscht in den Keller: Die Hintergründe – besteht noch Hoffnung für Anleger?

Die BYD-Aktie ist zum Start in die neue Handelswoche abgestürzt – trotz Rekordexporten und Europaplänen. Am Dienstag im frühen Handel verbuchten die Anteilsscheine des chinesischen Autobauers einen Kursverlust von annähernd 70 Prozent. Wo liegen die Gründe und wie sollten Anleger nun reagieren?
10.06.2025 09:32
Aktualisiert: 10.06.2025 09:32
Lesezeit: 4 min
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BYD-Aktie rauscht in den Keller: Die Hintergründe – besteht noch Hoffnung für Anleger?
Produktionsstraße des chinesischen Autobauers: Die BYD-Aktie brach im Dienstagshandel ein (Foto: dpa). Foto: Li Jianan

BYD-Aktie aktuell unter Druck: Zwischen Preiskrieg, Exporthoffnung und Börsenbelastung

Die BYD-Aktie erlebt derzeit turbulente Zeiten. Mehrere belastende Faktoren treffen den chinesischen Elektromobilitätsriesen gleichzeitig – von Absatzschwächen im Heimatmarkt über politische Spannungen bis hin zu Börseneffekten wie Dividendenabschlag und endenden Lock-Up-Fristen. Anleger stellen sich zunehmend die Frage, ob der Marktführer aus China den Spagat zwischen internationaler Expansion und wachsendem Wettbewerbsdruck erfolgreich meistern kann – oder ob weitere Rückschläge drohen.

Am Dienstagmorgen stand jedenfalls ein fettes Minus bei der BYD-Aktie: Das Papier des Elektroautobauers aus China verbuchte einen Verlust von 67 Prozent im frühen Handel an der Frankfurter Börse – das bedeutete ein kräftiges Minus von annähernd 30 Euro und zeitweise den Rutsch unter die Marke von 15 Euro. Kein schöner Start in die neue Börsenwoche für BYD-Aktionäre, doch die Gründe für diesen Kursverlust bei BYD sind hausgemacht. Bei den Anlegern sollten spätestens jetzt die Alarmglocken läuten, obwohl der "Kursrutsch" vor allem auf eine unternehmerische Maßnahme zurückzuführen ist. Dazu später mehr!

Absatzprobleme trotz Exporterfolg: BYD vor verfehltem Jahresziel

Im Mai 2025 konnte BYD weltweit 382.476 Fahrzeuge verkaufen – ein Zuwachs von 15 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Besonders hervorzuheben ist der Export: Mit 89.000 Einheiten wurde ein neuer Rekord erzielt. Doch trotz dieser Erfolge im Ausland bleibt der Inlandsmarkt eine Baustelle. Die Nachfrage in China schwächelt, was den Konzern zu teils drastischen Preissenkungen zwang. Einige Modelle wurden im Mai um bis zu 34 Prozent günstiger angeboten.

Die drastischen Maßnahmen zeigen Wirkung – allerdings mit Nebenwirkungen. Anleger reagierten verunsichert, der BYD-Aktienkurs sackte deutlich ab. Hinzu kommt die Tatsache, dass BYD damit sein Absatzziel von 5,5 Millionen Fahrzeugen im Jahr 2025 möglicherweise verfehlen wird. Bis Ende Mai wurden insgesamt 1.763.369 Fahrzeuge verkauft – hochgerechnet entspricht das etwa 4,2 Millionen Einheiten für das Gesamtjahr. Zwar ist BYD im zweiten Halbjahr traditionell stärker, doch selbst dann wird es wohl „knapp“.

Preiskrieg mit Nebenwirkungen: Staatliche Warnungen und Konkurrenzklagen

Der massive Preiskampf unter chinesischen Autobauern ist kein neues Phänomen, wurde aber im Frühjahr 2023 maßgeblich durch BYD und Tesla ausgelöst. Im Mai dieses Jahres eskalierte die Situation erneut: BYDs Preisnachlässe brachten nicht nur die Konkurrenz auf, sondern auch die chinesische Regierung auf den Plan. Diese warnte Hersteller ausdrücklich vor „unvernünftigen Rabatten“, die die Marktstruktur gefährden könnten.

Hinzu kommen rechtliche Vorwürfe: Bereits 2023 hatte Great Wall Motor BYD wegen angeblich mangelhafter Emissionswerte bei Hybridmodellen bei den Aufsichtsbehörden gemeldet. Diese Ermittlungen laufen weiterhin. Nun stellt sich auch Konkurrent Geely öffentlich auf die Seite von Great Wall. Dabei geht es konkret um die Verwendung bestimmter Benzintanks in den BYD-Hybridmodellen. Diese Tankes sollen zu übermäßiger Verdunstung führen können. BYD weist die Anschuldigungen zurück und betont, dass alle betroffenen Komponenten zwischen 2021 und 2023 regelkonform verbaut wurden.

Europa im Fokus: BYD drängt mit Produktionsoffensive in den Westen

Trotz der schwierigen Lage im Heimatmarkt treibt BYD seine Expansion in Europa entschlossen voran. Analysten erwarten, dass chinesische Marken wie BYD bis 2030 einen Marktanteil von über zwölf Prozent bei batterieelektrischen Fahrzeugen in Westeuropa erreichen – das wären rund 830.000 Neuzulassungen. Bereits 2025 rechnet man mit mehr als 250.000 Einheiten.

Zur Umsetzung dieser Strategie plant BYD die Serienfertigung in Ungarn noch im Laufe dieses Jahres. Das erste Modell, der Dolphin Surf, soll unter 20.000 Euro kosten und gezielt preisbewusste Käufer ansprechen. Zudem ist eine zweite Produktionsstätte in der Türkei in Planung. Diese Standorte ermöglichen es dem Konzern, EU-Zölle von bis zu 27 Prozent zu umgehen – ein klarer Vorteil gegenüber rein in China produzierenden Konkurrenten.

Zusätzliche Risiken: Dividendenabschlag, Lock-Up-Ende und Lieferketten-Kritik

Am 10. Juni 2025 kommt es zu einem dreifachen Belastungspaket für die BYD-Aktie. Erstens ist es der Ex-Tag für die Dividende – neue Käufer sind also nicht mehr dividendenberechtigt. Zweitens läuft die Lock-Up-Frist für bestimmte H-Aktien aus, was große Anteilseigner zum Verkauf veranlassen könnte. Drittens steht BYDs „D-Chain“-Finanzsystem in der Kritik. Medien werfen dem Konzern vor, Zulieferer mit langen Zahlungszielen zu belasten. Dies weckt Zweifel an der Nachhaltigkeit des Geschäftsmodells.

An der Börse reagierte der Markt sensibel: Die BYD-Kursentwicklung zeigte sich zuletzt schwach. Zwar konnte sich der Kurs kurzfristig am GD50 (gleitender Durchschnitt der vergangenen 50 Tage) stabilisieren, doch die Unsicherheit ist weiterhin hoch, was nicht zuletzt der BYD-Kursrutsch am Dienstag untermauert.

Doch der Einbruch ist kein echter Grund zur Panik – es handelt sich vor allem um einen optischen Effekt, bedingt durch eine umfassende Kapitalmaßnahme: Ein von der Hauptversammlung am vergangenen Freitag genehmigter Gewinnverteilungs- und Kapitalisierungsplan verursacht diesen mehr oder weniger optischen Kursverlust. Das Ziel von BYD ist es, die Bindung der Investoren zu stärken – unter anderem durch Bonusaktien und eine geänderte Dividendenpolitik. Dadurch entsteht ein direkter Einfluss auf den rechnerischen Kurs der BYD-Aktie.

Anleger erhalten nun für je zehn gehaltene Aktien acht Bonusaktien sowie zwölf Kapitalisierungsaktien aus Unternehmensreserven, aus zehn alten Aktien wird also ein Bestand von 30 neuen Papieren, was einem rechnerischen BYD-Aktiensplit im Verhältnis 10:30 entspricht.

Zudem wurden zum Handelsstart am Dienstag noch Dividendenabschläge in den Kurs der BYD-Aktie eingepreist. Auch dies führt zu einer deutlichen optischen Verbilligung des Aktienkurses.

Ratgeber: Wie sollten Anleger jetzt mit der BYD-Aktie umgehen?

Trotz aller Herausforderungen bleibt festzuhalten: BYD wächst – wenn auch langsamer als früher. Die Exportzahlen sind stark, die internationale Präsenz wird ausgebaut, und neue Produktionsstandorte in Europa könnten langfristig entscheidende Vorteile bringen. Auch der zunehmende Marktanteil chinesischer Hersteller in Europa spricht für weiteres Wachstumspotenzial.

Allerdings ist Vorsicht geboten. Die Kombination aus staatlichem Druck, Konkurrenzklagen, Börsenfaktoren und schwächelnder Nachfrage in China könnte den BYD-Anteilsschein weiterhin belasten. Kurzfristig ist mit erhöhter Volatilität zu rechnen. Zudem ist unklar, ob die angekündigte Rücknahme der Rabatte ab Ende Juni nicht zu einem Nachfrageeinbruch führen wird.

Für langfristig orientierte Anleger könnte sich dennoch eine Gelegenheit ergeben. Die Fundamentaldaten sind solide, das Unternehmen bleibt ein Pionier im E-Auto-Segment. Wer investiert, sollte allerdings Geduld mitbringen und eine klare Risikostrategie verfolgen. Auch ein gestaffelter Einstieg könnte sinnvoll sein, um Kursschwankungen abzufedern.

Viel Druck, aber auch Chancen für die BYD-Aktie

Die BYD-Aktie steht aktuell im Kreuzfeuer mehrerer Entwicklungen – und Anleger brauchen starke Nerven. Während der Heimmarkt wankt, zeigt sich Europa als vielversprechender Wachstumstreiber. Produktion vor Ort, stabile Exportpreise und eine wachsende Modellpalette könnten den Turnaround bringen. Doch vorerst bleibt die Lage angespannt. Wer investiert ist, sollte die Nachrichtenlage eng verfolgen. Und wer einsteigen möchte, sollte die Risiken ebenso im Blick haben wie das Potenzial.

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Jede Anlage am Kapitalmarkt ist mit Chancen und Risiken behaftet. Der Wert der genannten Aktien, ETFs oder Investmentfonds unterliegt auf dem Markt Schwankungen. Der Kurs der Anlagen kann steigen oder fallen. Im äußersten Fall kann es zu einem vollständigen Verlust des angelegten Betrages kommen. Mehr Informationen finden Sie in den jeweiligen Unterlagen und insbesondere in den Prospekten der Kapitalverwaltungsgesellschaften.

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Markus Gentner

Zum Autor:

Markus Gentner ist seit 1. Januar 2024 Chefredakteur bei den Deutschen Wirtschaftsnachrichten. Zuvor war er zwölf Jahre lang für Deutschlands größtes Börsenportal finanzen.net tätig, unter anderem als Redaktionsleiter des Ratgeber-Bereichs sowie als Online-Redakteur in der News-Redaktion. Er arbeitete außerdem für das Deutsche Anlegerfernsehen (DAF), für die Tageszeitung Rheinpfalz und für die Burda-Tochter Stegenwaller, bei der er auch volontierte. Markus Gentner ist studierter Journalist und besitzt einen Master-Abschluss in Germanistik.

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