Finanzen

Erbe aufteilen: So sichern Sie den Verbleib Ihres Partners im gemeinsamen Haus

Sind Sie wiederverheiratet und haben Kinder aus früheren Beziehungen? Dann ist besondere Vorsicht geboten, wenn es darum geht, Ihr Erbe aufzuteilen. Dieser Leitfaden zeigt, wie Sie Streit in der Familie vermeiden – und wie Sie sicherstellen, dass Ihr Partner nach Ihrem Tod weiterhin im gemeinsamen Haus wohnen bleiben kann.
19.07.2025 12:29
Lesezeit: 4 min
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Erbe aufteilen: So sichern Sie den Verbleib Ihres Partners im gemeinsamen Haus
Wenn der Nachlass nichts als Ärger verspricht, verzichten viele Erben lieber. Auch das Erbe aufzuteilen, ist oft schwieriger als gedacht. (Foto: dpa) Foto: Marijan Murat

Klare Kommunikation, wenn man das Erbe aufteilen muss

Laut einer Umfrage der Kanzlei Familjens Jurist, durchgeführt von Novus, sorgen sich sieben Prozent der Europäer über mögliche Erbstreitigkeiten nach ihrem Tod. Das klingt nach wenig – doch es betrifft über eine halbe Million Menschen. „Wenn ein Mensch stirbt, hinterlässt er nicht nur eine emotionale Lücke, sondern häufig auch erhebliche Vermögenswerte. Ich habe in zahlreichen Nachlassverfahren erlebt, wie Erbschaften starke Gefühle hervorrufen können. Dabei geht es oft genauso sehr um Erinnerungen und emotionale Bindungen wie um Geld“, sagt Arne Larsson, Erbrechtsexperte bei Familjens Jurist gegenüber unseren schwedischen Kollegen von Privata Affärer.

Er betont: Klare Kommunikation ist das A und O, um Familienstreitigkeiten beim Erbe aufzuteilen zu vermeiden. „Es ist wichtig, offen mit Kindern und Angehörigen darüber zu sprechen, wie man sich die Verteilung des Erbes vorstellt. Es mag unangenehm sein, über Tod und Geld zu sprechen – aber wer es wagt, diesen Dialog zu führen, verringert das Risiko späterer Konflikte erheblich.“

Was tun bei Patchworkfamilien? Lösungen für Sorgerecht und Wohneigentum

Heute sind viele Menschen geschieden und leben mit einem neuen Partner – nicht selten mit Stief- oder Bonuskindern. In solchen Patchwork-Konstellationen stellen sich besondere Fragen, wenn man das Erbe aufteilen will: Wie kann man sicherstellen, dass der neue Partner nach dem eigenen Tod im gemeinsamen Haus wohnen bleibt? Und wie vermeidet man, dass Kinder des neuen Partners – zu denen man kaum Beziehung hat – miterben? „Wenn beide Partner Kinder aus früheren Beziehungen haben, erben jeweils die eigenen Kinder das komplette Vermögen. Die Kinder des neuen Partners haben kein automatisches Erbrecht. Wer das ändern möchte, muss ein Testament aufsetzen“, erklärt Larsson.

Besonders heikel ist die Frage des Wohnrechts für den überlebenden Partner. „Oft gehört die Immobilie beiden gemeinsam. Stirbt ein Partner, erben seine Kinder auch dessen Anteil am Haus. Das führt häufig dazu, dass der verbleibende Partner das Haus nicht halten kann. Daher wählen viele Paare die Lösung, sich gegenseitig mit sogenanntem 'freiem Verfügungsrecht' im Testament zu bedenken. Die Kinder erhalten dann ihren Pflichtteil direkt, den Rest erst nach dem Tod des überlebenden Partners.“ Larsson: „Die Kinder erben das komplette Vermögen – aber in zwei Etappen. Diese Lösung ist sehr weit verbreitet.“

Kapitalversicherung, Pflichtteil & Bank: Fallstricke vermeiden

Wenn Kinder – insbesondere Stiefkinder – ihren Pflichtteil sofort einfordern, bringt das den verbliebenen Partner oft in große Schwierigkeiten. „In solchen Fällen muss das Haus oft verkauft werden“, so Larsson.

Warum übernimmt der überlebende Partner nicht einfach das Darlehen? So einfach sei das nicht, warnt er: „Das größte Hindernis ist meist die Bank. Eine Einzelperson mit nur einem Einkommen – oft eine Rente – wird oft nicht als kreditwürdig genug eingestuft. Die Immobilie muss verkauft werden.“

Eine andere Möglichkeit: Ein Ehevertrag, in dem das Haus als alleiniges Eigentum einer Partei festgelegt wird. „Aber das ist riskant – vor allem, wenn man nicht sicher weiß, wer zuerst stirbt. Im Falle einer Scheidung kann man dann schnell ohne Immobilie dastehen“, warnt Larsson.

Eine häufig gewählte Lösung ist die Kapitallebensversicherung. Damit lässt sich die wirtschaftliche Handlungsfähigkeit des Partners nach dem Tod absichern. Anders als beim Testament zählt die Kapitalversicherung nicht zur Erbmasse – der im Vertrag genannte Begünstigte erhält das Geld direkt. Doch Achtung: Laut Urteil des Obersten Gerichts darf man nicht mehr als 25 Prozent des Vermögens auf diese Weise aus der Erbmasse „herausziehen“. Kinder können in bestimmten Fällen eine sogenannte Anpassungsklage gegen die Benennung des Begünstigten einreichen – allerdings mit geringer Erfolgsaussicht.

Deutlich häufiger nutzen Kinder ihr Recht auf verstärkten Pflichtteilsschutz. „Das ist der häufigste Fall in der erbrechtlichen Praxis“, so Larsson. Dabei fordern Nachkommen ihren Pflichtteil aus Schenkungen ein, die vor dem Tod des Erblassers erfolgt sind.

Alternativ können Paare auch eine prämienbasierte Lebensversicherung abschließen – mit monatlichen Beiträgen anstelle einer einmaligen Einzahlung wie bei Kapitalversicherungen. „Beim Tod wird dann eine größere Summe an den Begünstigten – etwa den Ehepartner – ausgezahlt. Dieses Geld kann genutzt werden, um Stiefkinder auszuzahlen und so das Haus zu halten.“ Nachteil: Man sollte bei Vertragsabschluss gesund sein. Auch hier könnten Stiefkinder eine Anpassung fordern – aber das sei laut Larsson kaum durchzusetzen. Viele Paare haben den Großteil ihres Vermögens in der Immobilie gebunden. Andere verfügen auch über liquide Mittel. „In solchen Fällen kann der Pflichtteil aus anderem Vermögen ausgezahlt werden – ohne dass das Haus angetastet werden muss.“

Was muss getan werden

1. Testament: Das wichtigste Instrument

Ohne Testament gilt die gesetzliche Erbfolge – und die sieht bei Stiefkindern keinen Erbanspruch vor.

Tipp: Setzen Sie sich mit Ihrem Partner gegenseitig als Erben mit freiem Verfügungsrecht ein.

So bekommt der überlebende Partner Zugriff auf das gemeinsame Haus – während die Kinder ihren Pflichtteil direkt erhalten und den Rest später. Wichtig: Kinder haben immer Anspruch auf ihren Pflichtteil – meist die Hälfte des gesetzlichen Erbteils.

2. Kapitallebensversicherung: Flexibel & steuerlich wirksam

Kapitalversicherungen ermöglichen es, gezielt Vermögen zu übertragen – außerhalb der Erbmasse.

Sie können Ihren Partner als Begünstigten eintragen. Das verschafft ihm Mittel, um z. B. Kinder auszuzahlen und im Haus zu bleiben. Vorteil: Kein Zugriff durch Pflichtteilsberechtigte. Einschränkung: Laut BGH-Urteil darf die Gesamtvermögensverlagerung max. 25 Prozent betragen.

3. Pflichtteilsproblematik: Die größten Risiken

Besonders Sonderkinder (Kinder aus früheren Ehen) fordern oft direkt ihren Pflichtteil. Folge: Der überlebende Partner ist gezwungen, das Haus zu verkaufen. Lösung: Alternativen prüfen, etwa Lebensversicherungen oder Barvermögen als Ausgleichsmittel.

4. Ehevertrag? Nur im Ausnahmefall sinnvoll

Ein Ehevertrag kann die Immobilie zur alleinigen Eigenschaft eines Partners erklären. Doch Vorsicht: Im Scheidungsfall verliert der andere schnell seinen Anspruch – mitunter sogar das Dach über dem Kopf. Nur bei absoluter Klarheit über Rollenverteilung und Risikobereitschaft ratsam.

5. Kommunikation ist alles

Offene Gespräche mit Kindern und Partner über das Thema Erbe verhindern Missverständnisse und spätere Konflikte. Rechtlich vorbereitet zu sein ist wichtig – aber emotionale Klarheit ist oft der entscheidende Faktor.

Das Erbe aufteilen ist kompliziert – besonders in Patchworkfamilien. Wer Streit und Zwangsverkäufe vermeiden will, sollte rechtzeitig mit Partner und Kindern sprechen, klare Regelungen treffen und die rechtlichen Werkzeuge nutzen, die das deutsche Erbrecht bietet.

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