Naturkatastrophen richten 131 Milliarden Dollar Schaden an
Die Weltlage ist unsicher, die Natur zunehmend unberechenbar. Im ersten Halbjahr lagen die globalen Schäden durch Naturkatastrophen deutlich über dem Durchschnitt – und konzentrierten sich auf einen Kontinent.
Brände, Stürme, Erdbeben und andere Naturkatastrophen verursachten im ersten Halbjahr 2025 weltweit immense Schäden in Höhe von 131 Milliarden Dollar. Laut Analyse des Rückversicherers Munich Re waren das die zweithöchsten Schäden in einer ersten Jahreshälfte seit 1980 – und deutlich mehr als im langjährigen Mittel. Allein die Brände in Kalifornien führten im Januar zu Schäden von rund 53 Milliarden Dollar. Nach Angaben von Munich Re war dies die teuerste Brandkatastrophe aller Zeiten. Die meisten Todesopfer forderte mit 4.500 Toten das Erdbeben in Myanmar am 28. März.
Steigende Temperaturen erhöhen Unwetterrisiko
Die Geowissenschaftler des Dax-Konzerns gehen davon aus, dass wetterbedingte Naturkatastrophen infolge der globalen Erwärmung häufiger auftreten als in früheren Jahrzehnten – und zugleich heftiger ausfallen. Europa kam laut Munich Re mit Gesamtschäden von rund fünf Milliarden vergleichsweise glimpflich davon.
USA besonders stark betroffen
Die Vereinigten Staaten traf es besonders hart. Neben den Waldbränden rund um Los Angeles traten zahlreiche schwere Unwetter und Tornados auf. Insgesamt summierten sich die Schäden in den USA auf 92 Milliarden Dollar – das entspricht 70 Prozent der weltweiten Gesamtsumme.
"Steigende Schäden aus Wetterkatastrophen sind die neue Normalität", sagte Tobias Grimm, Chefklimatologe des Münchner Dax-Konzerns. "Das Grundrauschen wird lauter. Es sind nicht immer die großen Katastrophen, die hohe Schäden verursachen – auch die vielen Unwetter zahlen ein."
In Nordamerika prallen Extreme aufeinander
In dieser Hinsicht ist Nordamerika ohnehin besonders gefährdet. Dort fallen Naturkatastrophenschäden traditionell höher aus als auf anderen Kontinenten. "Die größte Tornado-Dichte herrscht in den USA", so Grimm. "Aufgrund der geographischen Lage des Kontinents prallen dort sehr kalte und sehr warmfeuchte Luftmassen häufig ungehindert aufeinander." Wenn tropisch warme und feuchte Luft aus dem Golf von Mexiko nach Norden strömt und dabei auf kalte Luft aus Kanada trifft, entstehen schwere Unwetter. "Diesen Kontrast der Luftmassen gibt es in dieser Form sonst nirgends auf der Welt."
Keine Entwarnung für Europa
Trotz vergleichsweise geringer Schäden könne Munich Re Europa keine Entwarnung geben, sagte Grimm. "Es war Glück, dass es in den ersten sechs Monaten keine großen Wetterkatastrophen gab." Zwar habe es lokale Unwetter gegeben – "aber nicht wie 2024, als Europa von zahlreichen Überschwemmungen betroffen war, insbesondere Mitteleuropa".
Alpen: Gefährdung durch tauenden Permafrost
Ein Naturereignis stach auch in Europa heraus: Der Fels- und Eissturz im Schweizer Kanton Wallis, der Ende Mai das Dorf Blatten nahezu vollständig verschüttete und 130 Häuser zerstörte. Der geschätzte Gesamtschaden lag bei einer halben Milliarde Dollar. "Die alpinen Klimarisiken sind bekannt, aber bisher standen sie nicht im öffentlichen Fokus", betonte Grimm. Der Klimawandel führt demnach dazu, dass sich der Permafrost in großen Höhen zunehmend zurückzieht. "Dadurch lockern sich die Felsen. Auch auf diese Gefahr müssen wir uns künftig verstärkt einstellen."
Versicherte Schäden deutlich gestiegen
Von den 131 Milliarden Euro globaler Gesamtschäden waren laut Munich Re 80 Milliarden versichert. Beide Werte lagen inflationsbereinigt deutlich über den Durchschnittszahlen der vergangenen Jahrzehnte. So beziffert Munich Re den Dreißig-Jahres-Durchschnitt auf 79 Milliarden Dollar. Nur im Jahr 2011 waren die Schäden in einem ersten Halbjahr noch höher – ausgelöst durch das verheerende Erdbeben in Japan und den darauffolgenden Tsunami.
Unternehmen im Fokus: Risikoanalyse wird zur Pflichtaufgabe
Für Unternehmen rückt die Frage nach Klimarisiken zunehmend in den Mittelpunkt strategischer Planung. Eine aktuelle Umfrage des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) zeigt, dass bereits über 60 Prozent der mittelständischen Betriebe in Deutschland im Jahr 2024 Klimarisiken als direkte Bedrohung für ihre Geschäftstätigkeit einstufen. Besonders Branchen mit Standorten in hochwassergefährdeten Regionen oder in der Nähe von Wäldern reagieren inzwischen mit präventiven Maßnahmen: Dazu zählen etwa Investitionen in Frühwarnsysteme, Versicherungsanpassungen und infrastrukturelle Schutzmaßnahmen. Gleichzeitig steigen die Anforderungen an Transparenz – etwa durch EU-Regulierungen wie die CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive), die Unternehmen zu einer systematischen Erfassung klimabezogener Risiken verpflichtet. Für Firmenlenker wird damit deutlich: Nachhaltigkeit ist nicht mehr nur ein Reputationsfaktor – sie wird zur zentralen wirtschaftlichen Notwendigkeit im Zeitalter zunehmender Extremwetterlagen.