Im Rahmen der Zollverhandlungen ist auch ein Energieabkommen zwischen der EU und den USA verhandelt worden, bei dem sich die EU verpflichtet, bis zum Ende von Trumps Amtszeit 750 Milliarden Dollar an Energie von den USA abzunehmen. US-amerikanisches Flüssigerdgas, Öl und Kernbrennstoffe sollen dabei die Versorgungslücken füllen, die durch den zukünftigen Verzicht auf russisches Gas und Öl entstehen werden. Die geplanten Mengen an Energie, die durch dieses Abkommen vereinbart wurden, werfen bei Experten eine Reihe von Fragen auf und es werden bereits Stimmen laut, dass das Vorhaben nicht realisierbar ist.
Werden Unternehmen verpflichtet, ihre Energie von US-Unternehmen zu beziehen?
Die EU importierte im Jahr 2024 Energie im Wert von 438,6 Milliarden US-Dollar, allerdings kamen davon nur 75,9 Milliarden aus den USA. In den kommenden drei Jahren soll jetzt jedes Jahr Energie im Wert von 250 Mrd. US-Dollar von den USA abgenommen werden, also mehr als das Dreifache als bisher. Das bedeutet auch, dass sich die EU bei der Bedarfsdeckung mit Gas dann vollständig von den USA abhängig machen muss und auch ihre Öllieferungen aus den USA verdreifachen muss, wie der Thinktank Strategic Perspectives bekannt gab. Dieser Umstand würde weitere wichtige Energielieferanten verdrängen, was aber in der Realität nicht stattfinden dürfte, da es Unternehmen gibt, die durch Verträge an Lieferanten gebunden sind.
In der EU gibt es freie Energiemärkte und die einzelnen Staaten können es Unternehmen nicht vorschreiben, bei wem sie ihre Energie beziehen sollen. Experten bezweifeln, dass die EU es durchsetzen kann, dass Unternehmen künftig ihre Energie von den USA beziehen. Kommt es zu Quotenregelungen oder umfangreichen staatlichen Einkäufen würde dies die freien Marktkräfte im Energiesektor stark beeinflussen.
Ist die USA in diesem Umfang überhaupt lieferfähig?
Fraglich bleibt überdies auch, ob die USA überhaupt diese Energiemengen liefern kann, denn sie haben auch Energielieferverträge mit anderen Ländern außerhalb der EU. Von der gelieferten US-Energie im Wert von 332 Milliarden Dollar im vergangenen Jahr gingen fast 50 Prozent in große Länder außerhalb der EU, mit denen Lieferverträge bestehen. Wie will die USA diese Länder in Zukunft beliefern, wenn sie jährlich Energie im Wert von 250 Milliarden US-Dollar in die EU liefern muss?
Auch steht die Frage im Raum, ob die EU überhaupt so viel Energie braucht, denn von der Tendenz her geht die Nachfrage nach Gas zurück. Kritik kommt auch von der Deutschen Umwelthilfe, die anmerkte, dass die EU diese großen Mengen an Energie nicht nutzen könnte, insbesondere, weil es dafür an der entsprechenden Infrastruktur fehlt. Um diese Energiemengen überhaupt aufzunehmen, müssten dafür erst entsprechende Gaskraftwerke oder andere Energiespeicher geschaffen werden. Gasexperte Andreas Schröder vom Analysehaus ICIS bestätigte, dass die EU den Großteil der Energieimporte aus den USA beziehen müsste, um das Abkommen auch nur annähernd erfüllen zu können. Er ergänzte, dass selbst, wenn die EU 100 Prozent der Flüssiggasimporte aus den USA beziehen würde, die geplanten 250 Milliarden Dollar Energieimporte nicht annähernd erreicht werden könnten. Von Seiten der EU gab es zu diesen Fragen noch keine Stellungnahme.
Energielieferverträge mit Russland laufen erst 2027 aus
Die EU hat langfristige Lieferverträge für Energie mit mehreren Ländern, die nicht einfach aufgekündigt werden können. Mit Russland laufen diese Lieferverträge noch bis zum Jahr 2027. Zusätzlich gibt es auch langfristige Abkommen mit Norwegen, Algerien und Qatar. Auch wenn eine zeitnahe Aufkündigung der bestehenden Verträge durch die EU möglich wäre, können Unternehmen nicht gezwungen werden, ihre Energie aus US-Quellen zu beziehen, wie Schröder ebenfalls bestätigte. Dies wurde durch einen Sprecher der EU-Kommission zugegeben. Auch wurde von EU-Seite verkündet, dass man den Unternehmen weder vorschreiben könne oder wolle, welchen Preis sie für welche Energiequelle zu zahlen haben. Es gäbe aber Gespräche mit Unternehmen, die bereits signalisiert haben, in Bezug auf US-Energieimporte mehr tun zu wollen.
Rahmenbedingungen auf EU-Ebene sollen für US-Energieimporte verbessert werden
Um die Energieimporte aus den USA zu forcieren, sind eine Reihe von Maßnahmen im Gespräch. So wird über gezielte Förderungen zum Aufbau der benötigten Infrastruktur gesprochen und die Entwicklung indirekter Anreize, die langfristige Lieferverträge mit den USA und Energiepartnerschaften attraktiv machen sollen. Wie allerdings vom Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft klargestellt wurde, müssten Unternehmen ihre Energieversorgung immer nach marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten sicherstellen und dabei sowohl die Wirtschaftlichkeit, Diversifizierung und Nachhaltigkeit gewährleisten. Deshalb müssten sie die Bezugsquellen ihrer Energieimporte auch selbst entscheiden. Von Wirtschaftsexperten wird hingegen schon befürchtet, dass eine Zielverfehlung der EU beim Import von US-Energie schon bald wieder eine neue Zolldiskussion auslösen könnte.
EU-Klimaziele in Gefahr?
Unter Klimaaspekten ist der Energiedeal mit den USA für Constantin Zerger von der Deutschen Umwelthilfe als totale Katastrophe zu werten. Auch Lisa Badum als klimapolitische Sprecherin der Grünen, protestierte gegen den umfangreichen Energiedeal für fossile Energien wie Öl, Fracking-Gas und andere „Vergangenheitsenergien“. Ihrer Meinung nach ist es auch äußerst fraglich, wer diese Energiemengen überhaupt verbrennen soll und wer das alles bezahlen soll.
Die EU-Kommission wies hingegen die Kritik von Umweltverbänden zurück, dass die EU durch den Energiedeal ihre klimapolitischen Ziele verlassen würde. Sie argumentierte, dass die Einkäufe der fossilen Energien nur für den Zeitraum bis 2028 vereinbart wurden und dass Gasenergie noch bis zum Jahre 2050 in der EU gebraucht würde. Deshalb wäre es auch sinnvoll, EU-Ländern, die noch von russischem Gas abhängig sind, das US-Gas als Alternative zu bieten.
Aktuell ist die Vereinbarung zum Energiedeal mit den USA noch nicht rechtsverbindlich. Jedoch soll zeitnah eine vertragliche Basis geschaffen werden, die die bisherigen Absichtsbekundungen konkret festschreibt. Die Aushandlung eines verbindlichen Vertrages wird jedoch wohl Monate dauern. Auch muss ein derartiger Vertrag dann noch von den Mitgliedstaaten und dem EU-Parlament bestätigt werden.



