Europa soll zahlen – Trump reklamiert die Führungsrolle
Bei den in Washington geführten Gesprächen über die Sicherheit der Ukraine erklärte US-Präsident Donald Trump, Russlands Präsident Wladimir Putin habe sich mit Sicherheitsgarantien für die Ukraine einverstanden gezeigt. Noch ist unklar, wie diese Garantien konkret aussehen sollen. Laut Trump würden sie von europäischen Staaten übernommen, die USA würden koordinieren.
„Während des Treffens haben wir Sicherheitsgarantien für die Ukraine besprochen, die von verschiedenen europäischen Ländern gewährt werden, in Koordination mit den Vereinigten Staaten“, schrieb Trump nach den Gesprächen mit europäischen Staats- und Regierungschefs sowie dem ukrainischen Präsidenten auf „Truth Social“, ohne die genannten Garantien näher zu erläutern. Die im Weißen Haus geführten Verhandlungen bezeichnete er als „sehr gutes Treffen“ und „sehr guten, frühen Schritt“ in Richtung Frieden. Europäische Staats- und Regierungschefs, die Trump für seine Führungsrolle und seine Bemühungen um ein Kriegsende lobten, forderten, dass weitere Friedensgespräche, einschließlich eines Dreiergipfels zwischen Trump, Putin und Selenskij, unter geltenden Waffenruhen stattfinden. Bundeskanzler Friedrich Merz betonte, ohne Waffenruhe sei „kein weiterer Schritt vorstellbar“. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron schlug vor, Europa in ein Vierergespräch einzubeziehen, da es um die Sicherheit des gesamten Kontinents gehe. Trump erklärte, ein Waffenstillstand zwischen Russland und der Ukraine sei wünschenswert, er zweifle jedoch, ob er „notwendig“ sei, da seiner Einschätzung nach „in naher Zukunft“ ein umfassender Friedensschluss erreicht werden könne. „Wir alle wollen natürlich, dass sofort ein Waffenstillstand verkündet wird, während wir an einem dauerhaften Frieden arbeiten. Und vielleicht kann so etwas geschehen. Derzeit ist es das nicht“, sagte Trump im Weißen Haus im Kreis der europäischen Staats- und Regierungschefs. „Ich weiß nicht, ob es nötig ist, – sagte Trump. – Ich mag Waffenstillstände. Damit hört das Töten sofort auf. Aber ich denke, dass ein Friedensschluss letztlich erreichbar ist und vielleicht in naher Zukunft zustande kommt.“ Selenskij erklärte, er habe vor dem multilateralen Treffen mit den europäischen Staatschefs „sehr gut mit Trump gesprochen“. „Wir haben über sehr sensible Dinge gesprochen, – sagte er. – Wir müssen diesen Krieg stoppen, Russland stoppen. Und wir brauchen die Unterstützung Amerikas und der europäischen Partner. Wir unterstützen die Idee der USA, persönlich von Präsident Trump, diesen Krieg zu stoppen und ihn auf diplomatischem Wege zu beenden.“
Putin-Selenskij-Treffen in Vorbereitung
Moskau wies unterdessen kategorisch jede Stationierung von NATO-Truppen in der Ukraine zurück und warnte vor einer Eskalation. Trump unterbrach jedoch die Gespräche, um Putin anzurufen. Später schrieb der US-Präsident auf „Truth Social“: „(...) ich habe Präsident Putin angerufen und mit den Vorbereitungen eines Treffens zwischen Präsident Putin und Präsident Selenskij begonnen, dessen Ort noch festgelegt wird. Danach wird ein Dreiergipfel stattfinden, an dem die beiden Präsidenten und ich teilnehmen werden.“ Kanzler Merz erklärte, Putin habe einem bilateralen Treffen innerhalb von zwei Wochen zugestimmt, ein Datum oder Ort seien jedoch nicht vereinbart. Der Kreml bestätigte hingegen nicht, dass Putin Selenskij treffen oder ein bilaterales Gespräch vorbereiten wolle. Putins außenpolitischer Berater Juri Uschakow erklärte lediglich, der Kreml sei bereit, „direkte Gespräche zu unterstützen“ und habe die Idee erörtert, die Gesprächsebene der Vertreter Russlands und der Ukraine zu erhöhen.
Keine Forderung nach Gebietsabtretungen
NATO-Generalsekretär Mark Rutte sprach vor Journalisten im Weißen Haus von einem „sehr erfolgreichen Treffen“, bei dem „der Präsident die Sackgasse tatsächlich überwunden hat“. „Heute ging es in der Tat um Sicherheitsgarantien, um ein stärkeres US-Engagement und um alle Details, die in den kommenden Tagen konkretisiert werden“, sagte er. Trump machte der Ukraine in den Gesprächen keinen Druck in Bezug auf territoriale Zugeständnisse. Laut „Financial Times“ erklärte ein europäischer Delegierter in Washington, der US-Präsident habe gesagt: „Das ist nicht meine Sache, das ist die Sache der Ukraine“. Selenskij sagte nach den Gesprächen im Weißen Haus, die Territorialfrage werde in seinem Treffen mit Putin behandelt. „Die Territorialfrage ist eine Frage, die ich und Putin klären werden. Sicherheitsgarantien werden wahrscheinlich Gegenstand der Gespräche mit unseren Partnern sein“, erklärte der ukrainische Präsident.
Garantien sollen binnen zehn Tagen fixiert werden
Selenskij betonte, „es ist wichtig, dass die Vereinigten Staaten klar zeigen, dass sie zu den Ländern gehören werden, die helfen, koordinieren und ebenfalls an den Sicherheitsgarantien für die Ukraine teilnehmen. Ich glaube, das ist ein großer Schritt nach vorn“. Ihm zufolge seien einige Verbündete bereit, in der Ukraine Friedenstruppen zu stationieren, andere würden Unterstützung in anderer Form leisten. „Manche werden vermutlich bereit sein, über Stationierung zu sprechen. Manche werden über Aufklärung sprechen. Manche über das Meer. Manche über die Sicherheit im Luftraum“, so Selenskij. US- und britische Medien zitierten ein Dokument, demzufolge sich die Ukraine verpflichtet habe, für 100 Mrd. Dollar (95 Mrd. Euro) US-Waffen zu kaufen, die von Europa finanziert werden – im Gegenzug für amerikanische Sicherheitsgarantien. Später sprach Selenskij von einem 90-Mrd.-Dollar-Paket (77 Mrd. Euro) und erklärte, die Ukraine und ihre Partner würden die Bedingungen der Sicherheitsgarantien binnen zehn Tagen fixieren, berichtet BNS. Zudem kündigte er an, dass die USA ukrainische Drohnen kaufen würden, sobald diese exportfähig seien. Laut „FT“ belaufe sich das Geschäft auf 50 Mrd. Dollar.
Diplomatenkreisen zufolge waren die USA zuvor bereit, der Ukraine Sicherheitsgarantien nach Art des NATO-Artikels 5 zu gewähren, jedoch ohne eine Mitgliedschaft im Bündnis. Im Mittelpunkt steht nun die Frage, ob die Garantien eher symbolischen Charakter haben oder reale Schutzwirkung nach Artikel 5 entfalten. „Wir werden ihnen sehr gute Sicherheit geben, sehr gute Garantien, – sagte der US-Präsident. – Wir werden langfristigen Frieden sicherstellen, und ich denke, die Welt wird sehr glücklich sein.“ Mögliche US-Garantien für die Ukraine könnten nach Einschätzung von Experten mehrere Bereiche umfassen. Eine Stationierung von Truppen auf ukrainischem Boden gilt aufgrund von Trumps Skepsis gegenüber militärischem Engagement als unwahrscheinlich. Deutlich realistischer erscheinen Luftraum- und See-Patrouillen, logistische Unterstützung sowie die Bereitstellung satellitengestützter Aufklärungsdaten, die für die Verteidigung der Ukraine bereits jetzt lebenswichtig sind.