Die AMD-Aktie im Schatten von Nvidia
Wenn Sie die Aufkleber auf Ihrem Computer betrachten, steht dort sehr wahrscheinlich Intel, AMD oder Nvidia. Alle sind Chiphersteller mit unterschiedlichen Schwerpunkten. Der Aufstieg der Künstlichen Intelligenz hat die Karten neu gemischt und Nvidia an die Spitze gesetzt. Ein kluger Investor blickt auf die Unternehmen, die die Marktführer herausfordern, denn auf diesem Weg lässt sich leichter schnelles Wachstum finden. Mein Auge ist diesmal auf die AMD-Aktie gefallen, die zu den drei größten Chipherstellern gehört.
Vor kurzem veröffentlichte Advanced Micro Devices (AMD) seine Ergebnisse für das zweite Quartal, und die US-Regierung änderte ihre Haltung und genehmigte den Verkauf ihrer MI308X-Chips nach China. Daher ist jetzt ein geeigneter Zeitpunkt für einen genaueren Blick auf die AMD-Aktie, die den Spuren von Nvidia folgt. Über Intel und die Entwicklungen rund um den dritten großen Chiphersteller wurde bereits ausführlich berichtet. AMD ist heute ein globaler Halbleiterproduzent, der Höhen und Tiefen erlebt hat, sich jedoch unter der Leitung von CEO Lisa Su zu einem innovativen Giganten der Computerindustrie entwickelt hat.
Umsätze aus vier Segmenten
AMD wird oft mit Computerprozessoren und der alten Rivalität mit Intel in Verbindung gebracht. Der wichtigste Teil des Unternehmens liegt jedoch heute in den Rechenzentren, wo Server, Künstliche Intelligenz (KI) und Cloud-Dienste zusammentreffen.
Hier führt AMD mit der EPYC-Prozessorfamilie, die speziell für Rechenzentren und Server entwickelt wurde, sowie mit den Instinct Accelerators, Grafikprozessoren für KI-Training und Hochleistungsrechnen. Der größte Konkurrent ist Nvidia. Die Nachfrage wächst so schnell, dass AMD schätzt, dass der Markt bis 2029 ein Volumen von einer halben Billion Dollar erreichen wird.
Im Bereich der privaten Nutzung hat AMD in den letzten Jahren Intel erneut überholt. Ryzen-Prozessoren bieten ein gutes Verhältnis von Preis und Leistung, und dank der x86-Lizenz hat AMD einen klaren Vorteil. Auch in der Gaming-Welt hat AMD eine Rückkehr geschafft. Radeon-Grafikkarten mit RDNA-Architektur liefern inzwischen ausgewogenere Leistung. Zudem sind AMD-Chips in PlayStation 5 und Xbox Series X/S verbaut. Zwar sind die Verkaufszahlen durch die Abkühlung des Spielemarktes gesunken, doch bleibt das Geschäft wichtig. Ein weiteres Segment sind integrierte Schaltkreise. Mit der Übernahme von Xilinx hat sich AMD eine starke Position im Bereich des adaptiven Rechnens gesichert. Diese Systeme arbeiten sowohl in Rechenzentren als auch in Fahrassistenzsystemen.
Ergebnisse und Prognosen
Das Unternehmen meldete zuletzt einen Gewinn von 0,48 Dollar je Aktie, leicht unter den Erwartungen. Die Umsätze stiegen jedoch um 31,4 Prozent im Jahresvergleich. Der Kurs der AMD-Aktie schwankte stark: Zunächst ein Rückgang um sieben Prozent, dann ein Sprung auf 184 Dollar, bevor er wieder auf 163 Dollar zurückfiel. Für das dritte Quartal erwartet AMD Umsätze zwischen 8,4 und 9 Milliarden Dollar – ein Plus von 28 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die Bruttomarge soll bei 54 Prozent liegen. Damit übertrifft die Prognose die Schätzungen der Wall Street.
Die US-Exportbeschränkungen für KI-Chips nach China belasteten AMD mit einem Verlust von 800 Millionen Dollar, sodass ein Betriebsverlust von 155 Millionen Dollar entstand. Auch Nvidia war betroffen und verlor Milliardenumsätze.
Konkurrenzdruck
Nvidia ist unbestritten der Spitzenreiter im KI-Markt, der eine Anlagemöglichkeit mit dem größten Risiko, aber auch dem größten Wachstumspotenzial bietet. Seine Marktkapitalisierung hat bereits vier Billionen Dollar überschritten, während der zweitgrößte Name im Sektor, Broadcom, deutlich kleiner ist und 1,4 Billionen Dollar wert ist. Der drittplatzierte AMD erreicht eine Marktkapitalisierung von rund 0,3 Billionen Dollar.
Dabei hat AMD seit Jahresbeginn zugelegt, denn der Aktienwert ist in diesem Zeitraum um fast 53 Prozent gestiegen, während Nvidia und Broadcom um 33 bis 35 Prozent wuchsen. In der Branche gibt es auch Ausnahmen, etwa Marvell Technology, dessen Aktien in diesem Jahr 28 Prozent verloren haben. Für Wachstumsunternehmen sind wir hohe Kurs-Gewinn-Verhältnisse (KGV) gewohnt. Die Aktien von AMD zusammen mit denen von Broadcom haben derzeit ein sehr hohes KGV von über 100. Aufgrund der Besonderheiten des Sektors ist auch das durchschnittliche KGV hoch, bei 79. Betrachtet man das erwartete KGV, so lässt sich sogar sagen, dass die drei größten Unternehmen des Sektors auf sehr ähnlichem Niveau liegen, im Bereich zwischen 42 und 47.
Die größte Herausforderung für AMD ist die Konkurrenz durch Nvidias Dominanz im KI-Markt und Intels Marktanteil bei Prozessoren. Außerdem war die Rentabilität von AMD historisch gesehen niedriger als die von Nvidia, auch wenn sie sich zuletzt verbessert hat. Natürlich ist es Nvidia, das für seine Aktionäre den größten Gewinn erwirtschaftet, da sich die Eigenkapitalrendite (ROE) nach Angaben des Portals LSEG auf über 100 Prozent erhöht hat, während sie bei Broadcom 19 Prozent und bei AMD nur 4,7 Prozent betrug. Die Zahl bei AMD ist jedoch in Wirklichkeit verzerrt.
AMD übernahm 2022 den Konkurrenten Xilinx in einem Geschäft, das durch die Ausgabe neuer Aktien bezahlt wurde, wodurch sich das Eigenkapital des Unternehmens von 11 Milliarden auf über 56 Milliarden Dollar erhöhte. Mit anderen Worten: Beim ROE wurde der Nenner mehr als verfünffacht, sodass sich der Indikator entsprechend um mehr als das Fünffache verringerte. Gleichzeitig erlebte der Halbleitermarkt eine zyklische Abkühlung. Die Pandemie hatte massenhafte Käufe von Computern und die Nachfrage nach Kryptowährungs-Mining ausgelöst, doch diese Welle flaute ab, was die Gewinne des Unternehmens – also den anderen Teil der ROE-Formel – reduzierte.
AMD zwischen Nvidia und Intel
Die Position von AMD auf dem Halbleiter- und KI-Chip-Markt wird stärker, vor allem dank der neuen MI350-Serie. Dennoch werden die Geschäftsergebnisse und die Kursentwicklung des Unternehmens stark von politischen Entscheidungen wie den US-Exportbeschränkungen nach China beeinflusst. Auch die harte Konkurrenz in diesem Sektor darf nicht unterschätzt werden.
AMD ist Nvidias Hauptkonkurrent im Markt für Grafikprozessoren (GPU), hat aber auch eine starke Position im Markt für Prozessoren (CPU), wo es mit Intel konkurriert. Sein Vorteil lag in der aggressiven Eroberung von Marktanteilen sowohl bei Endkunden als auch in Rechenzentren.
Intel erleidet Verluste durch Chips, die auf ARM-Architektur basieren (energieeffiziente Mikroprozessoren mit spezieller Architektur), da kleinere und schnellere RISC-Prozessoren (Reduced Instruction Set Computing) den Markt für Mobiltelefone und Laptops übernommen haben, wobei Apple an der Spitze steht. Microsoft wird möglicherweise keine größere architektonische Änderung vornehmen, aber der Trend ist klar. AMD überholte Intel auch dank der Partnerschaft mit dem taiwanesischen Hersteller TSMC (Taiwan Semiconductor).
Im KI-Markt ist AMDs Hauptantwort auf Nvidias CUDA-Plattform die Software-Suite ROCm zum Programmieren von Grafikprozessoren. Sie bietet eine flexiblere Alternative und zieht Partner wie META, Oracle und Microsoft an. Dies festigt zunehmend AMDs starke Position als zweite Wahl auf dem Markt. Die Aktie ist nicht billig, da das aktuelle KGV 89 und das erwartete 41 beträgt. Der freie Cashflow entspricht 1,3 Prozent der Umsätze, was bedeutet, dass AMD von jedem verdienten Dollar Umsatz nach allen Kosten, Steuern und Investitionen in Sachanlagen 1,3 Cent behält. Gleichzeitig zeigt das Unternehmen starkes Wachstum. Die Umsätze sind in den letzten drei Jahren jährlich um 13,7 Prozent gestiegen, und das Ziel ist, diese Zahl bis zum Ende des Jahrzehnts auf durchschnittlich 20 Prozent pro Jahr zu erhöhen. Der Bruttogewinn wächst seit 2016 jährlich um mehr als 24 Prozent, auch hier besteht Potenzial, das Ziel von 60 Prozent zu erreichen.
Risiken und Chancen für Anleger
Broadcom, derzeit Nvidias größter Konkurrent, bietet ein diversifizierteres und stabileres Geschäftsmodell, das für Investoren geeignet ist, die lieber verlässlichere Wachstumschancen haben und weniger risikofreudig sind. AMD versucht, in beiden Märkten mit einer aggressiven Strategie mitzuhalten, und bietet damit eine Alternative für Investoren, die an das Wachstum der Marktanteile dieses Unternehmens glauben und bereit sind, größere Risiken einzugehen.
AMD hat sowohl im Bereich KI als auch im Markt für traditionelle Prozessoren eine starke Position, aber die Risiken sind real: von den US-Beschränkungen auf dem chinesischen Markt und Nvidias klaren technischen Vorteilen bis hin zur Tatsache, dass große Kunden wie Amazon und Google ihre eigenen Chips entwickeln. Im Segment der PCs könnte der Marktanteil schrumpfen, wenn sich Intel erholt oder wenn ARM-Prozessoren mit RISC-Architektur den Markt übernehmen.
Laut dem Wirtschaftsportal Casnik Finance sehen Analysten die Aktie in einem Jahr bei 188 Dollar, was 15 Prozent über dem aktuellen Wert liegt und nicht weit entfernt vom Höchststand Mitte August bei 184 Dollar. Von 52 Analysten empfehlen 44 den Kauf, 19 würden die Aktie halten, einer würde sie verkaufen.Auch wenn die Aktie teuer erscheint, stützen das Prozessorgeschäft, das Wachstum der Rechenzentren und höhere Margen das Geschäft. Aber diese Aktie könnte interessant für Ihr Portfolio sein, wenn Sie noch keinen Vertreter aus diesem Sektor haben.


