Technologie

Unser neues Magazin ist da: Deutschland digital – warum die Zukunft nicht warten kann

Deutschland steht an der Schwelle zu einer digitalen Zeitenwende – doch wir zögern. Zwischen überbordender Bürokratie, Datenschutzangst und fehlendem Mut droht das Land beim Thema Digitalisierung, den Anschluss zu verlieren.
20.11.2025 12:38
Aktualisiert: 01.01.2030 11:20
Lesezeit: 3 min
Unser neues Magazin ist da: Deutschland digital – warum die Zukunft nicht warten kann
Droht Deutschland beim Thema Digitalisierung, den Anschluss zu verlieren? (Foto: ChatGPT)

Liebe Leserinnen und Leser,

es gibt Momente in der Geschichte eines Landes, in denen die Uhr stillzustehen scheint. Nicht, weil die Zeit tatsächlich angehalten hätte, sondern weil zu wenig in Bewegung ist. Deutschland steht an einem solchen Punkt. Wir sind stolz auf unsere Ingenieure, auf unsere Autos, auf unsere Maschinen. Doch während der Rest der Welt längst die nächste industrielle Revolution gestaltet, debattieren wir noch über Zuständigkeiten, Datenschutz und Antragsverfahren. Es ist, als hätten wir das 21. Jahrhundert betreten, aber die Tür noch nicht ganz geöffnet.

Deutschland war einst Synonym für Präzision, Zuverlässigkeit und Fortschritt, doch dabei ist das Tempo verloren gegangen – fatal in einer immer schneller werdenden Welt. Digitalisierung, künstliche Intelligenz, Automatisierung sind keine Visionen mehr, sondern Realitäten, die überall sonst den Alltag prägen. Nur bei uns scheinen sie zu scheitern an Formularen, Paragrafen und einem lähmenden „erstmal abwarten“. Dabei mangelt es nicht an Wissen oder an Ideen, in unseren Laboren, Universitäten und Startups entstehen Technologien, die das Potenzial haben, Branchen zu verändern. Doch zu oft enden sie als Studien, Pilotprojekte oder PowerPoint-Präsentationen. Was fehlt, ist nicht Intelligenz – sondern Entschlossenheit. Es fehlt Mut, Dinge zu tun, auch wenn sie nicht perfekt sind.

Das verlorene Vertrauen in die eigene Gestaltungskraft

Wie konnte es so weit kommen? Vielleicht, weil wir zu lange glaubten, dass unser Modell unantastbar sei. Jahrzehntelang reichte es, die Maschinen mit billiger Energie laufen zu lassen, die Prozesse regelmäßig anzupassen und die Welt mit Qualitätsarbeit zu beliefern. Doch der Wohlstand der Zukunft entsteht nicht mehr in Werkshallen, sondern in Glasfaserleitungen und in Rechenzentren.

Wo früher Ingenieurskunst und Unternehmergeist eine Einheit waren, herrscht heute Misstrauen – gegenüber Technik, gegenüber Veränderung, gegenüber uns selbst. Datenschutz wird zum Vorwand für Stillstand, Bürokratie zur Ersatzhandlung für Verantwortung. Wir regulieren uns in eine Sicherheit hinein, die längst gefährlich geworden ist, weil sie die so wichtige Bewegung behindert oder sogar verhindert. Dabei zeigen Beispiele, dass es anders geht: Länder wie Estland, Finnland oder Südkorea beweisen, dass Digitalisierung Ordnung, Transparenz und Effizienz schaffen kann. Bürger dort haben mehr Kontrolle über ihre Daten als irgendwo sonst – und zugleich weniger Angst vor Missbrauch. Vertrauen entsteht nicht durch Verbote, sondern durch Offenheit und klare Regeln.

Ein Land zwischen analogem Selbstbild und digitaler Wirklichkeit

Digitalisierung ist kein weiteres Projekt, das man „umsetzen“ kann, sie ist in gewisser Weise eine Kulturfrage. Das spüren besonders jene, die Neues schaffen wollen: Gründerinnen, Forscher, Entwickler, Unternehmer. Sie treffen auf ein System, das Innovation nicht fördert, sondern misstrauisch beäugt. Viele gute Köpfe wandern ab – in Länder, die schneller, offener, pragmatischer sind. Und zurück bleiben ein Land und ein Kontinent, die lieber über Risiken sprechen als über Chancen.

Dabei könnte gerade Deutschland so viel gewinnen. Die Digitalisierung ist kein Selbstzweck, sie ist der Schlüssel, um die großen Krisen unserer Zeit zu lösen – vom Fachkräftemangel bis zur Energiewende. Eine intelligente Verwaltung würde Zeit sparen und Ressourcen schonen. Vernetzte Industrieprozesse könnten Emissionen senken. Künstliche Intelligenz könnte Pflege, Bildung und Energieversorgung effizienter machen. Die Technologie ist da – was fehlt, ist der politische und gesellschaftliche Wille, sie zu nutzen.

Die Bürokratie frisst Zukunft der Innovationen

Vielleicht erzählt sich unsere Gegenwart am besten an einem banalen Beispiel: dem Bau eines Mobilfunkmasts. In Deutschland dauert es durchschnittlich drei Jahre, bis ein Standort genehmigt ist. In Finnland: drei Monate. In dieser Zeitspanne gründet, wächst und verkauft ein Startup in den USA ein neues Produkt. Wir hingegen prüfen, ob der Mast vielleicht das Landschaftsbild stören könnte.

Diese Langsamkeit ist hausgemacht. In einer Welt, die sich exponentiell verändert, ist Stillstand nichts anderes als Rückschritt. Wenn Entscheidungen Jahre dauern, wird Innovation unmöglich. Wenn jede neue Idee erst durch Ausschüsse, Gutachten und Zuständigkeitsdebatten muss, dann bleibt am Ende nur die Resignation.

Die digitale Zukunft beginnt nicht morgen – sie beginnt, wenn wir den Mut dazu haben

Die Wirtschaft hat viele Probleme längst erkannt, immer mehr Mittelständler investieren in digitale Prozesse, nutzen Datenanalysen, automatisieren Produktion und Service. Doch auch hier gilt: Ohne verlässliche Rahmenbedingungen, ohne moderne Netze, ohne weniger Bürokratie bleibt das Potenzial begrenzt.

Auch Europa steht an dieser Weggabelung: Zwischen amerikanischer Dominanz und chinesischer Staatssteuerung muss der Kontinent seinen eigenen Weg finden – einen Weg der digitalen Souveränität. Das bedeutet: Kontrolle über Daten, über Cloud-Infrastrukturen, über Schlüsseltechnologien. Aber es bedeutet auch: Vertrauen in die eigenen Unternehmen, in die Wissenschaft, in den Markt. Deutschland kann und muss hier eine führende Rolle spielen – als wirtschaftliches Herz Europas, als Land der Ingenieure und Ideen. Doch dazu muss es den Mut haben, den eigenen Perfektionismus zu überwinden.

Die Frage ist also nicht, ob Deutschland digital wird, sondern wann – und wer den Mut hat, damit anzufangen. Dieses DWN-Magazin kann ein Anfang sein!

Ihr Markus Gentner

DWN-Chefredakteur

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Markus Gentner

Zum Autor:

Markus Gentner ist seit 1. Januar 2024 Chefredakteur bei den Deutschen Wirtschaftsnachrichten. Zuvor war er zwölf Jahre lang für Deutschlands größtes Börsenportal finanzen.net tätig, unter anderem als Redaktionsleiter des Ratgeber-Bereichs sowie als Online-Redakteur in der News-Redaktion. Er arbeitete außerdem für das Deutsche Anlegerfernsehen (DAF), für die Tageszeitung Rheinpfalz und für die Burda-Tochter Stegenwaller, bei der er auch volontierte. Markus Gentner ist studierter Journalist und besitzt einen Master-Abschluss in Germanistik.

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