Google muss mit Schadensersatzzahlung an Idealo rechnen
Im Kartellstreit mit Google fordert die Preissuchmaschine Idealo 3,3 Milliarden Euro – doch das Landgericht Berlin könnte deutlich weniger zusprechen. Wie begründet Idealo seine hohe Forderung?
Gericht deutet geringeren Schadensersatz an
Google droht im Kartellstreit mit dem deutschen Preisvergleichsportal Idealo eine Schadensersatzzahlung. Das zeichnete sich nach einer mündlichen Verhandlung des Falls vor dem Landgericht Berlin ab. Unklar blieb jedoch nach dem ersten Verhandlungstag, ob Idealo sich mit seiner Milliardenforderung durchsetzen kann. Das Gericht deutete an, dass die Summe deutlich kleiner ausfallen könnte als die geforderten 3,3 Milliarden Euro Schadensersatz.
Idealo wirft Google Machtmissbrauch vor
Die mehrheitlich zum Medienkonzern Axel Springer gehörende Preisvergleichsmaschine wirft Google vor, seine marktbeherrschende Stellung als Suchmaschine über Jahre hinweg missbraucht zu haben. Dabei habe der US-Konzern eigene Angebote gegenüber Idealo bevorzugt. Das Portal fordert zudem eine umfassende Auskunft über Traffic, Umsätze und Gewinne von Google. Der US-Konzern weist die Forderung nach einem Schadensersatz als völlig überzogen zurück.
Idealo-Mitbegründer Albrecht von Sonntag sagte, Google missbrauche seit mehr als fünfzehn Jahren seine Marktmacht, um den eigenen Dienst zu bevorzugen – auf Kosten von Wettbewerbern und Verbrauchern. "Wir begrüßen, dass das Gericht signalisiert, dass Googles Selbstbevorzugung Konsequenzen haben muss. Das EU-Wettbewerbsrecht muss auch gegenüber den Mächtigsten gelten."
Milliardenstrafe durch die EU-Kommission
Die EU-Kommission hatte in dieser Angelegenheit bereits 2017 – lange vor Inkrafttreten des Europäischen Digitalgesetzes DMA (Digital Markets Act) – eine Wettbewerbsstrafe gegen Google in Höhe von 2,4 Milliarden Euro verhängt. Die Geldbuße wurde im September 2024 vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg bestätigt.
Im Zentrum des Streits steht der Preisvergleichsdienst Google Shopping. Die EU-Kommission hatte 2017 argumentiert, dass der US-Digitalkonzern auf der Seite für allgemeine Suchergebnisse die Resultate seines eigenen Dienstes gegenüber den Preisvergleichsdiensten der Konkurrenten bevorzugt habe.
Klageforderung rasant erhöht
Idealo hatte die Klage gegen Google 2019 vor dem Landgericht Berlin eingereicht; damals verlangte das Unternehmen eine Entschädigung in Höhe einer halben Milliarde Euro. Das Verfahren ruhte, solange der Rechtsstreit zwischen der EU-Kommission und Google anhängig war. Idealo hatte sich vorbehalten, die Klage zu erweitern. Im Februar nach Wiederaufnahme des Verfahrens wurde die Forderung neu berechnet: Idealo verlangt nun für den Zeitraum 2008 bis 2023 rund 2,7 Milliarden Euro Schadensersatz und 600 Millionen Euro Zinsen.
Vor der Zivilkammer des Landgerichts Berlin steht die Entscheidung der Kommission aus dem Jahr 2017 nicht mehr infrage, weil sie 2024 durch das EuGH-Urteil bestätigt worden ist. Strittig zwischen Idealo und Google ist jedoch, auf welchen Zeitraum sich der Vorwurf bezieht.
Das sagen Google und Idealo
Google argumentiert, dass man nach dem Beschluss der EU-Kommission aus dem Jahr 2017 umfassende Änderungen an Google Shopping vorgenommen habe, um die Kartellvorwürfe auszuräumen. Brüssel hatte Google verpflichtet, anderen Preisvergleichsdiensten Zugang zu den Shopping-Ergebnissen zu gewähren. "Google hatte ein enormes Interesse daran, die Vorgaben der Kommission umzusetzen, weil sonst sehr hohe Geldstrafen gedroht hätten", sagte ein Google-Anwalt in der Verhandlung vor dem Landgericht Berlin. "Was kann ein Unternehmen mehr machen als das, was Google gemacht hat?"
Idealo dagegen ist überzeugt, dass Google 2017 nur kosmetische Änderungen vorgenommen habe. "Das Grundproblem der rechtswidrigen Kartellvorteile besteht bis heute", sagte Idealo-Mitgründer von Sonntag.
Google erneut im Visier der EU-Kommission
Zugleich steht Google im Fokus der EU-Kommission. Die Frage lautet: Benachteiligt Google in seinen Suchergebnissen Nachrichtenmedien? Brüssel prüft nun genau das. Am Ende könnte eine hohe Strafe für den US-Giganten stehen.
Die EU verdächtigt den US-Internetriesen Google, Internetseiten von Medien und Verlagen in seinen Suchergebnissen rechtswidrig zu benachteiligen. Die zuständige Europäische Kommission leitet daher ein Verfahren ein, wie sie mitteilte. Konkret geht es um eine Richtlinie Googles, nach der Inhalte von Medien in den Suchergebnissen mutmaßlich abgewertet werden, wenn deren Webseiten spezielle kommerzielle Inhalte von Dritten enthalten.
"Sicherstellen, dass Nachrichtenverlage keine Einnahmen verlieren"
Kommissionsvizepräsidentin Teresa Ribera sagte: "Wir sind besorgt, dass Googles Richtlinien dazu führen, dass Nachrichtenverlage in den Suchergebnissen nicht fair, angemessen und ohne Diskriminierung behandelt werden." Man werde das prüfen, um sicherzustellen, dass Nachrichtenverlage in einer schwierigen Zeit für die Branche keine wichtigen Einnahmen verlieren.
Konkret will die Kommission prüfen, ob "Google faire, angemessene und nicht-diskriminierende Zugangsbedingungen für die Webseiten von Verlagen in der Google-Suche anwendet". Dazu ist der US-Riese laut EU-Digitalrecht (Digital Markets Act, DMA) verpflichtet.
Google-Richtlinie könnte legitimes Handeln einschränken
Die Überwachung habe Hinweise ergeben, dass Google auf Grundlage seiner sogenannten "Site Reputation Abuse Policy" (Richtlinie zum Missbrauch des Webseitenrufs) möglicherweise eine übliche und legitime Möglichkeit der Verlage einschränkt, mit ihren Webseiten und Inhalten Geld zu verdienen. Laut Google soll die Richtlinie Praktiken verhindern, die angeblich das Ranking manipulieren.
Die Kommission will nun prüfen, ob die Herabstufung von Verlagsinhalten durch Googles Mutterkonzern Alphabet die unternehmerische Freiheit der Verlage, ihre Innovationskraft und ihre Kooperation mit Drittanbietern beeinträchtigt.
EU-Kommission verhängte bereits mehrfach Strafen
Die Einleitung des Verfahrens bedeutet noch keinen Nachweis eines Verstoßes, betonte die Behörde. Die Kommission will die Untersuchung innerhalb von zwölf Monaten abschließen. Bei einem Verstoß drohen Geldbußen von bis zu zehn Prozent des weltweiten Jahresumsatzes, bei wiederholten Verstößen bis zu 20 Prozent. In schweren Fällen könnte die Behörde auch strukturelle Maßnahmen wie eine Aufspaltung des Konzerns anordnen.
Die EU-Kommission hatte Google und Alphabet seit 2018 bereits mit mehreren Wettbewerbsstrafen in Gesamthöhe von rund acht Milliarden Euro belegt. Die bisher höchste Strafe gab es mit gut vier Milliarden Euro wegen des Geschäfts mit dem Google-Betriebssystem Android.

