AfD tendiert zu Neuauszählung der Bundestagswahl
Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) bekommt für sein Begehren zu einer Neuauszählung der Bundestagswahl Unterstützung der AfD. „Wir werden, Stand jetzt, für die Neuauszählung stimmen“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer, Stephan Brandner, dem Magazin Stern mit Blick auf eine mögliche Abstimmung im Wahlprüfungsausschuss. „Bei einer derart geringen Anzahl von Stimmen, die in Zweifel stehen, und den möglichen Implikationen eines veränderten Ergebnisses muss absolute Klarheit herrschen“, betonte er. Es gehe um das Vertrauen in freie Wahlen, aber auch um die Mehrheit und damit die Legitimation dieser Bundesregierung.
Das BSW setzt sich seit Monaten für eine Neuauszählung ein und schrieb zuletzt sogar an Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. In dem Brief an das Staatsoberhaupt beklagen die Vorsitzenden Sahra Wagenknecht und Amira Mohamed Ali, der Wahlprüfungsausschuss des Bundestags verschleppe eine Entscheidung.
Hauchdünn an Fünf-Prozent-Hürde gescheitert
Das BSW war bei der Bundestagswahl im Februar mit 4,981 Prozent der Zweitstimmen extrem knapp an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert. Nach Angaben der Partei fehlten bundesweit 9.529 Stimmen. Sie geht von Zählfehlern aus und nimmt an, dass das BSW eigentlich im Bundestag sitzen müsste. Und es spricht einiges dafür, dass diese Zahl so nicht stimmt. So fehlten dem BSW, als das vorläufige Ergebnis bekannt gegeben wurde, noch 13.500 Stimmen. 4000 kamen allein bei der Routineprüfung hinzu.
Bundestagswahl: Gab es Verwechslungen?
Darüber hinaus gab es Stichproben in einigen der 95.000 Wahlbezirke, die ein paar zusätzliche Stimmen für das BSW ergaben. Auch wenn sich eine simple Hochrechnung verbietet, weil die Bezirke viel zu unterschiedlich strukturiert sind, so lieferte doch die kleine Neuauszählung wenigstens ein Indiz dafür, dass sich da so einiges aufsummieren könnte. Und dann ist da noch die Kleinpartei Bündnis Deutschland, die auf dem Wahlzettel direkt über dem Bündnis Sahra Wagenknecht stand. Das BSW argumentiert, dass einige Wahlhelfer bei der Auszählung die beiden Parteien verwechselt haben könnten.
Natürlich wirkt es angesichts der möglichen Folgen nachvollziehbar, wenn Union und SPD eine Neuauszählung vermeiden wollen. Auch die Zurückhaltung von Grünen und Linken ist verständlich. Schließlich würden ihre Fraktionen, falls das BSW einzöge, zumindest einige Mandate verlieren und bekämen zusätzliche, linkspopulistische Konkurrenz.
Die AfD kam bei der Bundestagswahl auf 20,8 Prozent und wurde zweitstärkste Kraft hinter der CDU/CSU. In aktuellen Umfragen liegt die AfD in der Sonntagsfrage zwischen 24 und 27 Prozent.
Nach Informationen des Stern soll die entscheidende Sitzung des zunächst zuständigen Bundestagsausschusses in der kommenden Woche stattfinden. Das Büro des Ausschussvorsitzenden Macit Karaahmetoğlu (SPD) wollte dies dem Magazin vorerst nicht bestätigen. Das Gremium würde eine Empfehlung abgeben, über die dann das Parlament abstimmen muss. Wird eine Neuauszählung mehrheitlich abgelehnt, könnte das BSW dagegen vor dem Bundesverfassungsgericht klagen.
BSW begrüßt AfD-Position
Die BSW-Co-Vorsitzende Mohamed Ali, begrüßte die Haltung der AfD: „Natürlich erschüttert das Vertrauen in die Demokratie, wenn diese Neuauszählung nicht erfolgt. Und deswegen fordere ich alle anderen Parteien auf, es der AfD hier gleichzutun und auch zu sagen: Wir unterstützen die Neuauszählung“, sagte sie dem Sender Welt TV.
Zugleich warf sie dem Ausschuss Untätigkeit vor. „Ich finde es unverantwortlich, dass der Wahlprüfungsausschuss nach wie vor auf seinen Händen sitzt und nicht endlich das Verfahren voranbringt“, sagte die BSW-Co-Chefin der Rheinischen Post. Sie fügte hinzu: „Es ist doch ein Skandal, dass die Parteien, die sich selbst immer als große Demokraten bezeichnen, es aktuell der AfD überlassen, demokratische Grundsätze hochzuhalten, indem sie – bisher als einzige Partei – unsere Forderung auf Neuauszählung unterstützt.“


