Driscoll wird zum Gesicht des Trump-Friedensplans
Die US-Regierung hat in den vergangenen Tagen den Trump-Friedensplan mit unerwarteter Härte vorangetrieben. Im Mittelpunkt steht plötzlich Dan Driscoll, seit kurzem Staatssekretär des US-Heeres, bislang vollkommen ohne diplomatische Erfahrung. Am vergangenen Donnerstag traf er überraschend in Kiew ein und legte Präsident Wolodymyr Selenskyj eine amerikanische Friedensinitiative vor, die, wie sich herausstellte, zentrale Forderungen Moskaus widerspiegelt und über den Unternehmer Steve Witkoff an Washington herangetragen wurde, einem langjährigen Vertrauten von Präsident Donald Trump.
Nur zwei Tage später saß Driscoll bereits in Genf am Verhandlungstisch mit ukrainischen und europäischen Vertretern. Der Plan, der Kiew in Richtung Kapitulation drängen könnte, wurde dort neu formuliert. Zu Wochenbeginn übernahm Driscoll die Leitung der Gespräche in den Vereinigten Arabischen Emiraten, während die direkte Kommunikation mit Wladimir Putin weiterhin Witkoff überlassen bleibt. CNN berichtete, dass Driscolls Besuch ursprünglich der Drohnentechnologie galt. Erst unmittelbar vor Abreise habe Trump ihn in den Weißen Haus angewiesen, Kiew zu „schnellstmöglichen Friedensgesprächen“ zu drängen. Dass Driscoll keinerlei diplomatische Laufbahn hat, spielt für das Weiße Haus offenbar keine Rolle.
Der Mann hinter dem Plan: Driscolls Aufstieg und sein Netzwerk
Driscoll, 39 Jahre alt, diente drei Jahre in der US-Armee und war 2009 neun Monate im Irak stationiert. Anschließend machte er Karriere im Investmentbanking und in Private-Equity-Firmen. Entscheidender ist jedoch sein persönliches Netzwerk. Driscoll ist enger Freund von Vizepräsident J. D. Vance, mit dem er die juristische Fakultät in Yale besuchte. Bereits während Vances Wahlkampagne wurde er in das enge Umfeld der Trump-Berater geholt. In der Trump-Administration wurde Driscoll ungewöhnlich schnell zum Heeresstaatssekretär ernannt, obwohl dieser Posten normalerweise als komplex, bürokratisch und politisch undankbar gilt. Unter Trump jedoch gewann Driscoll erheblichen Einfluss. Er unterstützte die umstrittene Entsendung der Nationalgarde in mehrere amerikanische Großstädte und gewann damit das Vertrauen des Präsidenten.
Trump nennt ihn laut CNN intern den „Dronen-Guy“, weil Driscoll die Streitkräfte massiv mit modernen Drohnen ausstatten will und weil Trump regelmäßig seine Meinung zu „der Ukraine-Frage“ einholt, sobald Driscoll im Weißen Haus erscheint. Die Entscheidung, ihn zum Architekten des Trump-Friedensplans zu machen, widerspiegelt den charakteristischen Regierungsstil des US-Präsidenten: Diplomatie wird nicht den Fachdiplomaten überlassen, sondern engen Vertrauten aus Wirtschaft und Politik. Bereits Jared Kushner spielte in Nahost als inoffizieller Verhandler eine zentrale Rolle. Nun gewinnt Driscoll eine ähnliche Funktion.
Druck auf Kiew: Trump-Friedensplan als strategische Zwangsjacke
Ukrainischen Regierungsquellen zufolge brachte Driscoll bei seinem Besuch eine drastische Botschaft mit: „Ihr verliert und ihr müsst einem Deal zustimmen.“ NBC News berichtete, dass Driscoll die Lage an der Front als „katastrophal“ bezeichnet habe und Kiew zur Annahme eines russlandfreundlichen Kompromisses dränge, bevor die Verhandlungsmacht weiter sinke. Außenminister Marco Rubio wies diese Darstellung zwar öffentlich zurück, doch mehrere Quellen in den USA und der Ukraine bestätigen zunehmenden Druck aus Washington.
In der Trump-Administration gelten Rubio und Sondergesandter Keith Kellogg als vergleichsweise ukrainefreundlich. Doch Kellogg scheidet im Januar aus seinem Amt aus und ist offenbar bereits von zentralen Entscheidungsprozessen ausgeschlossen. Tatsächlich sind die einflussreichsten Akteure im Umfeld des Trump-Friedensplans jene, die der Ukraine eher skeptisch gegenüberstehen: Vance, Witkoff und nun Driscoll.
Gleichzeitig lobte Driscoll öffentlich die ukrainische Drohnenproduktion als Vorbild für die USA. Die Vereinigten Staaten planen, in den kommenden drei Jahren eine Million Drohnen zu beschaffen. Das ist ganz im Stile von Elon Musk weit mehr, als amerikanische Rüstungsunternehmen derzeit produzieren können. Die Ukraine hingegen fertigte im Vorjahr rund 2,2 Millionen Drohnen und hat Verträge über weitere 1,5 Millionen Einheiten. Diese technologische Überlegenheit könnte für Kiew ein seltener Verhandlungsvorteil werden, den Driscoll selbst anerkennt.
Droht eine geopolitische Entgleisung?
Sollte Trump bei seinem Friedensplan bleiben, der weitgehend russischen Forderungen entspricht, gerät Europa in eine strategische Zwickmühle. Eine durch Washington erzwungene Kapitulation der Ukraine würde die Sicherheitsarchitektur Europas erschüttern und Moskau signalisieren, dass militärische Aggressionen politische Erfolge bringen. Für Deutschland, das die Ostflanke der NATO mitträgt und seine Verteidigungsfähigkeit gerade erst ausbaut, wäre dies ein geopolitischer Rückschritt.
Der neue Trump-Friedensplan wird nicht von Diplomaten, sondern von Loyalisten des Präsidenten getragen. Dan Driscoll steht symbolisch für den Stil dieser Administration: persönliche Nähe zählt mehr als Erfahrung. Für die Ukraine verschärft sich damit der Druck, für Europa erhöht sich das Risiko einer politisch instabilen Nachkriegsordnung. Kiew könnte allerdings einen Trump-freundlichen Verhandler wie Driscoll nutzen, um die Bedeutung seiner Drohnentechnologie als strategisches Faustpfand auszuspielen und so die gefährlichsten Elemente des Plans abzuschwächen.

