Politik

Martin Schulz will Maastricht-Kriterien abschaffen

Lesezeit: 1 min
04.04.2014 13:12
Der Präsident des EU-Parlaments fordert mehr Zeit für Frankreich, um sein Defizit auf 3 Prozent zu senken. Zudem stellt Schulz die Maastricht-Kriterien generell in Frage: Über die 3-Pozentgrenze beim Haushaltsdefizit und über die 60-Prozentgrenze bei den Gesamtschulden müsse man „in einem sozialen Rahmen“ nachdenken.
Martin Schulz will Maastricht-Kriterien abschaffen

Der Präsident des Europäischen Parlaments, Martin Schulz, hat sich dafür ausgesprochen, Frankreich mehr Zeit für die Senkung seines Haushaltsdefizits zu geben.

Es sei einerseits wichtig, dass die Regeln des Stabilitätspaktes respektiert würden, sagte der Spitzenkandidat der europäischen Sozialisten am Freitag im französischen Fernsehsender BMF-TV. Es sei andererseits wichtig, auf die spezifischen Möglichkeiten der Mitgliedstaaten zu schauen, die Vorgaben umsetzen zu können. Die EU müsse deshalb respektieren, wenn Frankreich für Reformen mehr als drei Jahre benötige.

Auf die Nachfrage, ob er Frankreich damit mehr Zeit zur Senkung seines Defizit-Ziels geben wolle, sagte Schulz: „Wenn es nötig ist, ja.“

Die Etat-Sanierung in Frankreich läuft deutlich langsamer als geplant. 2013 lag das Staatsdefizit bei 4,3 Prozent der Wirtschaftsleistung und damit höher als erwartet. Die sozialistische Regierung will deshalb erst Ende 2015 das im Stabilitätspakt vorgeschriebene Ziel von drei Prozent des Haushaltsdefizits zu erreichen. Die EU-Partner hatten Frankreich bereits zwei Jahre mehr Zeit gegeben.

Schulz sprach sich in dem Interview auch dafür aus, die Maastricht-Kriterien generell zu überprüfen. „Ich bin absolut dafür, dass man über die drei Prozent und die 60 Prozent (bei den Gesamtschulden) in einem sozialen Rahmen nachdenkt“, sagte der SPD-Politiker.

Er wurde umgehend von CDU- und CSU-Politikern kritisiert. „Mit seiner Forderung in Paris zur Missachtung der Maastricht-Kriterien steckt Martin Schulz das Messer in den Rücken des Stabilitäts- und Wachstumspaktes“, sagte der Vorsitzende der CDU/CSU-Gruppe im EU-Parlament, Herbert Reul (CDU). Scharfe Kritik kam auch vom Vorsitzenden der CSU-Gruppe im EU-Parlament, Markus Ferber.

Die Bundesregierung pocht auf Einhaltung der Vorgaben des europäischen Stabilitätspakts durch Frankreich. „Wir vertrauen darauf, dass Frankreich seine Verpflichtungen aus dem Stabilitätspakt einhält“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Freitag in Berlin. Frankreich müsse sich zudem seiner Verantwortung „auch für das Funktionieren des Paktes“ bewusst sein.

Seibert reagierte damit auf Forderungen Frankreichs, mehr Zeit für die Sanierung seines Etats als die bislang bewilligten zwei Jahre zu erhalten. Der neue Finanzminister Michel Sapin will den Zeitplan für den Defizitabbau mit der EU-Kommission neu verhandeln.

Die EU-Partner haben dem Land bereits zwei Jahre mehr Zeit gegeben, um das Defizit unter die erlaubte Obergrenze von 3 Prozent zu drücken.

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Kostenloses Experten-Webinar: Die Zukunft der personalisierten Medizin aus der Cloud - und wie Sie davon profitieren

Eine individuelle Behandlung für jeden einzelnen Menschen - dieser Traum könnte nun Wirklichkeit werden. Bei der personalisierten Medizin...

DWN
Politik
Politik DWN-Kommentar: Eine Welt ohne Europa?
04.05.2024

Der Krieg in der Ukraine und die Spannungen im Nahen Osten gefährden die Zukunftsfähigkeit der EU. Nun steht sie an einem Scheideweg:...

DWN
Finanzen
Finanzen Platzt die ETF-Blase – was dafür, was dagegen spricht
04.05.2024

Kaum eine Investmentform konnte in den zurückliegenden Jahren die Gunst der Anleger derart erlangen wie dies bei Exchange Traded Funds,...

DWN
Immobilien
Immobilien Streikwelle auf Baustellen droht: Gewerkschaft kündigt Massenstreiks an
04.05.2024

Die Bauindustrie steht vor Massenstreiks: Gewerkschaft kündigt flächendeckende Arbeitsniederlegungen mit rund 930.000 Beschäftigten an.

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Chinas Einfluss in Südostasien: Herausforderung für deutsche Firmen
04.05.2024

Deutsche Unternehmen suchen verstärkt nach Alternativen zum chinesischen Markt und richten ihr Augenmerk auf die aufstrebenden...

DWN
Technologie
Technologie CO2-Speicherung: Vom Nischenthema zum Wachstumsmarkt
04.05.2024

Anreize durch die Politik, eine neue Infrastruktur und sinkende Kosten: CO2-Speicherung entwickelt sich zusehends vom regionalen...

DWN
Politik
Politik Wahljahr-Turbulenzen: Biden im Kreuzfeuer der Gaza-Proteste
04.05.2024

Seit Monaten sind bei fast jedem öffentlichen Auftritt von Präsident Joe Biden propalästinensische Demonstrationen zu sehen, die sich im...

DWN
Politik
Politik Mindestlohn: Neues Streitthema köchelt seit dem Tag der Arbeit
04.05.2024

Im Oktober 2022 wurde das gesetzliche Lohn-Minimum auf zwölf Euro die Stunde erhöht. Seit Jahresanfang liegt es bei 12,41 Euro, die von...

DWN
Technologie
Technologie Deutsches Start-up startet erfolgreich Rakete
04.05.2024

Ein deutsches Start-up hat eine Rakete von zwölf Metern Länge entwickelt, die kürzlich in Australien getestet wurde. Seit Jahrzehnten...