Die Steuerzahler in Deutschland können vorerst nicht auf den Abbau der sogenannten „kalten Progression“ hoffen, mit der ein immer größerer Teil ihrer Lohnerhöhungen beim Staat landet. Sprecher des Finanz- und Wirtschaftsministeriums sagten am Freitag, dass die Regierung momentan keinerlei Korrekturen in diesem Bereich plane.
Dabei stimmen beide Ministerien im Grundsatz überein, dass Änderungen eigentlich nötig wären. Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) hatte in der Debatte über den Steuerbonus für Handwerkerleistungen erst am Donnerstag erklärt, die Regierung sollte sich „der Abschaffung der Kalten Progression widmen“.
Als kalte Progression wird der Effekt bezeichnet, wenn dem Arbeitnehmer von einer Lohnerhöhung immer weniger bleibt. Grund ist der mit dem wachsenden Einkommen steigende Steuersatz.
In der Antwort auf eine Anfrage im Bundestag hatte die Regierung vor einiger Zeit die dadurch entstehenden Steuermehreinnahmen für 2014 auf 770 Millionen Euro beziffert. Dieser Betrag steigt dann in den kommenden Jahren kräftig auf knapp 3,2 Milliarden Euro im Jahr 2015, gut 5,5 Milliarden Euro 2016 und über 8 Milliarden Euro 2017.
Im Koalitionsvertrag ist das Thema dieser indirekten Steuererhöhung allerdings nicht unter den vordringlichen Aufgaben genannt, die sich das Regierungsbündnis gesetzt hat. Darauf verwies auch eine Sprecherin von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). Es gehe jetzt erst einmal darum, die vorrangigen Ziele abzuarbeiten.
Das Schäuble-Ministerium bleibe zwar bei der grundsätzlichen Haltung, dass die kalte Progression abgebaut werden sollte. „Aber im Augenblick ist das kein Thema, das ... in Angriff genommen werden soll.“ Ein Sprecher des Wirtschaftsministers pflichtete bei, die Korrektur sei „keine Maßnahme, die jetzt kurzfristig“ anstehe.
Die „kalte Progression“ wollte schon die schwarz-gelbe Koalition abschaffen und damit dem Steuerzahler gut 6 Milliarden Euro zurückgeben. Das Vorhaben scheiterte aber im Bundesrat an der Mehrheit der SPD- und Grünen-geführten Länder. Sie fürchteten Einnahmeausfälle. Strittig ist zwischen den Koalitionsparteien vor allem, wie die Einnahmeausfälle für den Staat aufgefangen werden könnten.