Bundeskanzlerin Angela Merkel unterstützt „im Grundsatz“ polnische Vorschläge für eine engere Zusammenarbeit in der EU im Bereich der Energie, hat aber eine Festlegung auf eine Erdgas-Einkaufsgemeinschaft vermieden. „Wir brauchen einen gemeinsamen Energiebinnenmarkt“, sagt Merkel am Freitag in Berlin vor einem Treffen mit dem polnischen Ministerpräsidenten Donald Tusk. Es gehe dabei darum, die Kräfte im privatwirtschaftlichen und staatlichen Bereich zu bündeln. Am Mittwoch hatte sowohl der Regierungssprecher als auch das Wirtschaftsministerium betont, dass eine Lösung „im Rahmen unserer marktwirtschaftlichen Ordnung“ gefunden werden müsse.
Als Reaktion auf die Ukraine-Krise hatte Tusk den Aufbau einer Europäischen Energieunion nach dem Vorbild der Bankenunion vorgeschlagen. Ziel müsse es sein, dass die EU-Staaten in der Energiepolitik und bei der Versorgung mit Öl und Gas enger zusammenarbeiteten. Vor allem die Vorschläge einer EU-Zentrale, die Gas für alle 28 Mitgliedsländer einkaufen soll, sowie eines Solidaritätsfonds sind aber umstritten. Die EU deckt rund ein Drittel ihres Öl- und Gasbedarfs mit Lieferungen aus Russland.
Polen dringt vor allem wegen der aktuellen Ukraine-Krise auf rasche Reformen. „Die größte Herausforderung für heute ist ein sicheres Europa. Ein Element ist dabei die Energieunabhängigkeit“, sagte Tusk. Eine Energieunion dürfe aber nicht auf Kosten einzelner Staaten gehen.
Umweltverbände werfen Polen vor, angesichts mangelnder Anstrengungen beim Ausbau erneuerbarer Energie einen Vorwand für die weitere starke Nutzung der einheimischen Kohle zu suchen. Die EU-Kommission ist beauftragt, bis Sommer Vorschläge vorzulegen, wie die EU ihre Energieversorgung verbessern kann.