Unternehmen

GEZ: Verfassungsgericht Koblenz weist Klage gegen Rundfunkbeitrag ab

Das Verfassungsgericht in Koblenz hat die Klage gegen die neue Rundfunkgebühr abgewiesen. Die GEZ verstößt nach Auffassung des Gerichts nicht gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung - und ist keine Steuer. Diese Erkenntnis könnte für andere anhängige Klagen Folgen haben.
13.05.2014 11:28
Lesezeit: 3 min

Das Verfassungsgericht Rheinland-Pfalz hat in einem Urteil die Klage eines Unternehmens gegen den neuen Rundfunkbeitrag abgewiesen.

Der wichtigste Abschnitt findet sich unter C: Hier kommt das Gericht zu der Erkenntnis, dass der Rundfunkbeitrag keine Steuer ist. Dies ist von Bedeutung, da sich auf diesem Vorwurf etliche andere Klagen gründen. Das Gericht hält fest: "Das Land hat dem Grunde nach die Gesetzgebungskompetenz für die Erhebung von Abgaben zur Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks."

Im Detail:

Die Regelung des § 1 des Landesgesetzes vom 23. Februar 2011 zu dem 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrag i.V.m. dem Rundfunkbeitragsstaatsvertrag verletzt die Beschwerdeführerin nicht in ihrer allgemeinen Handlungsfreiheit gemäß Art. 1 Abs. 1 LV. Das Land Rheinland-Pfalz war für die angefochtene Neuregelung der Rundfunkfinanzierung zuständig. Es handelt sich bei dem Rundfunkbeitrag nicht um eine Steuer.

Das Gericht elaboriert zu diesem Punkt:

Ein Eingriff in bundesrechtliche Zuständigkeiten findet schon deshalb nicht statt, weil die landesverfassungsgerichtliche Festlegung der Gesetzgebungskompetenzen für den Bundesgesetzgeber nicht verbindlich ist und daher auch für den Landtag diesem gegenüber keine Rechte begründet. Bindend ist eine Auslegung des Grundgesetzes vielmehr – und auch dies unter dem Vorbehalt einer anderweitigen Festlegung der Zuständigkeits-grenzen durch dass Bundesverfassungsgericht (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 30. September 2008 – VGH B 31/07 –, AS 36, 323 [332]) – nur innerhalb des Landes.

Das Gericht erklärt, wann etwas eine Steuer ist und wann nicht:

Maßgebliches Abgrenzungskriterium der Steuer insbesondere von den sog. Vorzugslasten (Gebühren und Beiträge) ist danach, ob das Ziel der Abgaben-finanzierung und der Belastungsgrund im Verhältnis von Leistung – in Gestalt der Gewährung eines zumindest potenziellen Vorteils für den Abgabenpflichtigen – und Gegenleistung stehen oder ob die Geldleistungspflicht „voraussetzungslos“, d. h. ohne Rücksicht auf eine korrespondierende Maßnahme der öffentlichen Hand, auferlegt wird

Und kommt zu dem Ergebnis:

Danach ergibt sich eine Konnexität des Rundfunkbeitrags im Sinne des Rundfunkbeitragsstaatsvertrages und der Veranstaltung eines öffentlich-recht-lichen Rundfunks aus mehreren Umständen, die jedenfalls in ihrer Gesamtschau dazu führen, den Rundfunkbeitrag im Sinne des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags nicht als Steuer zu qualifizieren.

Interessant ist ein Detail der Begründung, welches zeigt, dass der Staat nach Auffassung des Gerichts berechtigt ist, umfassend Daten von Bürgern und Unternehmen zu erheben: Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung begründet keinen Anspruch, dass der Staat Daten von Unternehmen und Bürgern erheben kann. Nur wenn die durch die Erhebung der Daten die Freiheit der Bürger oder Unternehmen bedroht würde, wird das Grundrecht eingeschränkt.

Das Gericht schreibt in seiner Begründung:

Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung gewährleistet der Beschwerdeführerin als Personengesellschaft einen Grundrechtsschutz vor Gefährdungen, die von staatlichen informationellen Maßnahmen ausgehen können. Eine grundrechtlich erhebliche Gefährdungslage besteht jedoch nicht stets bereits deshalb, weil eine staatliche Stelle Kenntnisse erlangt, die einen Bezug zu einer bestimmten juristischen Person oder Personengesellschaft und ihrer Tätigkeit aufweisen. Die informationelle Maßnahme muss diese vielmehr einer Gefährdung hinsichtlich ihrer spezifischen Freiheitsausübung aussetzen. Maßgeblich kommt es insoweit insbesondere auf die Bedeutung der betroffenen Informationen für den grundrechtlich geschützten Tätigkeitskreis – im Fall der Beschwerdeführerin also für ihre wirtschaftliche Tätigkeit – sowie auf den Zweck und die möglichen Folgen der Maßnahme an. Insofern bleibt das Schutzbedürfnis von juristischen Personen und von Personengesellschaften hinter demjenigen natürlicher Personen zurück (BVerfG, Beschluss vom 13. Juni 2007 – 1 BvR 1550/03 u.a. –, BVerfGE 118, 168 [204]).

Die im Rundfunkstaatsvertrag vorgesehenen Datenerhebungen wie auch der Zweck, dem sie dienen, wirken sich nicht auf die wirtschaftliche Betätigung der Beschwerdeführerin aus. Auch wenn der Schutz des Art. 4a i.V.m. Art. 1 Abs. 1 LV insoweit nicht auf Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse beschränkt ist, muss die Datenerhebung und -verarbeitung doch grundsätzlich geeignet sein, die wirtschaftliche Verhaltensfreiheit zu beeinträchtigen oder zu gefährden. Die von der Beschwerdeführerin mitzuteilenden Angaben lassen dahingehende Wirkungen allerdings nicht erwarten. Sie betreffen allein die Betriebsinhaberschaft sowie die Zahl der Betriebsstätten, der Beschäftigten und der beitragspflichtigen Kraftfahrzeuge. Diese Angaben muss die Beschwerdeführerin zu anderen Zwecken als denen der Berechnung der Rundfunkbeiträge ohnehin öffentlichen Stellen mitteilen. Auch aus ihrer Zusammenführung bei einer Behörde erwachsen keine Gefahren für die Tätigkeit der Beschwerdeführerin. Dies gilt auch insoweit, als die Landesrundfunkanstalten ermächtigt werden, personenbezogene Daten ohne Kenntnis des Betroffenen bei öffentlichen und nicht öffentlichen Stellen zu erheben. Diese sind gemäß § 11 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 RBStV auf Angaben beschränkt, welche der Anzeigepflicht nach § 8 RBStV unterliegen; es darf darüber hinaus kein erkennbarer Grund zu der Annahme bestehen, dass der Betroffene ein schutzwürdiges Interesse an dem Ausschluss der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung der Daten hat.

Ebenfalls interessant: In Auslegungsfragen hält sich das Gericht bedeckt, weil es die Zuständigkeit bei den Fachgerichten sieht:

Anders verhält es sich hingegen hinsichtlich der von der Beschwerdeführerin aufgeworfenen Auslegungsfragen des Rundfunkbeitragsstaatsvertrages, insbesondere bezüglich des Begriffs der „nicht privaten Zwecke“ sowie der Fälligkeitsberechnung des Beitrags. Diese sind zunächst – sofern hierüber in der Praxis überhaupt Streit entsteht – von den Fachgerichten zu klären.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt

 

DWN
Finanzen
Finanzen Ölpreis: OPEC-Konflikt eskaliert – Saudi-Arabien warnt vor Marktchaos
11.05.2025

Ein gefährlicher Riss geht durch die mächtige Allianz der OPEC-Plus-Staaten. Statt mit geschlossener Strategie die Preise zu...

DWN
Politik
Politik Kann Deutschland Europa retten? Der neue Koalitionsvertrag offenbart alte Schwächen
11.05.2025

Zum Europatag 2025 richtet sich der Blick erneut nach Berlin. Die Erwartungen an Deutschland sind hoch – nicht nur innerhalb der Union,...

DWN
Finanzen
Finanzen Börsenkrisen: Warum Volatilität kein Risiko ist
11.05.2025

Wenn die Börsen Achterbahn fahren, zittern viele Anleger. Doch Panik ist oft der schlechteste Berater – denn was aussieht wie ein...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Strategien für Krisenzeiten: Wie Sie jetzt Ihre Unternehmensleistung steigern
11.05.2025

Steigende Kosten, Fachkräftemangel, Finanzierungsdruck – viele KMU kämpfen ums Überleben. Doch mit den richtigen Strategien lässt...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft USA vor Energieumbruch: Strom wird zum neuen Öl – und zur nächsten geopolitischen Baustelle
11.05.2025

Ein fundamentaler Wandel zeichnet sich in der US-Wirtschaft ab: Elektrizität verdrängt Öl als Rückgrat der nationalen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bill Gates verschenkt Vermögen – Symbol einer neuen Weltordnung oder letzter Akt der alten Eliten?
11.05.2025

Bill Gates verschenkt sein Vermögen – ein historischer Akt der Großzügigkeit oder ein strategischer Schachzug globaler Machtpolitik?...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft „Made in America“ wird zur Hypothek: US-Marken in Europa auf dem Rückzug
11.05.2025

Eine neue Studie der Europäischen Zentralbank legt nahe: Der Handelskrieg zwischen den USA und der EU hat tiefgreifende Spuren im...

DWN
Finanzen
Finanzen Tech-Börsengänge unter Druck: Trumps Handelskrieg lässt Startup-Träume platzen
10.05.2025

Schockwellen aus Washington stürzen IPO-Pläne weltweit ins Chaos – Klarna, StubHub und andere Unternehmen treten den Rückzug an.