Finanzen

Herrscherfamilie aus Katar wird Großaktionär bei der Deutschen Bank

Die Deutsche Bank muss sich aufgrund der mageren Erfolge der Bank im Brot-und-Butter-Geschäft mit dem Golfstaat Katar einen neuen Großaktionär ins Haus holen. Katar ist bereits massiv bei Volkswagen investiert. Der Golfstaat ist wegen der unmenschlichen Bedingungen bei der Vorbereitung der Fußball-WM in die Kritik geraten.
19.05.2014 02:43
Lesezeit: 2 min

Die Deutsche Bank will mit der zweitgrößten Kapitalerhöhung ihrer Geschichte rund acht Milliarden Euro einnehmen und holt sich dazu Katar an Bord. Die Herrscherfamilie des Golfstaates habe Aktien im Volumen von 1,75 Milliarden Euro übernommen, teilte Deutschlands größtes Geldhaus am Sonntagabend mit. Mit einem Anteil von zunächst knapp sechs Prozent steigen die Kataris damit zum neuen Ankerinvestor auf. Die übrigen bis zu 300 Millionen Papiere sollen bis Ende Juni auf den Markt geworfen werden.

Die beiden Co-Vorstandschefs Anshu Jain und Jürgen Fitschen wollen angesichts immer strengerer Vorgaben der Regulierer wieder in die Offensive kommen. Denn im Vergleich zu den angelsächsischen und Schweizer Rivalen galt die Kapitaldecke der Deutschen Bank bislang als recht dünn. Die nun beschlossenen Maßnahmen seien eine "entschlossene Antwort", betonte das Führungsduo. "Wir stärken unser Kapital maßgeblich, verbessern unsere Wettbewerbsposition weiter und investieren in gezielte Wachstumsinitiativen in unseren Kerngeschäftsbereichen."

Über den Schritt war seit der letzten Quartalsbilanz am Markt spekuliert worden. Denn Ende April hatte sich gezeigt, dass die Deutsche Bank angesichts eines schleppenden Konzernumbaus, hoher Lasten für Rechtsstreitigkeiten und mauer Gewinne bei ihrem leidigen Kapitalthema nur mühsam vorankommt. Jain betonte damals denn auch, das Institut schließe keine Option mehr aus.

Mit der nun angekündigten Platzierung steigt die harte Kernkapitalquote nach den strengeren Basel-III-Standards auf einen Schlag von zuletzt 9,5 Prozent auf 11,8 Prozent, wie der Konzern vorrechnete. Bislang hatte die Bank zehn Prozent bis März 2015 angepeilt. Jetzt gebe es aber nicht nur einen Puffer für künftige regulatorische Anforderungen, sondern auch genug Mittel für Wachstum im Kerngeschäft, erklärte der Konzern. Zuletzt hatte auch die britische Großbank Barclays angekündigt, sich aus großen Teilen des Investmentbankings zurückzuziehen. Die Deutsche Bank wittert hier Chancen vor allem in ihrer wichtigsten Domäne, dem Anleihehandel. Wegen ihrer knappen Kapitaldecke liefen die Frankfurter zuletzt aber Gefahr, den Anschluss an die US-Erzrivalen JPMorgan und Goldman Sachs zu verlieren.

Für zusätzliche Unsicherheit sorgt auch der laufende "Bilanz-TÜV" der Europäischen Zentralbank (EZB). Die Deutsche Bank hat viele schwer zu bewertende Unternehmsteile und Papiere in der Bilanz. Finanzchef Stefan Krause hatte es als "die große Unbekannte" bezeichnet, wie die Prüfer damit umgingen.

Verschiedene Großaktionäre der Deutschen Bank hatten im Gespräch mit Reuters zuletzt signalisiert, bei einer weiteren Kapitalerhöhung mitzuziehen - allerdings nur, wenn das Führungsduo glaubhaft versichern könne, dass die Bank damit auch eine strategische Vision präsentiere. Denn die letzte Kapitalerhöhung ist gerade einmal ein Jahr her, damals sammelte die Deutsche Bank rund drei Milliarden Euro ein. Weiter nur Löcher stopfen sei keine Option mehr, hatte einer der Top-10-Investoren erst in der vergangenen Woche moniert. Jain und Fitschen bemühten sich nun, dieser Forderung nachzukommen und bekräftigten nicht nur ihre Rendite- und Einsparziele der "Strategie 2015+". Mehr Geld wollen sie auch in das Privatkundengeschäft und die Vermögensverwaltung stecken.

Bei dem Investor aus Katar handelt es sich um eine Investmentgesellschaft im Besitz von Scheich Hamad Bin Jassim Bin Jabor Al-Thani. Er zeichnet zunächst ein Sechstel der neuen Aktien, kann seinen Anteil aber über die Bezugsrechte noch deutlich steigern, wenn er auch an der übrigen Kapitalerhöhung teilnimmt. Der Scheich gilt als zweitreichster Mann des Landes und ist über andere Vehikel auch schon an anderen Banken beteiligt. Die Kapitalerhöhung mit Bezugsrecht für die Altaktionäre läuft voraussichtlich bis zum 24. Juni. Katar ist wegen seiner Rolle bei der Fußball-WM ins Zwielicht geraten: Menschenrechtsorganisationen hatten den Umgang der Baufirmen mit Gastarbeitern angeprangert: Die Arbeiten würden, wie verschiedene Berichte zeigen, mitunter wie Sklaven behandelt (mehr hier).

Wenn alles wie geplant durchgeht, hat die Deutsche Bank seit 2010 insgesamt 21 Milliarden Euro frisches Kapital eingesammelt. Die bislang größte Kapitalerhöhung des Instituts fand im Zusammenhang mit der Postbank-Übernahme statt.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Panorama
Panorama Grillmarkt in der Krise? Holzkohle wird teurer
03.07.2025

Grills verkaufen sich längst nicht mehr von selbst. Nach Jahren des Booms mit Rekordumsätzen schwächelt die Nachfrage. Händler und...

DWN
Finanzen
Finanzen Milliarden für Dänemark – Deutschland geht leer aus
03.07.2025

Dänemark holt 1,7 Milliarden DKK aus Deutschland zurück – ohne die deutsche Seite zu beteiligen. Ein heikler Deal im Skandal um...

DWN
Finanzen
Finanzen Vermögen im Visier: Schweiz plant Enteignung durch Erbschaftssteuer für Superreiche
03.07.2025

Die Schweiz steht vor einem Tabubruch: Kommt die 50-Prozent-Steuer auf große Erbschaften? Die Eidgenossen debattieren über ein riskantes...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Drogeriehandel: Wie dm, Rossmann und Müller den Lebensmittelmarkt verändern
03.07.2025

Drogeriemärkte verkaufen längst nicht mehr nur Shampoo und Zahnpasta. Sie werden für Millionen Deutsche zur Einkaufsquelle für...

DWN
Technologie
Technologie KI-Gesetz: Bundesnetzagentur startet Beratungsservice für Unternehmen
03.07.2025

Die neuen EU-Regeln zur Künstlichen Intelligenz verunsichern viele Firmen. Die Bundesnetzagentur will mit einem Beratungsangebot...

DWN
Panorama
Panorama Sprit ist 40 Cent teurer an der Autobahn
03.07.2025

Tanken an der Autobahn kann teuer werden – und das oft völlig unnötig. Eine aktuelle ADAC-Stichprobe deckt auf, wie groß die...

DWN
Politik
Politik Brüssel kapituliert? Warum die USA bei den Zöllen am längeren Hebel sitzen
03.07.2025

Die EU will bei den anstehenden Zollverhandlungen mit den USA Stärke zeigen – doch hinter den Kulissen bröckelt die Fassade. Experten...

DWN
Finanzen
Finanzen USA dominieren die Börsen
03.07.2025

Die Börsenwelt bleibt fest in US-Hand, angeführt von Tech-Giganten wie Nvidia und Apple. Deutsche Unternehmen spielen nur eine...