Finanzen

Niedrige Inflation: Die Zahlen, die die EZB zum Handeln zwingen könnten

Die Inflation in der Eurozone ist im Mai auf 0,5 Prozent gesunken. Daher wird die EZB am Donnerstag voraussichtlich erstmals einen negativen Einlagezins einführen. Auch drastischere Maßnahmen wie Wertpapierkäufe nach dem Vorbild der Fed liegen auf dem Tisch.
04.06.2014 01:37
Lesezeit: 2 min

Das Inflationsziel der EZB, die am Donnerstag zu ihrer nächsten Zinssitzung zusammenkommt, liegt bei knapp zwei Prozent. Sie hat bereits angekündigt, sich nicht dauerhaft mit einem niedrigeren Preisauftrieb abzufinden. Die meisten Experten erwarten, dass die Zentralbank mit einer weiteren Senkung der bereits rekordniedrigen Zinsen gegensteuern wird. Doch auch andere Maßnahmen sind denkbar.

Die Inflationsrate in der Eurozone sank im Mai auf 0,5 Prozent, wie das europäische Statistikamt Eurostat am Dienstag mitteilte. Im April hatte sie noch bei 0,7 Prozent gelegen.

Damit war der Preisauftrieb im Mai so niedrig wie zuletzt im März. Wie Eurostat mitteilte, verteuerten sich Dienstleistungen ersten Schätzungen zufolge um 1,1 Prozent. Die Energiekosten verharrten hingegen auf dem Vorjahresniveau. Nicht nur in den Krisenstaaten der Eurozone, sondern auch in Deutschland lag die Inflationsrate im Mai mit nur 0,6 Prozent sehr niedrig.

Die aktuellen Inflationsdaten dürften der EZB nach Ansicht von Helaba-Ökonom Johannes Jander erhebliche Sorgen bereiten: „Der Druck auf die EZB wird zunehmen, bei der Ratssitzung am Donnerstag zu handeln.“ Auch die enttäuschenden Wachstumszahlen in Frankreich und Italien legten eine geldpolitische Lockerung nahe.

Nach einer Befragung des Finanzunternehmens Nomura erwarten 95 Prozent der Experten, dass der Leitzins von 0,25 auf ein Rekordtief von 0,1 Prozent gesenkt wird.

Zudem dürften die Zentralbanker erstmals bei der EZB geparktes Geld mit einem Strafzins belegen, um so die Banken zur verstärkten Kreditvergabe anzuregen. Dies erwarten 89 Prozent der befragten Experten. Seit Juli 2012 liegt der Einlagensatz bei 0 Prozent.

Mehr als ein Drittel der befragten Experten erwartet, dass die EZB eine weitere „dicke Bertha“ startet. Ihrer Ansicht nach könnte die EZB erneut extrem billige langfristige Kredite (LTRO) an die Banken vergeben. Nur zehn Prozent erwarten direkte Wertpapierkäufe (QE) durch die EZB.

Die Societe Generale ist deutlich aggressiver in ihren Prognosen. Die Großbank erwartet nicht nur einen negativen Einlagenzins von minus 0,1 Prozent, sondern auch ein LTRO-Programm „zur Ankurbelung der Kreditvergabe für den Privatsektor“, zitiert Zero Hedge.

Zudem erwartet Societe Generale Wertpapierkäufe im Umfang von 300 Milliarden Euro, um die Aktienmärkte anzukurbeln. Die betrachtet die EZB offenbar als notwendig, denn in der vergangenen Woche warnte sie Investoren vor einem Absturz an den Börsen (mehr hier).

Doch auch diese aggressiven Maßnahmen der EZB hätten nach Ansicht der Societé Généralekeine positiven Wirkungen für die Realwirtschaft:

„Wir erwarten nicht, dass die Maßnahmen vom 5. Juni einen deutlichen Impuls für die Realwirtschaft liefern. Sollten die politischen Führer die Eurozone sich weiter von Sparmaßnahmen verabschieden, würde dies die Wirtschaft kurzfristig beleben. Doch letztlich braucht die Eurozone strukturelle Reformen.“

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