Die griechische Regierung hat den obersten Steuereintreiber gefeuert. Haris Theoharis wurde 2013 als oberster Behördenchef mit einem Fünfjahres-Vertrag eingesetzt. Sein Posten war erst 2012 auf Druck der Troika geschaffen worden. Das Ziel bestand darin, die Steuerverwaltung des Landes unabhängiger zu machen. In einer offiziellen Erklärung zu seinem Rücktritt ist nun von „persönlichen Gründen“ die Rede.
Tatsächlich wurde Theoharis von der immer noch mächtigen Gruppe der Oligarchen unter Druck gesetzt. Die Regierung will den Superreichen des Landes nicht zu nahe treten.
Und so widerfuhr Theoharis das Schicksal, das Steuereintreibern meistens widerfährt: Er wurde von den Einheimischen zum Teufel gejagt.
„Es ist klar, dass er mit seinen Methoden einige Regierungsbeamte verärgert hat und dass er zum Rücktritt gezwungen wurde“, so die griechische Zeitung Kathimerini. Unbeliebt gemacht habe sich der Generalsekretär für Staatsfinanzen offenbar unter anderem mit seinem jüngsten Versuch, griechische Anleihe-Inhaber rückwirkend zu besteuern.
Der IT-Spezialist und ehemalige Leiter der Datensysteme im Finanzministerium verteidigte sein Vorgehen: „Ich fühle mich nicht zum Sündenbock gemacht, weil etwas falsch gelaufen ist. Diejenigen, die glauben, dass etwas schief ging, sollten sich ihr eigenes Handeln ansehen“, so der 43-Jährige. Sein Job bestünde darin, politische Entscheidungen durchzusetzen. Und nicht darin, sie zu formulieren.
„Ich gehe mit erhobenem Haupt“, zitiert ihn die Financial Times. „Großen Steuerhinterziehern stehen wirksame Waffen wie Rechtsanwälte und Verfahren zur Verfügung, gegen die das aktuelle Steuersystem nichts ausrichten kann.“ Diese Situation müsse korrigiert werden, bevor man schwere Steuerhinterziehung bekämpfen könne, so Theoharis weiter.
Der scheidende Finanzminister Yannis Stournaras bedankte sich unterdessen bei Theoharis für dessen „Ethos, Integrität und Respekt für das öffentliche Interesse“. Seine Bemühungen hätten die griechischen Steuerreformen gestärkt und dazu beigetragen, die Haushaltsziele zu erfüllen. Zwar hätte er sich gewünscht, dass die Verfolgung von schweren Steuerbetrugsfällen besser gelaufen wäre. Doch Theoharis habe getan, was er konnte.
Die EU verliert mit Theoharis ihren Statthalter und brachte prompt ihre „ernsthafte Besorgnis“ über den Rücktritt zum Ausdruck. Theoharis habe eine „Schlüsselrolle“ bei der Verbesserung der griechischen Finanzen gespielt, so der Pressesprecher der EU-Kommission für Wirtschaft und Finanzen. Entscheidend sei sein Einsatz auch bei der Modernisierung und Digitalisierung des Steuersystems gewesen. Nun dürfe Athen nicht nachlassen: „Es ist unerlässlich, dass die Regierung für volle Kontinuität bei der Umsetzung der geplanten Reformen sorgt, um die Effizienz der Verwaltung, die Bekämpfung von Betrug und Steuerhinterziehung zu erhöhen und sich steigende Staatseinnahmen sichert.“ Jetzt hoffe man auf ein „strenges, transparentes und leistungsorientiertes Verfahren bei der Ernennung seines Nachfolgers“.
Wie nun bekannt wurde, traf sich der scheidende Finanzminister bereits am Dienstag mit IWF-Chefin Christine Lagarde und IWF-Vertreter Poul Thomsen. IWF-Sprecher Gerry Reis zufolge, hätte das Trio über den „Weg Griechenlands und Fragen von gemeinsamem Interesse“ gesprochen. Schon „in den kommenden Tagen“ solle der IWF-Report über Griechenland veröffentlicht werden.
Griechenland wurde von der Troika dafür kritisiert, dass wohlhabende Steuerzahlernicht hart genug verfolgt würden. Gegen kleine Unternehmen und Immobilienbesitzer dagegen werde hart vorgegangen.
Die Finanzbeamten sind in Griechenland gehalten, die Steuereinnahmen durch konsequentes Vorgehen hochzutreiben. Doch die Politik denkt nicht daran, von Interventionen zugunsten von Oligarchen abzulassen. So entsteht eine Zwei-Klassen-Gesellschaft, die die Bürger wütend macht.
Theoharis könnte nun gerade den reichen Steuerflüchtlingen zu sehr zu Leibe gerpückt sein. Er setzte zur Steuerfahndung eine Spezialeinheit ein, um im Auftrag von EU und IWF auch prominente Steuersünder zu verfolgen. Sein gesamtes Personal hat in den vergangenen zwei Jahren wegen angeblicher Korruption zweimal gewechselt. Noch am Donnerstag erklärte Theoharis: Die neuesten Zahlen über die Prüfungen der großen Steuerzahler zeigten, dass 280 laufende Verfahren nur 80 Millionen Euro an Einnahmen gebracht hätten.