Russland hat am Samstag sein Militär in „volle Gefechts-Bereitschaft“ versetzt. Es wurden zusätzliche Truppen an die Grenze zur Ostukraine entsandt.
Moskau warnt davor, dass die Kämpfe auf russisches Territorium übergreifen könnten. Nach Angaben des russischen Inlandsgeheimdiensts (FSB) sollen bei Gefechten in Iswarino etwa 80 ukrainische Grenzsoldaten auf russisches Territorium gelangt sein, berichtet Interfax.
Nach Angaben des ukrainischen Militärs wurden in den Dörfern Yampil und Zakitne 300 Separatisten getötet (mehr hier).
Am Freitag hatte der ukrainische Präsident Petro Poroschenko einen Friedensplan vorgestellt und eine einwöchige Waffenruhe angekündigt. Poroschenko verlangt von den Separatisten in der Ostukraine die Niederlegung ihrer Waffen. Er garantiert Ihnen eine umfassende Straffreiheit.
Doch die Separatisten glauben dem ukrainischen Präsidenten nicht und lehnen das Angebot ab.
Im Osten der Ukraine sind ungeachtet der von der Regierung ausgerufenen einseitigen Waffenruhe neue Kämpfe zwischen der Armee und den prorussischen Separatisten ausgebrochen. Beide Seiten warfen sich am Samstag gegenseitig vor, sich nicht an die vom neuen Präsidenten Petro Poroschenko erklärten einwöchige Feuerpause zu halten. Russland versetzte zudem ungeachtet der Appelle westlicher Staaten zur Deeskalation seine Truppen in Zentralrussland in volle Gefechtsbereitschaft und kündigte ein einwöchiges Manöver an. Die ukrainische Regierung sprach auch von einer weiteren Verstärkung der russischen Truppen an der gemeinsamen Grenze.
Ein Armeesprecher erklärte in Kiew, zwei Posten an der Grenze zu Russland seien von Heckenschützen und mit Granatwerfern angegriffen worden. Dabei seien neun Soldaten verletzt worden. Im Landesinneren seien weitere zwei Posten mit Maschinengewehren sowie Granatwerfern beschossen worden. Auch im Umland der Separatistenhochburg Slawjansk versuchten demnach die Rebellen, einen von der Armee gehaltenen Hügel zu stürmen. "In all diesen Vorfällen wurden die Rebellen abgewehrt", sagte Sprecher Wladislaw Selesniow.
Die Rebellen warfen dagegen der Regierung vor, sich nicht an ihren Waffenstillstand zu halten. "Ich habe mit unserem Kommandeur Igor Strelkow gesprochen, und er sagte, die Kämpfe wurden am Morgen fortgesetzt", sagte der Rebellenführer Pawel Gubarew dem russischen TV-Sender Rossiya-24. Entweder würden die Truppen dem Präsidenten nicht Folge leisten oder Poroschenko lüge.
Der Regierungschef der von den Separatisten ausgerufenen Volksrepublik Donezk, Alexander Borodai, warf der Regierung in Kiew vor, ihre Offensive unvermindert fortzusetzen. Vor Journalisten rief er Russland auf, Truppen zu entsenden.
Die Regierung in Kiew fürchtet, dass russisches Militär in die Kämpfe eingreifen könnte. "Die anhaltende Konzentration russischen Militärs und die erhöhten Aktivitäten nahe der Grenze zur Ukraine sind Anlass zu großer Sorge", erklärte das ukrainische Außenministerium. Zudem gebe es viele Beweise, dass die Rebellen von Russland aus mit Waffen und militärischem Material versorgt würden.
Vor der Ausrufung des Waffenstillstandes hatte das ukrainische Militär nach eigener Darstellung die Grenzregion wieder unter seine Kontrolle gebracht und damit die Nachschubwege der Rebellen abgeschnitten. Poroschenko will die vom ihm erklärte Waffenruhe nutzen, um einen Friedensplan umzusetzen, der das Land befrieden soll. Die Feuerpause begann am Freitag um 22.00 Uhr Ortszeit und soll bis zum 27. Juni andauern.
Bundeskanzlerin Angela Merkel und Außenminister Frank-Walter Steinmeier riefen Regierung wie Separatisten dazu auf, die Waffenruhe einzuhalten. Steinmeier bezog am Rande einer Türkei-Reise ausdrücklich Russland mit ein: "Wir erwarten, dass dieser Friedensplan unterstützt wird, auch aus Moskau, das die Grenze zur Ukraine sichern und auf die Separatisten in der Ost-Ukraine einwirken muss." Die USA und die EU haben Russland mit empfindlichen Wirtschaftssanktionen gedroht, sollte es nicht zur Deeskalation beitragen. Am Freitagabend hatte US-Präsident Barack Obama darüber mit Merkel und dem französischen Präsidenten Francois Hollande telefoniert. Die Sanktionsentscheidung könnte auf dem EU-Gipfel kommende Woche in Brüssel fallen.
Ungeachtet dessen versetzte Russlands Präsident Wladimir Putin nach einem Bericht der Nachrichtenagentur Itar Tass seine Truppen im Zentrum des Landes in volle Gefechtsbereitschaft. Damit solle die Einsatzbereitschaft der rund 2000 Kilometer von der Ukraine entfernt stationierten Truppen überprüft werden, hieß es. Verteidigungsminister Sergej Schoigu erklärte, es gehe unter anderem darum, die Verlegung von Truppen über große Entfernungen zu üben. Auch Fallschirmjäger seien an den Manövern beteiligt