Politik

Finanzkrise: Zahl der Selbstmorde in Italien deutlich gestiegen

Lesezeit: 1 min
22.08.2012 02:43
Erst vor eineinhalb Wochen zündete sich ein 54-jähriger Italiener vor dem Parlament in Italien an, um auf sein Leid hinzuweisen. Er starb wenig später an den Verletzungen. Eine neue Studie hat nun ergeben, dass die gestiegene Zahl der Selbstmorde in Italien tatsächlich im Zusammenhang mit der Finanzkrise gesehen werden kann.
Finanzkrise: Zahl der Selbstmorde in Italien deutlich gestiegen

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Die Zahl der Selbstmorde ist in den vergangenen zwei Jahren in Italien deutlich gestiegen. Erst vor eineinhalb Wochen zündete sich ein 54-jähriger Italiener vor dem italienischen Parlament an, berichtete Reuters. Angelo di Carlo war arbeitslos und fand nur vorübergehend ab und an Arbeit. Bevor die Polizei die Flammen löschen konnten, waren 85 Prozent seines Körpers verbrannt. Er starb später im Krankenhaus an den Folgen seiner Verletzungen. Die Polizei geht davon aus, dass er mit dieser Tat auf seine finanziellen und sozialen Schwierigkeiten aufmerksam machen wollte.

Bereits im Mai hatten Witwen vor den Finanzämtern in Bologna protestiert und behaupteten , die Strenge der Sparmaßnahmen und die Steuererhebungen hätten ihre Männer in den Selbstmord getrieben. In Griechenland werden aufgrund von finanziellen Mitteln zunehmend auch mehr Kinder ausgesetzt (mehr hier). Dies war der Beweggrund für eine Studie, die ein Team von Forschern um den Professor Roberto De Vogli von der University of Michigan School of Public Health durchführte. Mittels der Daten des italienischen Statistikamtes hatten sie mit einem Regressionmodell festgestellt, dass die gestiegene Zahl der Selbstmorde in Italien tatsächlich im Zusammenhang mit der Finanzkrise zu sehen ist. Ein Vergleich der zeitlichen Trends der Krisenjahre 2008 bis 2010 mit den Jahren vor der Krise (2000 bis 2007) zeigte, dass es zwischen 2008 und 2010 290 mehr Suizide und Suizidversuche aus wirtschaftlichen Gründen gab als zuvor.

Diese „vorläufigen Ergebnisse“ weisen darauf hin, dass, wie es auch in anderen europäischen Ländern wie etwa Griechenland zu sehen ist, die große Rezession und die Sparmaßnahmen (…) erhebliches, menschliches Leid in der allgemeinen Bevölkerung verursacht haben“, wird Professor Roberto De Vogli in der Pressemitteilung der Universität zitiert. „Natürlich müssen diese Ergebnisse mit Vorsicht interpretiert werden.“ Mehr Forschung auf besseren Daten sei notwendig, um die konkreten Auswirkung der Krise auf die Selbstmorde zu untersuchen. „Allerdings sind die Tendenzen bei den Selbstmorden in Italien im Einklang mit denen in anderen europäischen Ländern zu sehen, in denen die Selbstmorde vor der Krise zurückgingen und nach dem Beginn des Jahres 2008 rapide anstiegen“, so Roberto De Vogli.

Er und sein Forscherteam unterstützen daher Forderungen nach stärkerer politischer Intervention, um die sozialen und wirtschaftlichen Bedürfnisse der Familien und Einzelpersonen, die ihre Arbeitsplätze, Wohnung oder Geschäfte aufgrund der Finanzkrise verloren haben, zu erleichtern.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Zu Weihnachten Zukunft schenken

Gerade zu Weihnachten wünschen sich viele Menschen, etwas von ihrem Glück zu teilen und sich für diejenigen zu engagieren, die es nicht...

DWN
Finanzen
Finanzen Kindergeld beantragen: Tipps und wichtige Infos für 2025
22.12.2024

Wussten Sie, dass Sie Kindergeld bis zu sechs Monate rückwirkend erhalten können? Dies gilt sowohl für Ihr erstes Kind als auch für...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Märchen vorbei? Steht Deutschlands Automobilindustrie vor dem Aus?
22.12.2024

Volkswagen in der Krise, Mercedes, BMW & Co. unter Druck – und hunderttausende Jobs stehen auf dem Spiel. Wie kann der Kampf um...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Credit Suisse-Debakel: Ausschuss sieht Schuld bei Bank
22.12.2024

Die Nervosität an den Finanzmärkten war im Frühjahr 2023 groß - drohte eine internationale Bankenkrise? Für den Schweizer...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Der Volkswagen-Deal: Worauf sich VW und die IG Metall geeinigt haben
22.12.2024

Stellenabbau ja, Werksschließungen nein: Mehr als 70 Stunden lang stritten Volkswagen und die IG Metall um die Sparmaßnahmen des...

DWN
Technologie
Technologie Webasto-Geschäftsführung: „Der Einsatz von KI ist eine strategische Notwendigkeit“
22.12.2024

Angesichts des wachsenden Drucks durch die Transformation hin zur Elektromobilität und steigender Kosten in der Branche sprechen Markus...

DWN
Panorama
Panorama Vollgas in die Hölle: Arzt gab sich als Islamkritiker und Musk-Fan - wirr, widersprüchlich!
21.12.2024

Er galt bei den Behörden nicht als Islamist, präsentierte sich als scharfer Kritiker des Islams. Er kämpfte für Frauenrechte und...

DWN
Panorama
Panorama Magdeburg: Anschlag auf Weihnachtsmarkt - fünf Tote, 200 Verletzte - Verdächtiger ist verwirrter Islam-Gegner
21.12.2024

Einen Tag nach der tödlichen Attacke auf dem Weihnachtsmarkt in Magdeburg sitzt der Schock tief. Erste Details zum Tatverdächtigen werden...

DWN
Immobilien
Immobilien Grundsteuer 2025: Alles rund um die Neuerung
21.12.2024

Ab Januar 2025 kommt die neue Grundsteuer in Deutschland zum Einsatz. Viele Hausbesitzer und künftige Käufer sind besorgt. Und das...