Die Kämpfer der radikal-islamischen Isis-Miliz festigen ihre Kontrolle über den Nordwesten des Irak. Am Sonntag nahmen sie irakischen Militärkreisen zufolge in der Provinz Anbar drei weitere Städte ein. Die Sunniten-Miliz kontrolliert damit große Gebiete beiderseits der syrisch-irakischen Grenze. Die syrische Luftwaffe griff auf syrischem Gebiet mehrere Isis-Stellungen an. Zugleich mehren sich Berichte über Scharmützel unter rivalisierenden Sunniten-Gruppen im Irak. Die irakische Regierung mobilisiert ihrerseits weiter schiitische Freiwillige für den Kampf gegen Isis.
Die Regierungstruppen hätten sich am Sonntagmorgen aus den Ortschaften Rawa, Ana und Rutba zurückgezogen, sagte ein Vertreter des irakischen Militärgeheimdienstes. Kurz darauf seien Isis-Kräfte eingerückt. Am Freitag hatten die Extremisten bereits den Grenzübergang zu Syrien Al-Kaim eingenommen. Durch die Eroberung des Grenzpostens kann die Extremistengruppe nunmehr unbehindert Waffen ihre Kämpfer im Irak und Syrien mit Waffen versorgen. Die Islamisten streben die Errichtung eines Gottesstaates vom Irak bis zum Mittelmeer an.
Die Isis eroberte nach Angaben der syrischen Opposition auch drei strategisch wichtige syrische Städte im Grenzgebiet. Im syrischen Bürgerkrieg kämpft die Isis gegen Regierungstruppen sowie gegen andere Islamisten-Gruppen. Kampfflugzeuge der syrischen Luftwaffe bombardierten am Samstag Isis-Stellungen an der Grenze. Allein 16 Menschen kamen bei einem Angriff auf die Ortschaft Muhassan ums Leben. Die Stammesältesten des Ortes hatten sich am Vortag der Isis angeschlossen.
Im Irak ist Isis in den vergangenen Tagen nach einer Blitzoffensive ins Umland von Bagdad vorgestoßen. Die Miliz kontrolliert bereits die größte Stadt des irakischen Nordens, Mossul. Ihre Kämpfer griffen auch die nördlich von Tikrit gelegene Stadt Al-Alam an. Das Staatsfernsehen berichtete von 40 getöteten Isis-Kämpfern.
In der irakischen Hauptstadt Bagdad versucht die schiitische Regierung derweil, den Widerstand zu organisieren. Am Samstag paradierten Tausende Freiwillige in Tarnanzügen durch das Slumviertel Sadr.
Wie im benachbarten Syrien regt sich auch im Irak unter den Sunniten Widerstand gegen die Isis. In Hawidscha, südwestlich von Kirkuk kam es nach Stammesangaben zu Gefechten mit der "Nakschbandi-Armee", einem Zusammenschluss früherer Armeeoffiziere und Anhänger der Baath-Partei des gestürzten Präsidenten Saddam Hussein. Dabei seien zehn Menschen getötet worden.
Ungeachtet des Vormarsches der sunnitischen Isis sprach sich das geistliche Oberhaupt im schiitischen Iran, Ajatollah Chamenei, nachdrücklich gegen eine Intervention der USA in dem Nachbarland aus. Die Iraker seien selbst in der Lage, die Gewalt zu stoppen, sagte er am Sonntag der Nachrichtenagentur Irna zufolge. Der Konflikt sei kein religiöser, sondern werde zwischen denjenigen ausgetragen, die den Irak an der Seite der USA sehen wollten und denjenigen, die sich für die irakische Unabhängigkeit einsetzten. Die USA hatten die Entsendung von 300 Sondereinsatzkräften zur Beratung der irakischen Regierung bei der Rückeroberung der von Isis eroberten Gebiete angeboten (mehr hier).