Technologie

Neue Solarzelle verwandelt Sonnenenergie direkt in Wasserstoff

Lesezeit: 2 min
27.11.2014 10:24
Schweizer Wissenschaftler entwickeln Solarzellen, die die Photosynthese der Pflanzen nachahmen. Aus Sonnenlicht und Wasser sollen synthetische Brennstoffe wie Wasserstoff gebildet werden. Eine dem Mottenauge nachempfundene Beschichtung fängt das Licht ein und wandelt dessen Energie vollständig um.
Neue Solarzelle verwandelt Sonnenenergie direkt in Wasserstoff

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Forscher haben eine photo-elektrochemische Zelle dem Mottenauge nachempfunden und dadurch die Lichtausbeute drastisch erhöht. Die Zelle besteht aus billigen Grundstoffen: Eisen- und Wolframoxid.

Eisenoxid, also Rost, könnte die Solartechnik revolutionieren: Aus dem (meist unerwünschten) Stoff lassen sich Photoelektroden herstellen, die Wasser spalten und dadurch Wasserstoff erzeugen. So wird Sonnenenergie nicht erst in Elektrizität, sondern direkt in einen wertvollen Brennstoff umgewandelt.

Leider hat das Ausgangsmaterial so seine Tücken: Eisenoxid ist zwar unschlagbar billig und absorbiert genau in dem Wellenlängenbereich, in dem die Sonne am meisten Licht aussendet. Doch es leitet elektrischen Strom sehr schlecht und muss daher immer in Form äußerst dünner Filme verarbeitet werden, damit die Wasserspaltung funktioniert. Der Nachteil: Diese dünnen Filme absorbieren zu wenig vom eingestrahlten Sonnenlicht.

Den Empa-Forschern Florent Boudoire und Artur Braun ist es nun nach eigenen Angaben gelungen, dieses Problem zu lösen: Eine spezielle Mikrostruktur der Photoelektrode fängt das Licht buchstäblich ein und lässt es nicht mehr heraus. Die Grundlage für diese innovative Struktur bilden winzige Partikel aus Wolframoxid, das wegen seiner satten, gelben Farbe ebenfalls für Photoelektroden benutzt werden kann.

Die gelben Kügelchen werden auf einer Elektrode aufgetragen und dann mit einer hauchdünnen (nanoskaligen) Schicht Eisenoxid überzogen. Fällt von Außen Licht auf die Partikel, wird es in innen mehrfach hin und her reflektiert. Schließlich ist alles Licht absorbiert, und die gesamte Energie steht für die Spaltung von Wassermolekülen zur Verfügung. Auf diese Weise erzeugt die Photozelle aus Wasser den ökologisch vorteilhaften Brennstoff Wasserstoff.

Im Grunde funktioniere die neu erdachte Mikrostruktur wie das Auge einer Motte, erklärt Florent Boudoire: Die Augen von Nachtfaltern müssen viel Licht einsammeln – und dürfen so wenig wie möglich reflektieren, sonst wird der Falter entdeckt und gefressen. Die Mikrostruktur dieser Augen ist speziell auf die Wellenlänge des Lichts angepasst. Die Photozelle der Empa nutzt den gleichen Effekt.

Um künstliche Mottenaugen aus Metalloxidkügelchen herzustellen, besprühte Florent Boudoire eine Glasscheibe mit einer Suspension aus Kunststoffpartikeln, die in ihrem Inneren jeweils ein Tröpfchen Wolframsalzlösung enthielten. Die Partikel bedecken das Glas wie eine Schicht Murmeln, die dicht aneinander liegen. Dann steckte er das Ganze in den Ofen; der Kunststoff verbrennt, und aus den einzelnen Tröpfchen der Salzlösung entstehen die gewünschten Wolframoxidkügelchen. In einem weiteren Sprühvorgang wird diese Struktur mit Eisensalz überzogen und erneut im Ofen erhitzt.

Nun könnte man das Mixen, Sprühen und Brennen für reine Alchemie halten – für eine Versuchsreihe, die Zufallstreffer erzielt. Doch parallel zu ihren Experimenten haben die Forscher Modellrechnungen am Computer durchgeführt und das „Einfangen des Lichts“ in den Kügelchen am Computer simuliert.

Das Ergebnis der Simulationen stimmte mit den Versuchen überein, wie Projektleiter Artur Braun bestätigt. Es ist klar zu erkennen, wie viel das Wolframoxid zum Photostrom beiträgt und wie viel das Eisenoxid. Und: je kleiner die Kügelchen sind, desto mehr Licht landet auf dem Eisenoxid, das die Kügelchen überdeckt. In einem nächsten Schritt wollen die Forscher untersuchen, welche Effekte mehrere übereinander liegende Schichten von Kügelchen auslösen können. Die Arbeit an der Mottenaugen-Solarzelle geht also weiter.

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..


Mehr zum Thema:  

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Russlands hohe Öl-Exporte riskieren Streit mit OPEC
07.06.2023

Russland hat eigentlich eine Drosselung seiner Rohöl-Förderung angekündigt. Doch die Exporte auf dem Seeweg sind weiter stark. Nun...

DWN
Finanzen
Finanzen Digitaler Euro: Rechtsrahmen steht noch in diesem Monat
07.06.2023

Die Einführung eines digitalen Euro nimmt immer mehr an Fahrt auf. Dabei will die Europäische Kommission noch in diesem Monat Vorschläge...

DWN
Politik
Politik EU-Kommission geht gegen neues polnisches Gesetz vor
07.06.2023

Der Ton aus Brüssel nach Warschau wird schärfer. Die EU-Kommission will nun gegen ein neues Gesetz in Polen vorgehen.

DWN
Finanzen
Finanzen Bundesbank-Vorstand: Europa hat bei Digitalgeld-Projekt die Nase vorn
07.06.2023

Laut Bundesbank-Vorstand Joachim Wuermeling hat Europa bei der Einführung einer digitalen Währung einen Vorsprung vor China und den USA....

DWN
Politik
Politik Dublin-Abkommen vor dem Aus: EU plant verschärfte Regeln für Asylbewerber
07.06.2023

Am Donnerstag sollen die EU-Innenminister in der Frage der strittigen Reform des EU-Asylsystems zusammenkommen. Noch kurz vor den...

DWN
Politik
Politik „Air Defender 2023“: Nato startet größtes Luft-Manöver seiner Geschichte
07.06.2023

Das westliche Militärbündnis startet das größte Luftmanöver seiner Geschichte. Deutschland fällt dabei eine Schlüsselrolle zu.

DWN
Politik
Politik ARD-Chef Gniffke: „Wir werden für eine Erhöhung der Rundfunkbeiträge kämpfen“
06.06.2023

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk will den Beitrag ab 2024 erhöhen – trotz Gesamteinnahmen von über 8 Milliarden Euro im Jahr....

DWN
Immobilien
Immobilien US-Banken verkaufen eilig Gewerbeimmobilien-Kredite
06.06.2023

Auch wenn Kreditnehmer ihre Rückzahlungen pünktlich geleistet haben, wollen große US-Banken Hunderte von Millionen Dollar an...