Unternehmen

Bundesregierung fürchtet EuGH-Urteil: Energie-Wende auf der Kippe

Lesezeit: 1 min
30.06.2014 16:50
Der Europäische Gerichtshof könnte am Dienstag entscheiden, dass Deutschland auch aus den EU-Nachbarländern importierten Ökostrom fördern muss. Den deutschen Stromkonsumenten drohen massive Preissteigerungen. Denn sie müssten die Subventionen der ausländischen Stromkonzerne bezahlen. Die Energiewende steht auf der Kippe.

Mehr zum Thema:  
Europa >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Europa  

Der deutschen Energiewende droht heftiger Gegenwind aus Luxemburg. Am Dienstag wird der Europäische Gerichtshof (EuGH) voraussichtlich entscheiden, dass auch importierter Ökostrom innerhalb der EU gefördert werden muss. Damit würde ein Grundpfeiler des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) ins Wanken geraten.

Ökostrom-Produzenten in den Nachbarländern dürften dann in Scharen die vergleichsweise üppigen deutschen Fördertöpfe anzapfen. Da die Subventionen über eine Umlage letztlich von den Verbrauchern gezahlt werden, müssten diese mit einer Kostenexplosion rechnen.

Der Spruch der Luxemburger Richter ist auch brisant für den aktuellen Ökostrom-Streit zwischen der EU-Kommission und der Bundesregierung: Die Brüsseler Behörde hat die Umlage, die Deutschland auf Importstrom erhebt, als zollgleiche Abgabe kritisiert und Änderungen verlangt. Darauf ließ sich die Bundesregierung bei der aktuellen EEG-Reform aber nicht ein. Sie riskiert damit, dass die EU-Kommission kein grünes Licht gibt.

Brüssel könnte nun durch das Urteil Rückenwind bekommen: „Mögliche Konsequenz einer solchen Entscheidung des EuGH könnte sein, dass auch das deutsche Fördersystem für Strom aus ausländischen Anlagen geöffnet werden müsste“, sagt der Energieexperte der Anwaltskanzlei Clifford Chance, Peter Rosin.

Im konkreten Fall geht es um eine Beschwerde des finnischen Unternehmens Alands Vindkraft: Es erzeugt zwar Windkraft in Finnland, ist aber mit dem schwedischen Netz verbunden. Alands Vindkraft will den Strom nach Schweden exportieren und in den Genuss des dortigen Fördersystems kommen.

Generalanwalt Yves Bot hatte die Sichtweise der Finnen unterstützt und im Januar erklärt, die Ökostrom-Förderung könne zwar grundsätzlich territorial beschränkt werden, das Recht auf freien Warenverkehr in der EU stehe dem aber entgegen. Deshalb sollten Teile der entsprechenden EU-Richtlinie für ungültig erklärt werden, wenn auch aus Gründen der Rechtssicherheit nicht sofort. Häufig folgen die Richter der Einschätzung des Generalanwalts.

Das Bundeswirtschaftsministerium hält zum einen die Folgerungen des Generalanwalts für falsch. Zum anderen argumentiert die Regierung, dass das Verfahren das schwedische Fördersystem betreffe, dieses aber mit dem deutschen nicht vergleichbar sei. Zugleich warnt sie jedoch vor Folgen, sollten die deutschen Fördertöpfe allen Europäern zugänglich gemacht werden: Dann würden alle Erzeuger von Strom aus Wasserkraft und Wind in das deutsche System wechseln.

Dessen ungeachtet hatte der Bundestag am Freitag die Neufassung des EEG beschlossen. Es soll, nachdem es den Bundesrat Anfang Juli passiert hat, zum 1. August in Kraft treten. Vorher wird auf ein Ja der EU und die Beilegung des Streits über den Importstrom gehofft. Der Zeitplan ist wichtig, weil es für die deutsche Industrie sonst kaum mehr möglich wäre, milliardenschwere Umlage-Ermäßigungen für das nächste Jahr zu beantragen.

 


Mehr zum Thema:  
Europa >

DWN
Politik
Politik Deutsche Soldaten an Russlands Grenze: Ein Zeichen der Stärke für das Baltikum?
06.10.2024

Estland, Lettland und Litauen rüsten auf, auch mit deutscher Hilfe. Kann die Machtdemonstration einen weiteren Konflikt mit Russland...

DWN
Panorama
Panorama 75 Jahre DDR-Gründung: Was bleibt von damals?
06.10.2024

Vor 35 Jahren endete die DDR durch die friedliche Revolution – anders als die dramatischen Anfänge des SED-Regimes. Doch die Spuren der...

DWN
Finanzen
Finanzen Zinswende in USA und Europa: Wie Anleger sich jetzt ideal aufstellen
06.10.2024

Die Notenbanken treiben die Angst vor der Rezession um und veranlassten sie zu Zinssenkungen. Was bedeutet die Zinswende für Anleger und...

DWN
Immobilien
Immobilien Kaminofenverbot ab 2025: Neue Grenzwerte und bis zu 50.000 Euro Strafe
06.10.2024

Ab 2025 tritt ein bundesweites Immissionsschutzgesetz in Kraft, nachdem viele Kaminöfen in deutschen Haushalten entweder modernisiert oder...

DWN
Panorama
Panorama 66 Jahre und noch längst kein Ende: Was bedeutet es, heute alt zu sein?
06.10.2024

Die Generation der aktiven Senioren fährt E-Bike und trainiert im Fitnessstudio: Immer mehr Menschen in Deutschland werden deutlich älter...

DWN
Immobilien
Immobilien Immowelt-Umfrage: So viel kostet die Energiesanierung Immobilienbesitzer
06.10.2024

Laut einer Umfrage geben Immobilienbesitzer 2024 im Durchschnitt 37.000 Euro für Energiesanierungen aus. Ein stolzer Betrag, wobei mehr...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Umstellung auf die E-Rechnung ab 2025: Was das für Unternehmen bedeutet
05.10.2024

Ab Januar 2025 wird sie Pflicht – die E-Rechnung. Deutsche Unternehmen sind ab dann verpflichtet, im Geschäftsverkehr mit anderen...

DWN
Politik
Politik Nato-Führungswechsel: Startet Rutte eine neue Ära?
05.10.2024

Die Suche nach einem neuen Nato-Generalsekretär dauerte länger als ursprünglich gedacht. Nun kommt es jedoch zum erwarteten Wechsel....