Technologie

Statt Asphalt: Autos sollen künftig auf Solar-Straßen fahren

Eine stabile Glasschicht soll künftig den Asphalt ersetzen. Darin eingearbeitete Solarpanele wandeln die Sonnenstrahlen in Energie um. Die Technologie soll die Straßen beleuchten und beheizen.
04.11.2014 11:19
Lesezeit: 3 min

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Die Grundidee ist Solarzellen auf jeder Art von Fahrbahn einzusetzen. Dabei soll eine stabile Glasschicht als Asphaltersatz dienen und die Sonnenstrahlen durchlassen. Die Wege könnten gleichzeitig beheizt und beleuchtet werden. Es gäbe mehr Energie als nötig und besonders umweltfreundlich soll die Idee ebenfalls sein.

Auf den ersten Blick wirken die Solar-Fahrbahnen sensationell. Schier unbegrenzte Energie, kein Eis mehr auf der Straße, dank Heizung und ein gigantischer Strom-Überschuss für alle. Doch wie realistisch ist die Idee wirklich? Um das herauszufinden hat die Firma Solar Roadways 2009 von der US-Transportbehörde $100.000 erhalten. Damit wurde ein Parkplatz mit den Solar-Konstruktionen ausgestattet. Scheinbar war das Ergebnis zufriedenstellend, denn zwei Jahre später flossen weitere $750.000 vom Department of Transportation.

Diese erneute Finanzspritze verwendeten die beiden Ingenieure Julie und Scott Brusaw um ihr Konzept auf einer größeren Fläche umzusetzen. Auf ihrer Homepage berichten sie über die Fortschritte mit dem Projekt. Diesmal war die Fläche bereits 3,7 x 11,0 Meter. Mit sechseckigen Solarfeldern, die mit Glas überzogen sind, entstand die zweite Version der Solar-Fahrbahnen. Als Fundament wird dabei Zement verwendet. In dieser Ausführung können die Solarpanele beheizt werden und mit Hilfe von LEDs auch beleuchtet. Dabei besteht sogar die Möglichkeit verschiedene Zeichen darzustellen, so dass Fahrspuren und Geschwindigkeitsbegrenzungen angezeigt werden. Alles, was jetzt bereits auf Asphaltstraßen zu sehen ist, bieten die Solar-Fahrbahnen – und noch viel mehr.

Die solarbetriebenen Sechsecke erlauben laut dem Ingenieur-Pärchen eine flexible Bauweise. Dadurch sind Kurven und Hügel einfacher zu abzudecken. Sogar die Belastung wurde bereits getestet. Ein einzelnes Solarfeld soll dabei 110.000 Kilo Gewicht aushalten. Fragen die dabei noch nicht beantwortet sind, beziehen sich auf die dauerhafte Belastung. Einer einmaligen Belastung von 110 Tonnen widerstehen zu können, ist gut. Doch unsere heutigen Straßen werden sekündlich von vielen einzelnen Tonnen per Auto und LKW belastet. Ein Ausdauerteststeht noch aus.

Auch über die Kosten für Bau und Instandhaltung schweigen sich die Ingenieure aus. Genauso wie über die Haltbarkeit der Solarpanele bei schwankenden Temperaturen. Die Idee mit der Fußbodenheizung auf der Straße klingt überzeugend. Doch wie verhält sich das Glas und die darunterliegende Technik, wenn Temperaturen deutlich unter dem Gefrierpunkt erreicht werden? Genau das Gegenteil wird im Hochsommer interessant. Während der Asphalt aufbricht und bei großer Hitze Risse verursacht, gibt es noch keinen Praxistest für die Glaspanele.

Trotz dieser vielen Fragezeichen sind schon viele Menschen von diesem Konzept überzeugt. Im April diesen Jahres wurde das Projekt auf der Crowdfunding-Plattform Indiegogo für die breite Masse zugänglich gemacht. Die Gründer baten um finanzielle Unterstützung, um die Solar Roadways weiter voranzubringen. Das Projekt bat online um $1 Million und der Zuspruch war enorm. Im Mai wurde die Finanzierung deshalb um einen weiteren Monat verlängert und insgesamt kamen $2,2 Millionen an Einnahmen zusammen.

Ein weiterer Punkt ist der vermutliche Kostenfaktor. Während die Brusaws sich bedeckt halten, sind online bereits erste Hochrechnungen aufgetaucht. Allein in den USA könnten laut den Erfindern knapp 65.000 km² an Fläche mit den Solarpanelen abgedeckt werden. Nicht nur Fahrbahnen stehen zur Option, sondern auch Flughäfen, Parkplätze, Fußwege und Spielplätze. Rechnet man diese gesamte Fläche einmal in Glasplatten um, die pro Quadratmeter etwa $300 kosten, kommen als Kostenpunkt 19,5 Billionen Dollar heraus. Nur für das Glas. Dabei sind weder Solarbauteile noch anderes elektronisches Material berücksichtigt. Die von den beiden Ingenieuren vorgestellte Möglichkeit hierfür Altglas zu recyclen ist grundsätzlich ein guter Gedanke. Allzu dunkel darf diese Mischung allerdings nicht sein – schließlich sollen noch Sonnenstrahlen durch die Glasschicht dringen. Die Lichtdurchlässigkeit ist demnach ein weiterer Faktor, der noch ungeklärt ist.

Abgesehen von der finanziellen Umsetzung ist die Beschaffenheit der Glasplatten bei Nässe ein fragwürdiger Punkt. Bei trockener Fahrbahn mag ein Auto ausreichend Traktion haben, um entsprechend beschleunigen und verzögern zu können. Doch wie sich die Situation bei Regen oder per Bodenheizung aufgetautem Schnee verhält, wurde noch nicht beschrieben. Außerdem ist auch nicht klar, ob im Winter tatsächlich bei langanhaltendem Schneefall die Solarpanele ausreichend Sonnenstrahlen erhalten, um die Fahrbahn wirklich aufwärmen zu können. Das mag mit einem gut ausgebautem Stromnetz funktionieren, dass die Sonne in Florida die Panele in New York und Boston beheizt, aber schließlich sprechen wir hier von den USA. Wie anfällig deren Powergrid ist, wird in jedem zweiten Actionfilm thematisiert. Die regelmäßigen Stromausfälle allein in Kalifornien sind Beweis genug.

Dafür aber, dass die Firma Solar Roadways gerade einmal 8 Jahre alt ist, hat sie schon viel bewegt. Wenn sie sich in dem Tempo weiterentwickeln wie bisher, kann früher oder später tatsächlich ein realistisch umsetzbares Modell entstehen. Schließlich gilt es zu berücksichtigen, dass die primäre Arbeit auf den Schultern von lediglich zwei Ingenieuren beruht. Wie viele Firmen wollen mit äquivalenten Methoden die Welt verbessern und haben deutlich mehr Budget und Mitarbeiter? Insofern gilt es abzuwarten und mit Solar-Fahrbahnen nicht zu hart in Gericht zu gehen.

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