Unternehmen

Libor-Skandal: London schont britische Großbank

Lesezeit: 2 min
28.07.2014 17:49
Die britische Großbank Lloyds muss 275 Millionen Euro Strafe zahlen. Die Strafe fällt damit deutlich geringer aus als die der Konkurrenten. Lloyds hatte unter anderem versucht, die Zinssätze für ihre eigenen Staatshilfen zu manipulieren.
Libor-Skandal: London schont britische Großbank

Der Skandal um manipulierte Zinsen kostet die britische Bank Lloyds umgerechnet 275 Millionen Euro. Lloyds einigte sich mit den Aufsichtsbehörden in den USA und in Großbritannien in einem Vergleich auf die Zahlung von 218 Millionen Pfund, wie die Bank und die Behörden am Montag mitteilten. Lloyds ist die elfte Bank weltweit, die eine Geldbuße wegen der Manipulation des Libor-Interbankenzinses oder anderer Zinssätze zahlen muss. Insgesamt haben Großbanken und Brokerhäuser fast fünf Milliarden Euro für den Skandal gezahlt. Als nächste könnten die Aufseher in Großbritannien und den USA sich die Deutsche Bank vorknöpfen.

Allein auf dem in London berechneten Libor-Zinssatz basieren Finanzprodukte im Volumen von 450 Billionen Dollar - von der einfachen Hypothek bis zu komplizierten Finanzderivaten. Bei der Lloyds Bank kam erschwerend hinzu, dass sie neben dem Libor auch den Refinanzierungssatz des britischen Bankenverbandes BBA zu manipulieren versucht hatte. Darauf fußen auch die Gebühren für die Liquiditätsspritzen der britischen Regierung, mit denen sie in der Finanzkrise den Banken unter die Arme griff - auf Kosten des Steuerzahlers. Lloyds und die Hypothekentochter HBOS waren die größten Nutznießer des Programms, der Staat ist noch mit 25 Prozent an ihr beteiligt.

Notenbank-Chef Mark Carney schrieb an Aufsichtratschef Lord Norman Blackwell, die Manipulationen könnten strafrechtliche Konsequenzen für die Schuldigen haben. Aufsichtsratschef Lord Blackwell schrieb zurück: „Das war ein wirklich schockierendes Verhalten, ausgerechnet in einer Zeit, als die Bank von öffentlicher Hilfe abhängig war.“

Insgesamt kommt Lloyds aber glimpflicher davon als die Konkurrenten Barclays und Royal Bank of Scotland, denen die Behörden in der Libor-Affäre umgerechnet 338 und 458 Millionen Euro abgeknöpft hatten. Für ihre Bereitschaft zu einer schnellen Einigung bekam Lloyds 30 Prozent Strafrabatt. Das US-Justizministerium erklärte, „auch wenn das Fehlverhalten beim Libor schwer war, war es im Vergleich zu anderen Libor-Banken doch begrenzt“. Die US-Aufsichtsbehörde CFTC sprach von „einigen Fällen“, in denen der Pfund- und Yen-Libor manipuliert worden seien. Es geht um den Zeitraum zwischen 2006 und 2009. Bei der Bank of Scotland, die später von Lloyds übernommen wurde, hatten Händler nach Angaben der Londoner Bankenaufsicht FCA sogar von Vorgesetzten die Anweisung bekommen, niedrige Sätze anzugeben.

Lloyds-Vorstandschef Antonio Horta-Osorio bezeichnete die aufgedeckten Verhaltensweisen als „absolut inakzeptabel“. Die Bank habe viel unternommen, damit so etwas nie wieder vorkomme. Ein Großteil des Investmentbanking sei eingestellt worden, im Ausland sei die Bank heute in weniger als zehn Ländern vertreten statt in mehr als 30. Die Schuldigen hätten die Bank verlassen, seien suspendiert worden oder müssten sich Disziplinarverfahren stellen. Der Chef der britischen Bankenaufsicht FCA, Martin Wheatley, hatte vor zwei Wochen gesagt, die Behörden hätten sich zunächst die gravierendsten Fälle vorgenommen. Das weckt Hoffnungen beim nächsten Anwärter auf einen Vergleich, der Deutschen Bank.

Behörden rund um den Globus untersuchen schon seit mehreren Jahren, ob Händler an internationalen Referenzzinssätzen wie Libor und Euribor geschraubt haben, um sich Handelsgewinne zu verschaffen. Dabei wurden Tausende E-Mails und Chatbeiträge nach verdächtigen Absprachen durchforstet. Im Mittelpunkt steht die Frage, ob es um Verfehlungen Einzelner geht oder ob es Druck von oben gab und die Tricksereien System hatten. Die EU-Kommission hatte wegen der Absprachen beim Euribor Kartellstrafen verhängt - so musste die Deutsche Bank damals 725 Millionen Euro zahlen. Auch die deutsche Finanzaufsicht Bafin hat ihre Libor-Sonderprüfung bei der Deutschen Bank noch nicht abgeschlossen.

 

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft OWZE-Prognose 2024: Minimales Wirtschaftswachstum für Deutschland erwartet
02.05.2024

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OWZE) geht von einem minimalen Wirtschaftswachstum für Deutschland...

DWN
Finanzen
Finanzen Deutschland im Investitionstief: Rückgang setzt Wirtschaft unter Druck
02.05.2024

Deutschlands Attraktivität für ausländische Investitionen schwindet weiter: 2023 markiert den niedrigsten Stand seit 2013. Manche...

DWN
Politik
Politik 1.-Mai-Demonstrationen: Gewerkschaften fordern dringend Gerechtigkeit
02.05.2024

Am Tag der Arbeit kämpfen Gewerkschaften für bessere Arbeitsbedingungen. Ihre Spitzenvertreter betonten die Notwendigkeit von...

DWN
Politik
Politik Militärhistoriker Lothar Schröter im DWN-Interview: Die Folgen des Massenmords von Odessa 2014
02.05.2024

Der Militärhistoriker Lothar Schröter ordnet im DWN-Interview den Massenmord in Odessa vom 2. Mai 2014 ein. Dabei geht er auch auf die...

DWN
Politik
Politik DWN-Interview: Ukraine-Krieg - Zehn Jahre nach dem Massenmord von Odessa
02.05.2024

Am 2. Mai 2014 ist es in der ukrainischen Stadt Odessa zu einem Massenmord gekommen, bei dem fast fünfzig Menschen qualvoll ums Leben...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin als Geldanlage: „Das ist gleichzusetzen mit einem Besuch im Casino“
02.05.2024

Bitcoin entzweit trotz neuer Kursrekorde die Anlegergemeinschaft. Die einen halten große Stücke auf den Coin, die anderen sind kritisch....

DWN
Immobilien
Immobilien Balkonkraftwerk mit Speicher: Solarpaket könnte Boom auslösen - lohnt sich der Einbau?
01.05.2024

Balkonkraftwerke aus Steckersolargeräten werden immer beliebter in Deutschland. Insgesamt gibt es aktuell über 400.000 dieser sogenannten...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Weltweite Aufrüstung verschärft Knappheit im Metallsektor
01.05.2024

Die geopolitischen Risiken sind derzeit so groß wie seit den Hochzeiten des Kalten Krieges nicht mehr. Gewaltige Investitionen fließen in...