Unternehmen

Nach Portugal: Banken-Krise erreicht Frankreich

Lesezeit: 2 min
06.08.2014 02:26
Die marode Banco Espírito Santo bringt mit der Crédit Agricole eine der größten französischen Banken in Bedrängnis. Der Ausfall der BES schlägt sich mit mehr als 700 Millionen Euro Verlust bei den Franzosen nieder. Der Vorstand fühlt sich von der portugiesischen Banker-Familie hintergangen.
Nach Portugal: Banken-Krise erreicht Frankreich

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Die Krise der portugiesischen Banco Espírito Santo (BES) zieht weitere Kreise in der Finanzbranche. Das französische Geldhaus Crédit Agricole schrieb seine Beteiligung von knapp 15 Prozent an BES am Dienstag auf null ab, wie das Institut mitteilte.

Die Wertberichtigung und der jüngste Milliardenverlust von BES, die sich mit als 708 Millionen Euro in der Bilanz von Crédit Agricole niederschlugen, ließen den Gewinn im zweiten Quartal fast komplett zusammenschrumpfen. Auch die brasilianische Bank Bradesco, die 3,9 Prozent an BES hält, schrieb ihre Beteiligung vollständig ab - um 118 Millionen Euro.

Die BES war in den Zusammenbruch des Firmenimperiums der Gründerfamilie Espírito Santo hineingezogen worden und muss mit fast fünf Milliarden Euro aufgefangen werden. Portugal gibt dafür einen 4,9 Milliarden Euro schweren Kredit. Die Bank wird aber mit europäischem Steuergeld gerettet. Die Portugiesen hatten noch einige Milliarden aus dem ersten EU-Rettungs-Paket übrig (mehr dazu hier).

Crédit-Agricole-Vorstandschef Jean-Paul Chifflet fühlt sich hintergangen: „Wir können nur bedauern, dass wir von der Familie in die Irre geführt wurden, mit der Crédit Agricole eine echte Partnerschaft einzugehen versucht hatte“, zitiert ihn die FT.

Crédit Agricole werde sich der juristischen Aufarbeitung anschließen, die die neue BES-Führung eingeleitet habe. Diese hatte entdeckt, dass die Bank noch Ende Juni der Familie finanziell zu Hilfe geeilt war, als deren Imperium schon dem Untergang geweiht war.

Crédit Agricole ist seit Anfang der 1990er-Jahre Aktionär von BES. Bis Ende 2013 stellten die Franzosen dort sogar fünf Mitglieder des Verwaltungsrats, mit Xavier Musca und Bruno de Laage waren darunter zwei ihrer vier stellvertretenden Chefs. Derzeit ist Crédit Agricole noch mit zwei Verwaltungsräten bei BES vertreten.

Unter dem Strich blieben bei Crédit Agricole von April bis Juni 17 Millionen Euro Gewinn übrig, 98 Prozent weniger als ein Jahr zuvor. Ohne die Sondereffekte wäre der Überschuss auf gut eine Milliarde (Vorjahr: 682 Millionen) Euro gestiegen.

Aktien von Crédit Agricole verteuerten sich am Dienstag um fünf Prozent auf 10,81 Euro. „Ehrlich gesagt haben wir die Sonderbelastung erwartet“, sagte ein Händler. Chifflet betonte, die Bank halte an dem Plan fest, den Nettogewinn durch Kostensenkungen und eine stärkere Durchdringung des französischen Marktes in zwei Jahren um mehr als 60 Prozent zu steigern. Crédit Agricole schreibt erst seit 2013 wieder schwarze Zahlen. Die Bank hatte sich aus Märkten wie Griechenland zurückgezogen und Minderheitsbeteiligungen verkauft.

Nicht nur in Frankreich macht sich die Pleite der Espírito Santo bemerkbar: Die SchweizerFinanzmarktaufsicht Finma hat erst kürzlich die Notbremse gezogen und den Notverkauf der Schweizer Tochter der Espírito Santo veranlasst. Die Folgen eines möglichen Konkurses der Espírito-Mutter seien nicht absehbar. Kunden, Vermögen und Berater gehen an ein anderes Geldhaus, die Bank selber bleibt bei den Portugiesen (mehr dazu hier).

 


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Die Edelmetallmärkte

Wegen der unkontrollierten Staats- und Unternehmensfinanzierung durch die Zentralbanken im Schatten der Corona-Krise sind derzeitig...

Jede Anlage am Kapitalmarkt ist mit Chancen und Risiken behaftet. Der Wert der genannten Aktien, ETFs oder Investmentfonds unterliegt auf dem Markt Schwankungen. Der Kurs der Anlagen kann steigen oder fallen. Im äußersten Fall kann es zu einem vollständigen Verlust des angelegten Betrages kommen. Mehr Informationen finden Sie in den jeweiligen Unterlagen und insbesondere in den Prospekten der Kapitalverwaltungsgesellschaften.

DWN
Politik
Politik DWN-Kommentar: Deutsche müssen über Abschiebungen diskutieren - mit aller Vorsicht
26.04.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Politik
Politik Tourismus-Branche: „In Hotellerie und Gastgewerbe ist noch nichts wieder in Ordnung“
26.04.2024

Die deutsche Tourismus-Branche, also Hotellerie und Gastronomie, firmiert neuerdings unter dem neuen Sammelbegriff „Gastwelt“ - auch um...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Bürokratieabbau: Ministerin fordert mehr Widerstandsfähigkeit und Effizienz
26.04.2024

Rheinland-Pfalz ist ein mittelständisch geprägtes Land. Gerade kleinere Betriebe hadern mit zu viel bürokratischem Aufwand.

DWN
Politik
Politik Hybride Bedrohungen: Drohnen-Flüge und psychologische Kriegsführung
26.04.2024

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius hat eindringlich vor hybriden Bedrohungen in Deutschland gewarnt. Gegen den Einsatz von...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Gallup-Studie: Globale Führungsbewertung 2024 - wie Deutschland unter Großmächten abschneidet
26.04.2024

Die Gallup-Studie 2024 zeigt die Stabilität und Herausforderungen in der globalen Führungsbewertung für Länder wie USA, Deutschland,...

DWN
Politik
Politik Habeck kontert Kritiker: „Energiekrise gemeistert und Strompreise gesenkt“
26.04.2024

Nach Kritik an Atomausstieg: Habeck und Lemke bestätigen, die Energieversorgung sei gesichert und nukleare Sicherheit gewährleistet.

DWN
Technologie
Technologie Künstliche Intelligenz: Wie sich Deutschland im internationalen Rennen positioniert
26.04.2024

Die Deutsche Industrie macht Tempo bei der KI-Entwicklung. Das geht aus einer kürzlich veröffentlichten Analyse des Deutschen Patent- und...

DWN
Immobilien
Immobilien Commerzbank-Studie: Immobilienpreise könnten weiter fallen
26.04.2024

Deutsche Wohnimmobilien verlieren weiter an Wert. Die Commerzbank sieht ein Abwärtspotenzial von 5 bis 10 Prozent, abhängig von...