Politik

Venezuela rationiert Lebensmittel: Nahrungs-Ausgabe nur mit Fingerabdruck

Venezuelas Regierung führt ein digitales System zur Überwachung der Bürger und Rationierung von Lebensmitteln ein. Dazu erfasst der Staat die Fingerabdrücke der Kunden im Supermarkt. Zu viel eines Produktes zu kaufen wird verboten. Maduro schiebt die Lebensmittelknappheit im Land auf Schmuggler, Kritiker machen seine verfehlte Wirtschaftspolitik dafür verantwortlich.
24.08.2014 23:56
Lesezeit: 2 min

"Schlange stehen vor dem Macro Margarita Supermarkt für zwei armselige Schachteln Cornflakes" schreibt diese Nutzerin auf Twitter."

"Ratet, ob dieser Supermarkt in Kuba steht oder in Venezuela" - ein beliebter Vergleich bei venezolanischen Twitter-Usern.

Venezolaner bekommen künftig Lebensmittel im Supermarkt nur noch gegen Fingerabdruck und Ausweispapiere. Präsident Maduro will die biometrischen Daten seiner Bevölkerung erfassen und so verbieten, das seine Bürger zu viel von einem einzelnen Produkt kaufen um es danach womöglich nach Kolumbien zu schmuggeln. Er macht Lebensmittelschmuggel für die zuletzt immer leereren Supermarktregale verantwortlich.

Die regierungskritische Zeitung El Nacional verurteilte die Maßnahme als „erniedrigend“. Damit werde lediglich der Mangel verwaltet in einem Land, das absolut nichts produziere, zitiert die Zeitung venezolanische Wirtschaftsexperten. Der Schmuggel sei ein Symptom, nicht jedoch die Ursache der Misere. Maduro wolle nur davon ablenken, dass sein wirtschaftliches Modell gescheitert sei.

Der sozialistische Präsident hingegen verdächtigt seine Bevölkerung, die durch staatliche Subventionen günstigen venezolanischen Lebensmittel auf dem Schwarzmarkt teuer nach Kolumbien weiterzuverkaufen. 40 Prozent der Lebensmittel landeten durch Schmuggel in Kolumbien, so die Behörden. Seit Montag werden deswegen die Grenzen zwischen 22 Uhr und 5 Uhr geschlossen. 135 Tonnen Lebensmittel und 20.000 Liter Benzin seien in der vergangenen Woche bereits konfisziert worden, 13 Schmuggler wurden verhaftet, berichtet die BBC.

Schätzungen zufolge beläuft sich die landesweit geschmuggelte Menge Treibstoff jedoch auf 100.000 Faß pro Tag. Venezuela gilt als erdölreichstes Land der Erde und ist der fünftgrößte Ölexporteur der Welt. Benzin wird in dem Land zudem stark subventioniert und ist sehr günstig, weswegen es sich profitabel in Kolumbien weiterverkaufen lässt. Circa 15 Prozent des kolumbianischen Benzins kommt aus Venezuela.

Venezuela ist in akuten Zahlungsschwierigkeiten, die in dem hochgradig importabhängigen Land zu Warenknappheit führen. Weil den Importeuren die Dollar für den Ankauf fehlen, liefern viele ausländische Produzenten inzwischen nur noch per Vorkasse. Auch Medikamente werden knapp, der Verband der Kliniken wollte nach Klinikschließungen bereits den humatitären Notstand ausrufen. Die Schulden bei Medikamenten-Zulieferern betragen nach berichten der NZZ bereits 350 Millionen Dollar. Auch Flüge nach und aus Venezuela werden knapp, weil die Regierung dutzende ausländische Fluglinien seit Monaten nicht bezahlt und inzwischen allein dafür mit vier Milliarden Dollar im Zahlungsrückstand steht. Zudem wird das Wasser  in vielen Teilen Venezuelas bereits wegen anhaltender Dürre rationiert. In Caracas bleibt die Leitung seit Monaten trocken, Tankwagen verteilen stattdessen das Trink-Wasser.

Maduro schiebt den Mangel an Geld, Waren und allem anderen auf einen angeblichen Wirtschaftskrieg Washingtons gegen sein Land. Er erhöhte daher jüngst die Telefongebühren in die USA um 500 Prozent.

Unzufriedenheit mit der Warenknappheit, hohe Kriminalität und Inflation haben im Januar tausende Venezolaner zu Protesten auf die Straße getrieben. Derzeit gilt Venezuela als eines der unsichersten Länder der Welt.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Trump dreht den Geldhahn zu: Kiew kämpft ohne Washington
02.07.2025

Donald Trump kappt Waffenhilfe für die Ukraine, Europa zögert, Moskau rückt vor. Doch Kiew sucht nach eigenen Wegen – und die Rechnung...

DWN
Panorama
Panorama Köln schafft den Begriff "Spielplatz" ab
02.07.2025

Köln verabschiedet sich vom traditionellen Begriff "Spielplatz" und ersetzt ihn durch "Spiel- und Aktionsfläche". Mit neuen Schildern und...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Tusk zieht die Grenze dicht – Spediteure schlagen Alarm
02.07.2025

Grenzkontrollen sollen Sicherheit bringen – doch für Spediteure und Industrie drohen Staus, teurere Transporte und Milliardenverluste....

DWN
Panorama
Panorama EU-Klimapolitik: Soviel Spielraum lässt das 90-Prozent-Ziel
02.07.2025

Die EU-Kommission hat sich ein ehrgeiziges Ziel gesetzt: Bis 2040 sollen die Emissionen massiv sinken, ein großer Schritt Richtung...

DWN
Technologie
Technologie DeepSeek zerstört Milliardenwerte: China-KI soll aus Europa verschwinden
02.07.2025

Ein chinesisches Start-up bringt Nvidia ins Wanken, Milliarden verschwinden in Stunden. Doch für Europa ist das erst der Anfang: Die...

DWN
Politik
Politik Gasförderung Borkum: Kabinett billigt Abkommen mit den Niederlanden
02.07.2025

Die Bundesregierung will mehr Gas vor Borkum fördern und stößt damit auf heftigen Widerstand von Umweltschützern. Das Vorhaben soll...

DWN
Immobilien
Immobilien Klimaanlage einbauen: Was Sie vor dem Kauf wissen müssen
02.07.2025

Die Sommer werden heißer – und die Nachfrage nach Klimaanlagen steigt. Doch der Einbau ist komplizierter, als viele denken. Wer nicht in...

DWN
Technologie
Technologie Balkonkraftwerke: 220.000 neue Anlagen binnen sechs Monaten
02.07.2025

Mehr als 220.000 neue Balkonkraftwerke sind in Deutschland binnen sechs Monaten ans Netz gegangen. Während Niedersachsen glänzt, fallen...