Unternehmen

Migranten gründen überdurchschnittlich oft ein Unternehmen

Zwanzig Prozent aller Gründer in Deutschland sind Migranten. Sie stammen aus der Türkei, Polen und Russland. Ein Drittel der Gründer aus dem Ausland schafft von Anfang an Arbeitsplätze. Migranten aus der EU neigen dagegen eher dazu, in lohnabhängigen Berufen zu arbeiten.
17.09.2014 17:29
Lesezeit: 2 min

Etwa jeder fünfte Gründer in Deutschland ist ein Migrant. Gründer machen eine Volkswirtschaft zukunftsfähig. Sie halten den Erneuerungs- und Effizienzdruck auf bereits bestehende Unternehmen hoch. Migranten tragen einen „höheren Beitrag zum Gründungsgeschehen bei, als es ihrem Anteil an der Bevölkerung entspricht“, berichtet die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW).

Sie nehmen dabei meistens eine Vollerwerbsgründung in Angriff. Unter ihnen gibt es aber auch einen großen Anteil an verhinderten Gründern – also Personen, die ihren Gründungsplan nach reiflicher Überlegung wieder verworfen haben. Als Begründung führen sie die Sorge an, einen attraktiven Job zu verpassen. Der Anteil der verhinderten Gründer hat sich von 2011 (22%) auf 2012 mehr als verdoppelt (48%).

Viele junge Migranten befinden sich unter den Gründern. „Der Anteil der bis zu 30 Jahre alten Gründer lag 2013 bei den Migranten mit 48 Prozent deutlich höher als bei den Gründern insgesamt mit 37 Prozent“, so die KfW. Viele schaffen durch eine Gründung direkt den Sprung aus der Erwerbsinaktivität (33% im Jahr 2012). Das bedeutet, dass sie vor der Gründung noch zur Schule gingen, studierten oder Vollzeit den Haushalt führten.

In den letzten Jahren regelmäßig zu beobachten sei dagegen ein unter Migranten höherer Anteil von Gründern, die aus der Arbeitslosigkeit gestartet sind (2013: 20%, 2012 14%). Eine Not zur Existenzgründung bestehe aber nicht. Migranten machen sich geringfügig häufiger aufgrund von mangelnden Erwerbsalternativen selbstständig als der durchschnittliche Gründer.

„Knapp 60 Prozent der Migranten gründeten 2013 aufgrund einer konkreten Geschäftsidee. Damit bringen sie häufiger Neuheiten auf den Markt“, so die KfW. Insofern beschäftigten 42 Prozent Migranten auch häufig von Anfang an Mitarbeiter. Insgesamt schaffen 29 Prozent der Gründer Arbeitsplätze.

Der Anteil von selbstständigen Migranten ohne Schulabschluss (44%) ist bedeutend höher als der des durchschnittlichen Gründers (23%). Im Ausland erworbene Schulabschlüsse werden in Deutschland oft nicht anerkannt. Mit dem Anerkennungsgesetz sollen sich die Chancen auf Anrechnung einer im Ausland vollbrachten Berufsausbildung jedoch verbessert werden.

Etwa 49 Prozent der Migranten unter 30 Jahren haben keinen Berufsabschluss. Der Anteil der Frauen unter den Gründern aus dem Ausland lag 2013 bei nur 34 Prozent, ein Rückgang um neun Prozentpunkte zum Vorjahr. Dafür sind Frauen bei den Nebenerwerbsgründern häufiger anzutreffen (49%).

Die meisten Gründer aus dem Ausland sind Türken (21%) sowie Migranten russischer (10%) oder polnischer (7%) Abstammung. Italienischer Abstammung sind noch fünf Prozent der Gründer mit Migrationshintergrund.

Die Gründungsneigung ausländischer EU-Bürger in Deutschland schwankte in den vergangenen Jahren relativ stark:

„Der Anteil von Personen aus den EU-28-Ländern an den Gründern unter den Migranten hat sich von 2008 bis 2011 halbiert (45% auf 22%), ist in den vergangenen beiden Jahren aber wieder bis über sein Ausgangsniveau gestiegen: 2013 kam knapp die Hälfte (48 %) der Gründer unter den Migranten aus Ländern der EU-28.“

Statistisch gesehen haben Migranten aus der EU eine etwas bessere Ausbildung und auch bessere Aussichten auf darauf, einen Arbeitsplatz zu bekommen. Das senkt jedoch ihren Anreiz, sich selbstständig zu machen.

Migranten sind im Handel überrepräsentiert (26%), zählt man Branchen zusammen sind es nur 16 Prozent. Ansonsten sind sie in den gleichen Branchen tätig, wie der durchschnittliche Existenzgründer.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

 

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis aktuell stabil: Deutsche Goldinvestments erholen sich – wie Anleger jetzt reagieren sollten
02.07.2025

In den vergangenen Wochen war die Goldpreis-Entwicklung von Volatilität geprägt. Das ist auch zur Wochenmitte kaum anders: Obwohl sich...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Hitzestress am Arbeitsplatz: Mehr Krankmeldungen bei Extremtemperaturen
02.07.2025

Extreme Sommerhitze belastet nicht nur das Wohlbefinden, sondern wirkt sich zunehmend auf die Arbeitsfähigkeit aus. Bei Hitzewellen...

DWN
Politik
Politik Europa vor dem Zerfall? Ex-Premier Letta warnt vor fatalem Fehler der EU
02.07.2025

Europa droht, zum Museum zu verkommen – oder zum Spielball von Trump und China. Italiens Ex-Premier Letta rechnet ab und warnt vor dem...

DWN
Politik
Politik Warum sprechen diese Woche alle über Trumps „Big Beautiful Bill“?
01.07.2025

Es ist Trumps größtes Prestigeprojekt. Doch welche Vor- und Nachteile hat das Gesetzespaket, das am Freitag unterschriftsreif auf dem...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kernenergie-Aktien explodieren um 542 Prozent: Anleger warnen vor Blasenbildung
01.07.2025

Kernenergie-Aktien feiern ein spektakuläres Comeback – befeuert durch den steigenden Strombedarf für Rechenzentren. Die Branche erlebt...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Svenska Digitaltolk: Dolmetscher-Gigant kauft KI-Unternehmen – Millionenumsatz prognostiziert
01.07.2025

Schwedens Dolmetscher-Gigant will Europas Übersetzungsmarkt aufrollen – mit KI, Millionenplänen und dem Griff nach Deutschland. Doch...

DWN
Politik
Politik Grenze zu – zumindest teilweise: Polen kontrolliert ab Montag
01.07.2025

Polen wird ab kommendem Montag vorübergehend wieder Grenzkontrollen an der Grenze zu Deutschland einführen. Das kündigte...

DWN
Politik
Politik Krankenkassen schlagen Alarm: Zusatzbeiträge könnten deutlich steigen
01.07.2025

Die gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) warnen vor Druck zu neuen Beitragserhöhungen ohne eine rasche Bremse für steigende Kosten....