Finanzen

Mächtigste Bank der Welt warnt zum dritten Mal vor einem Crash

Lesezeit: 2 min
21.10.2014 00:01
Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) warnt zum dritten Mal innerhalb kurzer Zeit vor einem Crash an den Finanzmärkten. Beobachter sind sich nicht ganz klar, was das bedeutet: Entweder der Crash kommt nun mit biblischer Sicherheit („und abermals krähete der Hahn“), oder die BIZ liegt falsch. Auch das wäre keine vertrauenerweckende Erkenntnis.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Die „Zentralbank der Zentralbanken“ warnt seit Monaten und in regelmäßigen Abständen deutlich vor einer erneuten Finanzkrise: Die lockere Geldpolitik der Notenbanken weltweit führe zu einer Gefahr für die Finanzstabilität. Die Märkte wiegen sich zudem in einer trügerischen Ruhe. Die Situation erinnere an das Krisenjahr 2008. Doch die Warnungen der BIZ verhallen ungehört.

Der Chef-Ökonom der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) warnt vor einer neuen Finanzkrise als Folge der anhaltend lockeren Geldpolitik. „In der Tat sehen wir das Risiko, dass die derzeitige Geldpolitik aus globaler Perspektive zu Gefahren für die Finanzstabilität führt“, sagte Claudio Borio, der die Abteilung für Volkswirtschaft und Geldpolitik leitet, der Zeitung Welt. „Das Zinsniveau scheint weltweit zu niedrig, um langfristig für Preis- und Finanzstabilität zu sorgen“, beklagte er. Er sprach von „gewissen Übertreibungen“ an den Märkten und einer Situation, die der vor der Finanzkrise 2008 ähnlich sei. Die Gefahr von gefährlichen Blasenbildungen gebe es sowohl in Schwellen- wie in Industrieländern.

Das Kreditvolumen hat stark zugenommen, oft begleitet von stark ansteigenden Immobilienpreisen“, beschrieb Borio ein klassisches Ungleichgewicht, das in einigen Staaten erneut zu beobachten sei. In Industrieländern, die von der Krise besonders betroffen waren, gebe es ein weiteres Phänomen: „Der Risikoappetit hat sich seit einiger Zeit auseinanderentwickelt: Während an den Finanzmärkten bis vor kurzem hohe Risiken eingegangen worden sind, ist in der Realwirtschaft das Gegenteil zu beobachten.“ Manager hätten billiges Geld lieber für Übernahmen und Aktienrückkäufe genutzt als zu investieren. „Das ist ein klares Signal, dass etwas schiefläuft“, sagte Borio.

An den Finanzmärkten hätten Investoren verzweifelt nach Renditen gesucht, was zu sehr geringen Risikoaufschlägen bei Wertpapieren und historisch geringer Volatilität geführt habe. Insgesamt sieht der BIZ-Chefökonom die Notenbanken in der Pflicht, stärker auf die Finanzstabilität zu achten und die Gefahr von Übertreibungen.

Es ist nicht das erste Mal in der jüngeren Vergangenheit, dass ein Mitglied der BIZ so klare Worte findet:

Auch in dem Mitte September veröffentlichten Quartalsbericht warnt die BIZ vor der trügerischen Ruhe auf den Finanzmärkten. Die lockere Geldpolitik der Notenbanken sorgt dafür, dass die Anleger auf der Suche nach etwas Rendite die Preise an den Märkten in die Höhe treiben. Die trügerische Ruhe auf den Finanzmärkten ist dafür verantwortlich, dass Investoren erhebliche Risiken aufgebaut haben. In Deutschland etwa sind die Immobilienpreise in einigen Großstädten seit 2008 um 45 Prozent gestiegen.

Die größte Bank Portugals meldete Ende September, dass sie die Zinsen auf ihre Schulden nicht mehr bedienen kann: Aufgrund der billigen Kredite seien diese Länder extrem verwundbar, warnte die BIZ. Jede kleine, regionale Krise könne zu einem Crash im globalen Finanz-System führen.

Der neue Chefvolkswirt der BIZ, Hyun Song Shin, trat sein Amt im Mai 2014 ebenfalls mit einer spektakulären Crash-Warnung an: Die aktuelle Ruhe an den Märkten sei trügerisch, im Hintergrund baue sich „ein schmerzhafter und sehr zerstörerischer Umschwung auf“. Ausgelöst werden könnten neue Turbulenzen auf den Finanzmärkten durch eigentlich als eher konservativ geltende Großinvestoren wie Pensionsfonds oder Vermögensverwalter, so Shin.

Die BIZ wies Anfang Oktober zur IWF-Jahrestagung darauf hin, dass seit der Finanzkrise in den Jahren 2007 und 2008 der globale Schuldenberg auf 150 Billionen US-Dollar gestiegen ist, was rund dem Zweieinhalbfache des globalen Sozialprodukts entspricht. Ende 2007 betrug die globale Verschuldung noch 107 Billionen Dollar.

Bereits im Oktober 2013 bezeichnete die BIZ die Lage an den Kreditmärkten als äußerst kritisch. Damals meldete die BIZ, dass die außergewöhnlichen Maßnahmen – also das Gelddrucken – der Notenbanken die Illusion geweckt habe, dass damit die fundamentalen Probleme zu lösen seien. In ihrem Jahresbericht bezeichnete die BIZ die Schuldensituation in den Industrieländern als „desolat” und forderte einen raschen Schuldenabbau.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft OWZE-Prognose 2024: Minimales Wirtschaftswachstum für Deutschland erwartet
02.05.2024

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OWZE) geht von einem minimalen Wirtschaftswachstum für Deutschland...

DWN
Finanzen
Finanzen Deutschland im Investitionstief: Rückgang setzt Wirtschaft unter Druck
02.05.2024

Deutschlands Attraktivität für ausländische Investitionen schwindet weiter: 2023 markiert den niedrigsten Stand seit 2013. Manche...

DWN
Politik
Politik 1.-Mai-Demonstrationen: Gewerkschaften fordern dringend Gerechtigkeit
02.05.2024

Am Tag der Arbeit kämpfen Gewerkschaften für bessere Arbeitsbedingungen. Ihre Spitzenvertreter betonten die Notwendigkeit von...

DWN
Politik
Politik Militärhistoriker Lothar Schröter im DWN-Interview: Die Folgen des Massenmords von Odessa 2014
02.05.2024

Der Militärhistoriker Lothar Schröter ordnet im DWN-Interview den Massenmord in Odessa vom 2. Mai 2014 ein. Dabei geht er auch auf die...

DWN
Politik
Politik DWN-Interview: Ukraine-Krieg - Zehn Jahre nach dem Massenmord von Odessa
02.05.2024

Am 2. Mai 2014 ist es in der ukrainischen Stadt Odessa zu einem Massenmord gekommen, bei dem fast fünfzig Menschen qualvoll ums Leben...

DWN
Technologie
Technologie Infineon vor herausforderndem Quartal: Augenmerk auf Zukunftsaussichten
02.05.2024

Der Chiphersteller Infineon sieht schwieriges Quartal voraus, mit moderaten Rückgängen und angespanntem Automobilmarkt. Wie geht es...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin als Geldanlage: „Das ist gleichzusetzen mit einem Besuch im Casino“
02.05.2024

Bitcoin entzweit trotz neuer Kursrekorde die Anlegergemeinschaft. Die einen halten große Stücke auf den Coin, die anderen sind kritisch....

DWN
Immobilien
Immobilien Balkonkraftwerk mit Speicher: Solarpaket könnte Boom auslösen - lohnt sich der Einbau?
01.05.2024

Balkonkraftwerke aus Steckersolargeräten werden immer beliebter in Deutschland. Insgesamt gibt es aktuell über 400.000 dieser sogenannten...