Unternehmen

Während alle Fußball gucken, rollt der IWF eine Bombe unter die Sofas der Sparer

Der IWF schlägt in einem neuen Papier ein globales Vorgehen bei der Lösung der Schuldenkrise vor. Es läuft auf massive Verluste bei Rentnern, Anlegern und Sparern hinaus. Die Betroffenen dürften ihre Enteignung erst bemerken, wenn es zu spät ist. Um den Crash im Finanz-System zu verhindern, will der IWF die Finanzierung von Staatsschulden über die Notenpresse zur Regel machen. Nach diesem Prinzip hatte zuletzt der Ostblock gearbeitet.
26.06.2014 01:52
Lesezeit: 4 min

Deutschland gegen die USA, Jogi gegen Klinsi!

Gibt es Wichtigeres?

Es gibt.

Die gelbe Karte für die Sparer und Anleger kommt vom Internationalen Währungsfonds.

Der IWF hat ein Konzept vorgelegt, dass Schulden-Schnitte für überschuldete Staaten in Zukunft kompromissloser und effektiver durchgeführt werden.

In Europa wären die Betroffenen Halter von Lebensversicherungen, Anlagefonds und andere Formen der Alterssicherung: Denn in einem neuen IWF-Papier wird sehr detailgenau beschrieben, wie man den privaten Sektor, der in Staatsanleihen investiert hat, enteignen kann.

Es ist eine bemerkenswerte Blaupause, die alle bisherigen Betrachtungen über den Kauf von Staatsanleihen über den Haufen wirft.

Bereits vom Oktober 2013 machte sich der Internationale Währungsfonds (IWF) für eine Zwangs- bzw. Vermögensabgabe stark. Er propagierte eine allgemeine „Schulden-Steuer“ (mehr dazu hier) in Höhe von 10 Prozent für jeden Haushalt in der Euro-Zone, der auch nur über geringe Ersparnisse verfügt.

Das Geld solle für den Schulden-Dienst verwendet werden. Um die gewaltigen Staatsverschuldungen zu senken, solle man doch direkt in die Ersparnisse der Bürger greifen. Ganz gleich ob Spargelder, Wertpapiere oder Immobilien, etwa zehn Prozent könne man enteignen. Denn die Staatsverschuldung der Euro-Länder sei insgesamt deutlich über 90 Prozent des Bruttoinlandsprodukts gestiegen.

Es folgte ein halbes Dementi des IWF, doch der „Vorschlag“ stand deutlich im Raum. Im Januar 2014 schloss sich auch die Bundesbank dem Vorhaben an, gleichwohl fokussiert auf eine „Vermögensabgabe“. In ihrem Monatsbericht ließ sie verlauten: „In der Ausnahmesituation einer drohenden staatlichen Insolvenz könnte eine einmalige Vermögensabgabe aber günstiger abschneiden als die dann noch relevanten Optionen“, falls höhere Steuern oder drastische Begrenzungen der Staatsausgaben nicht genügten oder sich nicht umsetzen ließen.

Nun meldet sich der IWF mit einem neuen, weitreichenden Vorschlag zu Wort, wie die exorbitanten Staatsschulden abgebaut werden könnten. In dem nun vorliegenden Working Paper hat der Internationale Währungsfonds jene Anleger im Blick, deren finanziellen Reserven in irgendeiner Form in Fonds mit Staatsanleihen angelegt sind.

Das sind ziemlich viele, auch wenn es die meisten Betroffenen nicht wissen: Welcher Arzt, Anwalt oder Journalist kann schon sagen, wo seine Berufsvorsorge seine Beiträge angelegt hat? Welcher Anleger kann wirklich beurteilen, was in seinen Fonds versteckt ist?

Fest steht auf jeden Fall: Jahrelang haben alle Fonds Staatsanleihen gekauft - in der mittlerweile überholten Annahme, dass Staatsanleihen besonders sicher sind.

Und diese sollen nun in einer, wie der IWF das nennt "Neu-Profilierung" der Strategie für Staatsschulden neu bewertet werden. Das Papier ist nichts anderes als eine geordnete Abwicklung von Staats-Schulden - auf Kosten der Bondholder. Im Fokus stehen dabei Staaten, die entweder keinen Zugang mehr zum Finanzmarkt haben oder „deren Schuldenstand als nachhaltig angesehen wird, aber nicht mit einer hohen Wahrscheinlichkeit“.

Die Euro-Zone befindet sich in dieser Hinsicht auf einem „guten Weg“: Die Euro-Staatschefs haben nun auch das Lippenbekenntnis zum Sparen aufgegeben und entschieden, noch mehr Schulden zu machen. Damit dürfte die Euro-Zone demnächst von den IWF-Plänen direkt betroffen sein (mehr aktuell hier).

Im Klartext würde es bedeuten, dass, falls der Schuldenstand nicht mehr zu bewältigen ist, Alt-Gläubiger zu Teilen enteignet werden sollen. Der Plan des IWF ist, wie die Autoren betonen, keine endgültige Regelung, sondern ein Vorschlag, der in den kommenden Monaten diskutiert werden soll. Doch faktisch bedeutet der Vorschlag, dass sich Anleger von Staatsanleihen auf Forderungsverzichte oder Negativ-Zinsen einstellen müssen. Zuletzt hatte der IWF von der EZB den Ankauf von Staatsanleihen der Euro-Staaten eingefordert (mehr dazu hier). Von der Bundesregierung war hierzu nichts verlautbart.

Bemerkenswert ist, dass der IWF den Haircut bei den privaten Gläubigern als eine Art Bedingung dafür vorstellen, dass Pleite-Staaten weiter Kredite von den offiziellen Gläubigern - also dem IWF oder der EZB - erhalten können.

Das Papier konterkariert in drastischer Weise die Beteuerungen von Mario Draghi, dass Staatsanleihen "risikolose" Papiere sind: Wenn sich die Auffassung des IWF durchsetzt, können sich die Bondholder auf massive Haircuts einstellen. Das wiederum wird vor allem die Pensionsfonds treffen, die in den vergangenen Jahren gerade deswegen in die Staatsanleihen gegangen sind, weil die Papiere als langweilig, risikolos und daher berechenbar galten.

Allerdings wohnt dem Papier eine gewisse Logik inne, wenn man die Aktionen der Akteure in der globalen Branche des künstlichen Geldes in Betracht zieht. Der Vorschlag ist der Praxis des Aktien-Rückkaufs von Unternehmen nicht unähnlich: Die Zentralbanken kaufen die Staatsanleihen und drohen den privaten Käufern oder Gläubigern mit dem Schuldenschnitt.

Offenbar unter dem Eindruck des Urteils eines US-Gerichts über die Staatsschulden in Argentinien (mehr hier) will der IWF sicherstellen, dass sich Gläubiger wie Hedge Fonds ihre Rechte nicht mehr über bestimmte Klagemöglichkeiten (sogenannte Collective Action Clause, CAC - mehr dazu hier) in Sicherheit bringen können. Dies hatte in Griechenland dazu geführt, dass einige Hedgefonds mit besonders guten Nerven und Anwälten trotz des Schuldenschnitts sogar noch einen Profit machen konnten.

Anders als jedoch bei Unternehmen, die reale Bilanzen mit realen Produkten vorlegen können, läuft der IWF-Vorschlag auf eine globale Verstaatlichung der Staatsfinanzen hinaus. Dieses Konzept hatte den Ostblock zu Fall gebracht - weil die Staaten mit der Möglichkeit der Endlos-Schleife in der Finanzierung vollständig korrumpiert wurden.

Doch offenbar ist die Schulden-Last global so drückend, dass der von den USA beherrschte IWF keinen anderen Ausweg mehr sieht als die Eliminierung aller Marktmechanismen bei der Staatsfinanzierung. Wenn es nicht so viele ahnungslose Rentner betreffen würde, denen künftig massive Einbußen drohen, könnte man sagen: Selbst schuld, wer Staatsanleihen hält.

Der IWF-Vorschlag kommt zufällig während der Fußball-WM: Er offenbart einen weitreichenden Plan zur Enteignung von Sparern, Anlegern und Rentnern. Die größte Sorge der Deutschen ist in diesen Tagen nämlich nicht, ob sie bald mit leeren Taschen dastehen werden, sondern, ob Löw und Klinsmann ein transatlantisches Bündnis schließen und das Weiterkommen beider Nationalmannschaften durch einen Nichtangriffspakt sichern.

Man muss der Zeitung Die Welt zugute halten, dass sie dieses Papier als erste in Deutschland ausgegraben und in seiner Brisanz erkannt hat.

Der IWF dürfte den Sparern die Bombe nicht bewusst zu diesem Zeitpunkt unter das TV-Sofa geschoben haben. Doch im IWF und bei den Zentralbanken arbeiten viele Investment-Banker.

Und in deren Branche gilt ein goldenes Prinzip: Timing ist alles.

Chapeau, Mme. Lagarde!

***

Die Härte, mit der die internationalen Finanz-Organisationen die Enteignung der Sparer und Anleger zugunsten der unersättlichen Schulden-Staaten betriebt, beschreibt DWN-Herausgeber Michael Maier in seinem neuen Buch im Detail. Maier zeigt, dass das globale Schulden-System am Ende vor allem jene verschlingt, die von ihm zu keinem Zeitpunkt wirklich profitiert haben. Er beschreibt die Rolle von anonymen Apparaten wie dem IWF oder der Weltbank, die mit immer neuen Vorgaben und Krediten die Welt zur Plünderung freigeben. Die Men in Black ruhen nicht - selbst die Fußball-WM ist ihnen nicht heilig (wie man sieht).

Michael Maier, Die Plünderung der Welt. Wie die Finanz-Eliten unsere Enteignung planen.

Das Buch ist überall im Buchhandel erhältlich. Beim Verlag kann es hier bestellt werden.

Das Buch ist auch bei Amazon erhältlich - hier.

 

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Panamakanal, Migration und Geschlechter: Trump kündigt Knallhart-Maßnahmen bei Antrittsrede an
20.01.2025

Donald Trump führt als 47. US-Präsident nun offiziell die Geschicke der Vereinigten Staaten. Bei seiner Antrittsrede wiederholte er seine...

DWN
Politik
Politik Trump-Amtseinführung: Erste Maßnahmen nach der Vereidigung - und die Auswirkungen
20.01.2025

Die zweite Amtszeit von Donald Trump beginnt mit weitreichenden Maßnahmen. In den ersten Stunden nach Trumps Amtseinführung sind bereits...

DWN
Finanzen
Finanzen ETF-Größe ist unterschätztes Auswahlkriterium: Warum das Fondsvolumen wichtig ist
20.01.2025

Anleger orientieren sich an der Kostenquote TER oder der Performance, um einen ETF auszuwählen. Doch laut Experten sollten sie die...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Warntag der Wirtschaft: Unternehmer rufen am Warntag 2025 zur Großdemo auf - Deutschlands Wirtschaft funkt SOS
20.01.2025

Am Warntag der Wirtschaft senden rund 50 Verbände einen SOS-Hilferuf an die Politik. Warum erst jetzt? Energiewende, Überregulierung,...

DWN
Politik
Politik Scholz zur Finanzierung der Ukraine-Hilfe: "Das deutsche Volk wird belogen"
20.01.2025

Die Ampel-Koalitionsparteien und die Union streiten über die Finanzierung der Ukraine-Hilfe. Union, Grüne und FDP drängen darauf,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Weltwirtschaftsforum 2025: In Davos trifft sich die Weltelite - und kreist um den großen Abwesenden
20.01.2025

In dieser Woche treffen sich Spitzen-Unternehmer und -Politiker zum Weltwirtschaftsforum 2025 in Davos. Fehlen wird allerdings der...

DWN
Politik
Politik Trump-Inauguration: „Ihnen wird schwindlig werden, wenn Sie sehen, was geschehen wird“
20.01.2025

Von Kryptowährungen bis zum Ukraine-Krieg: In zehn Punkten listen die DWN auf, was Donald Trump an seinem ersten Tag nach der Rückkehr...

DWN
Politik
Politik AfD-Politiker bei Trump-Amtseinführung: Chrupalla lässt Treffen mit US-Präsident offen
20.01.2025

Tino Chrupalla, Co-Vorsitzende der AfD, wird an Trumps Amtseinführung teilnehmen. Man wolle Kontakte knüpfen und die Standpunkte der...