Der deutschen Energiewende droht heftiger Gegenwind aus Luxemburg. Am Dienstag wird der Europäische Gerichtshof (EuGH) voraussichtlich entscheiden, dass auch importierter Ökostrom innerhalb der EU gefördert werden muss. Damit würde ein Grundpfeiler des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) ins Wanken geraten.
Ökostrom-Produzenten in den Nachbarländern dürften dann in Scharen die vergleichsweise üppigen deutschen Fördertöpfe anzapfen. Da die Subventionen über eine Umlage letztlich von den Verbrauchern gezahlt werden, müssten diese mit einer Kostenexplosion rechnen.
Der Spruch der Luxemburger Richter ist auch brisant für den aktuellen Ökostrom-Streit zwischen der EU-Kommission und der Bundesregierung: Die Brüsseler Behörde hat die Umlage, die Deutschland auf Importstrom erhebt, als zollgleiche Abgabe kritisiert und Änderungen verlangt. Darauf ließ sich die Bundesregierung bei der aktuellen EEG-Reform aber nicht ein. Sie riskiert damit, dass die EU-Kommission kein grünes Licht gibt.
Brüssel könnte nun durch das Urteil Rückenwind bekommen: „Mögliche Konsequenz einer solchen Entscheidung des EuGH könnte sein, dass auch das deutsche Fördersystem für Strom aus ausländischen Anlagen geöffnet werden müsste“, sagt der Energieexperte der Anwaltskanzlei Clifford Chance, Peter Rosin.
Im konkreten Fall geht es um eine Beschwerde des finnischen Unternehmens Alands Vindkraft: Es erzeugt zwar Windkraft in Finnland, ist aber mit dem schwedischen Netz verbunden. Alands Vindkraft will den Strom nach Schweden exportieren und in den Genuss des dortigen Fördersystems kommen.
Generalanwalt Yves Bot hatte die Sichtweise der Finnen unterstützt und im Januar erklärt, die Ökostrom-Förderung könne zwar grundsätzlich territorial beschränkt werden, das Recht auf freien Warenverkehr in der EU stehe dem aber entgegen. Deshalb sollten Teile der entsprechenden EU-Richtlinie für ungültig erklärt werden, wenn auch aus Gründen der Rechtssicherheit nicht sofort. Häufig folgen die Richter der Einschätzung des Generalanwalts.
Das Bundeswirtschaftsministerium hält zum einen die Folgerungen des Generalanwalts für falsch. Zum anderen argumentiert die Regierung, dass das Verfahren das schwedische Fördersystem betreffe, dieses aber mit dem deutschen nicht vergleichbar sei. Zugleich warnt sie jedoch vor Folgen, sollten die deutschen Fördertöpfe allen Europäern zugänglich gemacht werden: Dann würden alle Erzeuger von Strom aus Wasserkraft und Wind in das deutsche System wechseln.
Dessen ungeachtet hatte der Bundestag am Freitag die Neufassung des EEG beschlossen. Es soll, nachdem es den Bundesrat Anfang Juli passiert hat, zum 1. August in Kraft treten. Vorher wird auf ein Ja der EU und die Beilegung des Streits über den Importstrom gehofft. Der Zeitplan ist wichtig, weil es für die deutsche Industrie sonst kaum mehr möglich wäre, milliardenschwere Umlage-Ermäßigungen für das nächste Jahr zu beantragen.