Die Stress-Tests, die von der Europäischen Bankaufsichtsbehörde (EBA) im Jahr 2011 durchgeführt wurden, waren das Papier nicht wert, auf dem die „Gesundheits-Checks“ bescheinigt werden sollten.
Lediglich acht von 90 geprüften Banken in 21 Ländern waren beim Stresstest durchgefallen, darunter fünf in Spanien, zwei in Griechenland und eine Bank in Österreich. Ziel war es, die Finanzmärkte zu beruhigen und das Vertrauen zwischen den Banken wieder herzustellen.
Auch die Stresstest der EBA in 2012 verfehlten die erhoffte Wirkung, die Finanzmärkte zu beruhigen oder die Probleme von Banken frühzeitig aufzudecken. Enorme Kapitallücken einiger Institute in Irland, Spanien und Zypern blieben unentdeckt. Im März 2013 etwa musste sich Zypern einem „Bail-in“ beugen. Darüber hinaus bekam das Land neun Milliarden Euro Kapitalhilfe aus dem ESM.
Ein abschließender Bericht konstatierte: „Die EBA hatte weder ausreichendes Personal und es fehle das notwendige Mandat, um die Zuverlässigkeit der Stress-Tests zu sichern“. Es wurde festgestellt, dass die Tests für die folgende Kapitalaufstockung der Banken nützlich gewesen seien, dies jedoch nur in begrenztem Umfang, da die Qualität der Vermögenswerte der Portfolios nicht berücksichtigt wurden.
Nach der Kritik an dem unzureichenden Bilanzcheck durch die EBA im Jahr 2011 wurden durch die EU-Kommission einige Rechtsvorschriften geändert.
„Allerdings wurden Mängel festgestellt und zwar in der Funktionsweise der neuen Regelung in Bezug auf Cross-Border Bankenaufsicht, die Widerstandsfähigkeit der Banken in der EU und der Förderung des Verbraucherschutz hinsichtlich auf dem Markt befindliche Finanzprodukte oder Dienstleistungen in der EU“, berichtet Euractiv.
Im Januar 2014 kündigte die EBA eine zweite Runde der Stress-Tests an, um 124 Banken in der gesamten EU zu prüfen. Ziel sei es zu testen, wie widerstandsfähig die Institute gegen verschärfte Marktbedingungen hinsichtlich Kredit-, Markt- und Verbriefungsrisiken, Refinanzierungs- sowie Staatsrisiken sind, also die in den Bilanzen enthaltenen Staatsanleihen. Die Ergebnisse sollen im Oktober vorliegen.
Demnach sollen die Bilanzdaten aus der Asset Quality Review (AQR) mit den Stress-Test-Resultaten zusammengefasst werden, um ein umfassendes Ergebnis hinsichtlich der Stabilität des europäischen Bankensektors zu erhalten.
Indessen wird seitens der BaFin Kritik am Vorgehen der EZB in Bezug auf die Prüfung der Banken in der Euro-Zone laut. Der Streit entzündet sich zwischen zwei Finanz-Fachfrauen, nämlich der für die EZB zuständige Danièle Nouy und Elke König, der Chefin der deutschen Kontrollbehörde BaFin.
Danièle Nouy rühme die neue Aufsicht als „startklar“ und preise die Teamarbeit der nationalen Behörden heißt es im Handelsblatt. Elke König hingegen bemängelt „den engen Zeitplan für die Vorarbeiten“. Denn neben den Bilanzprüfungen soll es einen Stresstest geben. Beides ist bis November abzuschließen. Und so warnt die BaFin-Chefin in der Börsen-Zeitung vor einem „Reputationsrisiko“ für Europas Prüfbehörden“.
König kritisiert, die Notenbank treffe pauschale Annahmen, wenn sie beim Stresstest die Wirkung von Wirtschaftskrisen auf die Kapitalquote der Institute berechne. Auch einige deutsche Banken beanstanden die „pauschalen Methoden“ der EZB. Dahinter steht die Befürchtung, die EZB könne die Summe des benötigten Eigenkapitals nach dem Stresstest zu hoch ansetzen.
Ebenso moniert die BaFin-Chefin die Analyse-Methode der EZB. Es hat nun durchaus den Anschein, dass durch das Hick-Hack ein Image-Schaden für die EZB und die BaFin droht, berichtet das Handelsblatt.
Ein Top-Manager, der laut dem Handelsblatt namentlich nicht genannte werden möchte, prophezeit: „Der Stresstest wird nun zu einem politischen Tauziehen, und es besteht die Gefahr, dass die Institutionen Schaden nehmen, noch bevor sie ihre Arbeit richtig begonnen haben“. Ein anderer Manager konstatiert, König sei als Chefin der BaFin schließlich dafür verantwortlich, dass der Stresstest in Deutschland nach glaubwürdigen Kriterien ablaufe.
Finanzminister Schäuble sieht unterdessen keine großen Probleme auf die Banken zukommen. Denn viele Institute haben bereits „Kapitalmaßnahmen“ veranlasst, um beim Bilanzcheck gut abzuschneiden. Dazu hören auch die „CoCo-Bonds“, um Eigenkapital-Lücken aufzufüllen und somit den Bilanz-Check als auch den Stresstest zu bestehen, (mehr hier).
Dennoch bleiben viele Fragen hinsichtlich der Kapitalausstattungen der Banken ungeklärt. Nach einer Analyse – herausgegeben von Sascha Steffen, Professor an der European School of Management and Technology (ESMT) in Berlin Mitte Januar 2014 – fehlen deutschen, italienischen und französischen Banken rund 770 Milliarden Euro Eigenkapital, um bei Finanzkrisen zu bestehen. Dies berichtete die Süddeutsche Zeitung. Von Professor Steffen wurden 109 der 124 Banken untersucht, deren Daten öffentlich verfügbar sind und die in Kürze dem Banken-Stresstest unterzogen werden (mehr hier).
Im Vorfeld des Bilanzchecks sowie des Stress-Tests durch die EZB hatte der erste Vorstandsvorsitzende der NRW Bank, Bernd Lüthje, die Europäische Zentralbank scharf kritisiert: Die Zusammenarbeit mit der US-Beratungsfirma Oliver Wyman müsse gestoppt werden. Es liege ein klarer Interessenskonflikt vor.
Die FAZ berichtete im Mai über den Unmut in Bankenkreisen über die Bestellung des US-Beratungsunternehmens Oliver Wyman: „Da gibt es bestimmt Gesprächsbedarf“, sagte ein nicht namentlich genannter Banker der FAZ. Viele sehen offenbar eine klaren Interessenskonflikt, den Oliver Wyman im Hinblick auf die europäischen Bankenlandschaft hat: Das Unternehmen berät gleichzeitig die EZB und die eindeutig mit der EZB als Bankenaufsicht in Konkurrenz stehende Londoner Banken-Lobby The City UK (mehr hier).
Oliver Wyman, eine international operierende „Strategieberatung“, darunter im Geschäftsfeld Risikoberatung mit Sitz in den USA, erwirtschaftete 2006 einen Umsatz von 1,3 Milliarden US-Dollar. Seither gibt die Firma keine Angaben mehr zu ihren Unternehmensteilen. Das Unternehmen beschäftigt in 25 Ländern mehr als 3.000 Mitarbeiter, davon 600 im deutschsprachigen Raum.
In der Selbstdarstellung der US-Firma heißt es: “Unsere tiefe Branchenkenntnis, gepaart mit unseren engen Partnerschaften ermöglicht es uns, neue Perspektiven und kreatives Denken in die Probleme einzubringen, die wir lösen. Unser unternehmerischer Geist treibt uns ständig dazu an, bessere Wege zu beschreiten, um die Bedürfnisse der Kunden anzusprechen“.
Die Beraterfirma hatte vor einigen Jahren die Anglo-Irish Bank zum weltweiten Sieger im Bereich „Performance“ gekürt. Wenig später war die Bank pleite. Die irischen Steuerzahler mussten für den Schaden aufkommen, wie Michael Lewis für Vanity Fair beschreibt.
Oliver Wyman hat das peinliche Ranking (Shareholder Performance Hall of Fame) übrigens diskret von seiner Website entfernt, Alphaville von der FT hat es für die Nachwelt bewahrt (mehr hier).