Politik

Angela Merkel verlangt den Sturz von Syriens Präsident Assad

Angela Merkel besteht auf dem Sturz des syrischen Präsidenten Assad. Sie lehnt jede Zusammenarbeit mit Assads Armee ab - und nimmt damit eine radikalere Position ein als die US-Regierung. Mit welcher Legitimation Merkel den gewählten Vertreter eines anderes Staats stürzen will, sagte die Kanzlerin nicht.
13.12.2015 12:51
Lesezeit: 3 min
Angela Merkel verlangt den Sturz von Syriens Präsident Assad
Das neue Buch von Michael Maier. (Foto: FBV)

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Bundeskanzlerin Angela Merkel vertritt im Krieg um Syrien eine wesentlich härtere Linie als die US-Regierung. Während sich diese in den vergangenen Wochen mit den Russen darauf geeinigt hatte, mit dem syrischen Präsidenten Baschar al-Assad temporär zusammenzuarbeiten, fordert Merkel unverändert kompromisslos den Surz von Assad. Sie behauptet zu diesem Zwecke das Gegenteil dessen, was die Partnerstaaten gesagt haben: «Die internationale Allianz gegen den IS schließt Assad und seine Truppen nicht ein», sagte die Kanzlerin im Interview der Badischen Neuesten Nachrichten und der Augsburger Allgemeinen.

Das ist schlicht unzutreffend: Sowohl die USA als auch Frankreich haben eindeutig erklärt, für den Sieg über den IS auch mit Assad zu kooperieren.

Außerdem behauptet Merkel, dass Assad an der Flüchtlingskrise schuld sei: «Vergessen wir nicht, dass die Mehrzahl der Flüchtlinge, die zu uns gekommen sind, vor Assad geflohen ist. Er wirft nach wie vor Fassbomben auf sein eigenes Volk - eine Zukunft an der Spitze des Staates kann es für ihn nicht geben.»

Diese Behauptung ist doppelt falsch. Assad hat das Land viele Jahre stabil regiert, ohne dass es zu Flüchtlingsbewegungen gekommen ist. Auch wenn man seine diktatorische Attitüde nicht gut findet, so hat er doch einen modus vivendi für die verschiedenen ethnischen und religiösen Gruppen gefunden und die Rechte der Minderheiten geachtet. Die Fluchtbewegung hat erst mit dem Aufkommen des IS eingesetzt. Der IS wurde und wird vom Nato-Land Türkei aktiv unterstützt. Auch die US-Geheimdienste spielen eine undurchsichtige Rolle. Die USA kooperieren mit der Terrorgruppe al-Nusra, die ebenfalls in die destabilisierenden Kämpfe verwickelt ist.

Dass Assad in der jüngsten Vergangenheit Fassbomben auf sein eigenes Volk geworfen hätte, haben nicht einmal mehr seine ärgsten Feinde behauptet. Merkel legte für diesen Vorwurf eines Kriegsverbrechens nicht den geringsten Beleg vor.

Die bisherige deutsche Unterstützung für den Anti-IS-Kampf hat nach Ansicht Merkels bereits Erfolge gebracht. «Wir konnten mit unserer Unterstützung, mit unserer Ausbildung von Soldaten der Peschmerga im Irak schon dazu beitragen, dass doch Teile der Städte wieder zurückerobert werden konnten, dass Menschen wieder in ihre Heimat gehen konnten», sagte die Kanzlerin am Samstag in ihrem regelmäßigen Video-Podcast. Der IS sei «eine große Bedrohung».

Seit vergangenem Februar trainiert die Bundeswehr mit anderen Ländern die kurdischen Peschmerga im Nordirak. Ab Januar sollen deutsche «Tornados» von der Türkei aus Aufklärungsflüge unternehmen, um den Kampf gegen den IS in Syrien zu unterstützen. Zum deutschen Beitrag gehört auch die Fregatte «Augsburg», die einen französischen Flugzeugträger bei Anti-IS-Operationen begleitet und schützt.

In dem Zeitungsinterview machte Merkel deutlich, dass sie Deutschland in Zukunft außenpolitisch stärker gefordert sieht, notfalls auch militärisch. «Wir haben spätestens in diesem Jahr lernen müssen, dass wir uns von den Entwicklungen um Europa herum nicht abkoppeln können», sagte sie und wies neben dem Bürgerkrieg in Syrien etwa auf den staatlichen Zerfall Libyens hin.

«Die Folgen spüren wir hautnah, und deshalb werden wir uns auch vor den Toren der EU stärker einbringen müssen, und zwar politisch und mit den Mitteln der Entwicklungszusammenarbeit», sagte sie. Und fügte hinzu: «Aber wenn wir in Konflikten an Friedenslösungen mitwirken wollen, dann müssen wir wie jetzt als Mitglied der internationalen Allianz gegen den IS auch bereit sein, mit unseren Partnern militärisch so zu handeln, wie wir das beschlossen haben.»

Auch in ihrem Podcast betonte Merkel den Gleichklang zwischen der militärischen Komponente einerseits sowie politischen Verhandlungen, Entwicklungs- und Wiederaufbauhilfe andererseits. Dies sei auch mit Blick auf die vielen Flüchtlinge in Deutschland etwa aus Syrien zentral. «Viele von denen würden gerne wieder nach Hause gehen, wenn zum Beispiel in Syrien der Bürgerkrieg zu Ende wäre», sagte Merkel. «Niemand verlässt leichtfertig seine Heimat.»

Dass es sich um keinen Bürgerkrieg mehr handelt, sondern um einen vom Westen mit vom Zaun gebrochenenen internationalen Krieg, für dessen Strategie die US-Geheimdienste, die Neocons in Washington, die deutschen Bundesregierung und die Nato direkte Verantwortung tragen, erwähnte Merkel mit keinem Wort.

Auch den Einsatz der Russen, die als einzige Nation direkt gegen den IS und gegen andere Terror-Gruppen kämpfen, erwähnte Merkel nicht.

***

In seinem neuen Buch beleuchtet DWN-Herausgeber Michael Maier die unheilvolle Rolle Angela Merkels im geopolitischen Konzept der USA. Er zeigt, wie die Kanzlerin konsequent den Vorgaben aus den USA folgt - und damit die deutsche und die europäische Außenpolitik zu einer Farce werden. Zugleich werden die Interessen Deutschlands jenen einer militärischen Agenda untergeordnet. Diese modernen Kriege stärken die Finanz-Eliten und ihre Seilschaften und treiben die Spaltung der Welt in ungeahnter Weise voran. Angela Merkel spielt in diesem Prozess eine äußerst fragwürdige Schlüsselrolle.

Michael Maier: „Das Ende der Behaglichkeit. Wie die modernen Kriege Deutschland und Europa verändern“. FinanzBuch Verlag München, 228 Seiten, 19,99€.

Bestellen Sie das Buch hier direkt beim Verlag.

Oder kaufen Sie es im guten deutschen Buchhandel das Buch ist überall erhältlich. Wir unterstützen den Buchhandel ausdrücklich, er muss gefördert werden!

Oder bestellen Sie das Buch bei Amazon. Mit einem Kauf unterstützen Sie die Unabhängigkeit der Deutschen Wirtschafts Nachrichten. 

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Misserfolg bei Putins Wirtschaftsforum in St. Petersburg: Die marode Kriegswirtschaft interessiert kaum jemanden
23.06.2025

Das Wirtschaftsforum in St. Petersburg sollte Russlands wirtschaftliche Stärke demonstrieren. Stattdessen offenbarte es die dramatische...

DWN
Politik
Politik Zwangslizenzen: EU hebelt den Patentschutz im Namen der Sicherheit aus
23.06.2025

Die EU will künftig zentral über die Vergabe von Zwangslizenzen entscheiden – ein tiefer Eingriff in das Patentrecht, der die...

DWN
Technologie
Technologie Umfrage: Zwei Drittel für europäischen Atom-Schutzschirm
23.06.2025

Eine Forsa-Umfrage zeigt, dass eine deutliche Mehrheit der Deutschen den Aufbau eines europäischen nuklearen Schutzschildes befürworten....

DWN
Finanzen
Finanzen US-Börsen: Internationale Anleger kehren der Wall Street den Rücken
23.06.2025

Ölpreise steigen, geopolitische Risiken nehmen zu – und Europas Aktienmärkte wirken plötzlich attraktiv. Während die US-Börsen ins...

DWN
Politik
Politik Personalmangel im öffentlichen Dienst - DGB fordert mehr Personal
23.06.2025

Milliardeninvestitionen sollen in Deutschland die Konjunktur ankurbeln. Doch Personalmangel in Behörden könnte den ehrgeizigen Plänen...

DWN
Politik
Politik Iran-Israel-Krieg: Internet überflutet mit Desinformation
23.06.2025

Falsche Videos, manipulierte Bilder, inszenierte Explosionen: Der Konflikt zwischen Iran und Israel spielt sich längst auch im Netz ab –...

DWN
Politik
Politik Aus Angst vor Trump: China lässt den Iran im Stich
23.06.2025

Chinas harsche Kritik an den US-Angriffen auf Iran täuscht über Pekings wahres Kalkül hinweg. Im Hintergrund geht es um knallharte...

DWN
Politik
Politik US-Angriff auf den Iran: Die Märkte bleiben erstaunlich ruhig
23.06.2025

Trotz der Angriffe auf iranische Atomanlagen bleiben die globalen Märkte ruhig. Doch die Straße von Hormus bleibt ein geopolitischer...