Politik

EU-Kommissar Oettinger: „Die Ukraine ist praktisch insolvent“

Lesezeit: 2 min
29.10.2014 16:00
Erstmals hat ein hoher EU-Funktionär eingeräumt, dass die Ukraine zahlungsunfähig ist. Der deutsche Energie-Kommissar Oettinger beklagt, dass die Ukraine die von der EU zugesagte Kredite nicht für die Gas-Schulden bei Gazprom verwenden wolle, sondern zur Bezahlung von Gehältern, dem Bau von Straßen und dem Ankauf von Waffen.
EU-Kommissar Oettinger: „Die Ukraine ist praktisch insolvent“

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Aktuell zum Thema: Trotz Ukraine-Insolvenz bezahlen EU-Steuerzahler und der IWF die Schulden bei Gazprom

Die Verhandlungen über die russischen Gaslieferungen in die Ukraine gestalten sich offenbar schwieriger als geplant. Unmittelbar vor Beginn der Gespräche machte EU-Energiekommissar Günther Oettinger deutlich, dass es derzeit nur darum gehe, eine Vereinbarung für den nahenden Winter zu treffen. An den Gesprächen nehmen neben Oettinger die Energieminister Russlands und der Ukraine sowie die Chefs der jeweiligen Gasversorger Gazprom und Naftogaz teil.

Kritischer Punkt der Verhandlungen ist laut Oettinger die Begleichung der Rechnungen an Gazprom durch die Ukraine. Die Regierung in Kiew benötige 1,5 Milliarden Dollar, um über den Winter zu kommen und die Lieferungen wie von Russland verlangt im Voraus begleichen zu können. "Die Ukraine hat schon ein großes Zahlungsproblem, sie ist praktisch insolvent", sagte Oettinger dem ZDF. Es falle der Regierung in Kiew daher "sehr schwer", die Milliarden-Kredite, die sie vom Internationalen Währungsfonds und der EU bekomme, für Gaseinkäufe zu verwenden. Die Regierung betrachte andere Aufgaben derzeit als wichtiger, etwa Gehälter zu zahlen, Straßen instand zu setzen und Waffen zu kaufen. "Aber wir müssen sie letztendlich dazu bringen, dass sie einen Teil der Hilfsmittel für Gas ausgeben." Das sei im Interesse der ukrainischen Gasversorgung ebenso notwendig wie im Hinblick auf die Transitleistungen Richtung Westeuropa.

Für Oettinger dürfte die Gesprächsrunde die letzte Chance auf eine Einigung sein, da er am Samstag offiziell ins Digitalressort der Kommission wechselt. Danach sind der Slowake Maros Sefcovic und der Spanier Miguel Arias Canete für Energiethemen zuständig. Oettinger wies darauf hin, dass die ukrainischen Gasspeicher mit 17 Milliarden Kubikmetern voller seien als je zuvor. Zudem lägen bereits 3,1 Milliarden Dollar auf einem Sonderkonto für die Ukraine bereit, so dass sich der offene Betrag auf 1,5 Milliarden Dollar belaufe. Die Verhandlungen in Brüssel dürften sich bin zum Abend hinziehen.

Russland und die Ukraine hatten bereits 2006 und 2009 über Gaslieferungen gestritten, wodurch auch in Westeuropa im Winter weniger Gas angekommen war. Die EU bezieht rund ein Drittel ihres Gasbedarfs aus Russland. Etwa die Hälfte davon fließt durch die Ukraine.

Neben den Verhandlungen über Lieferungen an die Ukraine sucht Gazprom in Brüssel zudem eine Lösung im Streit über die Pipeline Opal in Ostdeutschland. Die Gespräche über einen stärkeren Zugriff des Konzerns auf die Leitung würden aber erst mit der neuen EU-Kommission wiederaufgenommen, sagte ein Sprecher des russischen Gasmonopolisten am Mittwoch. Angesichts der Ukraine-Krise hatte die Brüsseler Behörde Mitte September eine Entscheidung dazu vertagt. Die Opal-Pipeline zweigt in der Ostsee von der Nord-Stream-Route ab und liefert Gas durch Ostdeutschland nach Tschechien. Derzeit hat Gazprom nur begrenzten Zugang zu der Leitung, weil die EU eine zu starke Kontrolle der Infrastruktur durch Energieversorger verhindern will.

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Ratgeber
Ratgeber Sichere Mobilgeräte für Ihr Business: Das Samsung Security Ecosystem

In vielen Unternehmen sind Smartphones und Tablets längst zum unverzichtbaren Arbeitsmittel geworden. Je nach Einsatzgebiet sind die...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft DWN Marktreport: Rohstoffmärkte ziehen die Handbremse an
26.09.2023

Die anhaltende Dollar-Rally streut den Rohstoffbullen zunehmend Sand ins Getriebe. Auch die jüngste Zinserhöhungspause der US-Notenbank...

DWN
Politik
Politik Auf dem Weg in die Einsamkeit
26.09.2023

Wirtschafts- und Energiepolitik, Migration, Außenpolitik – die Liste der Themen wird immer länger, bei denen die Grünen mit ihren...

DWN
Politik
Politik Polen könnte Auslieferung von SS-Veteran aus Kanada beantragen
26.09.2023

Ein polnischer Minister beantragt die Auslieferung des SS-Veteranen, der im Parlament von Kanada mit stehendem Applaus für seinen Einsatz...

DWN
Politik
Politik Grüne verteidigen deutsche Zahlungen an Seenotretter in Italien
26.09.2023

Italiens hatte kritisiert, dass die Bundesregierung Nichtregierungsorganisationen finanziert, die "irreguläre Migranten" nach Italien...

DWN
Politik
Politik Deutschland blockiert Asyl-Kompromiss in der EU
26.09.2023

Die anderen EU-Staaten verlieren langsam die Geduld mit Deutschland, weil die Bundesregierung einen Kompromiss in der Asylpolitik...

DWN
Politik
Politik Bund muss deutlich weniger Schulden machen
26.09.2023

Der Bund muss sich im vierten Quartal 31 Milliarden Euro weniger am Finanzmarkt leihen, als bisher geplant. Grund sind die niedrigeren...

DWN
Immobilien
Immobilien Büro-Immobilien: „Die Mischung aus Präsenz und Mobilität macht es"
26.09.2023

Seit der Pandemie ist hybrides Arbeiten das Schlagwort in Deutschland. Vor einem Hintergrund wachsender Büroleerstände, stark steigender...

DWN
Finanzen
Finanzen Bundesanleihe verzeichnet höchste Rendite seit 2011
25.09.2023

Anleger haben die Hoffnung auf ein baldiges Ende der hohen Zinsen aufgegeben. Die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen liegt auf dem...