Krähen schnitten in einer Studie bei einem komplexen Test besser ab als sechs Jahre alte Kinder. Forscher untersuchten in einer Versuchsreihe, wie gut die Tiere Wasserverdrängung verstehen.
Eine Fabel von dem griechischen Dichter Äsop wurde als Basis für ein Experiment genutzt, um herauszufinden, wie intelligent Krähen sind. Bei der Fabel „Die Krähe und der Wasserkrug“ geht es darum, dass der Vogel Durst hatte, aber nicht das wenige Wasser im Krug erreichen konnte. Die Krähe sammelte daraufhin kleine Steine, die sie einem nach dem anderen in den Krug warf, bis das Wasser soweit gestiegen war, dass sie davon trinken konnte.
Dieses Prinzip der Wasserverdrängung verstehen Kinder meist im Alter zwischen sieben und zehn Jahren. Krähen könnten somit schlauer als Sechsjährige sein. Um dies zu überprüfen, stellte Dr. Corina Logan aus Santa Barbara den Krähen unterschiedlich schwere Aufgaben und veröffentlichte ihre Ergebnisse bei plsone.org.
Dr. Logan berichtet darin über ihre Studie: „Wir zeigten, dass Krähen unterschiedliche Wassertiefen differenzieren können und sie lösten eine modifizierte Aufgabe, die sonst nur sieben bis zehn Jahre alte Kinder bewältigen konnten. Wir liefern die bislang deutlichsten Beweise dafür, dass die Vögel den Zusammenhang zwischen Ursache und Wirkung verstehen und die Optionen wählen, die mehr Wasser verdrängen.“
Die Neukaledonienkrähe, wie die Geradschnabelkrähe auch genannt wird, hat in Untersuchungen an der University of Auckland schon ihre Intelligenz mehrfach unter Beweis gestellt. Dort werden die Rabenvögel seit den 1990er Jahren beobachtet, wie intelligent sie Probleme lösen und dabei auch Werkzeuge verwenden, berichtet die Universität.
Dr. Logan suchte sich für ihren Test extra neue Vögel, die bisher noch nicht für Studien verwendet wurden. Sie wollte nicht, dass die Tiere im Labor bereits zu viel gelernt hatten. Dafür wurden wilde Krähen eingefangen und innerhalb von fünf Tagen, hatten sie sich an die Menschen gewöhnt.
Für ihren Versuch verwendete Dr. Logan zwei verschiedene Behälter. Einer hatte einen großen Durchmesser und einer war schmal. In beiden war dieselbe Menge Wasser. Sie wollte herausfinden, ob die Vögel verstehen, dass das Wasser in dem Behälter mit kleinem Durchmesser schneller steigt, wenn etwas hineingeworfen wird. Dies wurde bereits in einer Studie untersucht, allerdings hatten dort die Vögel 12 Steine zu Verfügung, die sie verwenden durften. Damit schafften sie es auch, das Wasser in dem großen Behälter ausreichend ansteigen zu lassen und deshalb – so vermutete die Forscherin – entschlossen sich nicht alle Krähen für den schmalen Behälter.
Ihre neue Version des Versuchs bot den Krähen deshalb nur vier Objekte an, mit denen diese arbeiten durften. Das war nur ausreichend, um die schmale Röhre zu füllen und um ans Ziel zu gelangen. Und die Krähen reagierten tatsächlich auf die neuen Umstände. Sie erkannten, dass sie ihre Ressourcen sinnvoll einsetzen mussten und nutzen die schmale Röhre, um dort das Wasser steigen zu lassen.
In einem zweiten Test verwendete sie drei Röhren, von denen zwei in einer U-Form verbunden waren. Dabei mussten die Krähen Steine in das eine Ende der Röhre werfen, um den gesamten Wasserspiegel steigen zu lassen, aber insbesondere, damit die Belohnung am anderen Ende in Reichweite kam. Warfen sie Steine in die dritte Röhre, die nicht verbunden war, kam dadurch die Belohnung nicht näher. In einem YouTube-Video wird der genaue Versuchsaufbau gezeigt.
Die Krähen merkten sehr schnell, wo sie den Stein hineinwerfen mussten, damit der Wasserstand in der Röhre mit der Belohnung anstieg. Diese Übung schaffen meist Kinder im Alter zwischen sieben und zehn Jahre. Als extrem strebsam erwies sich eine sechs Monate alten Krähe: Bei einem schwierigeren Test standen die Röhren weiter auseinander. Somit war die Veränderung im Wasserspiegel nicht sofort ersichtlich. Die jugendliche Geradschnabelkrähe meisterte sogar diese Übung.
Damit zeigte die Krähe ein besonders hohes Maß an Intelligenz, weil sie mit einem halben Jahr noch nicht einmal vollständig ausgewachsen ist. Außerdem waren ihre Versuchskollegen dazu nicht in der Lage dieses Rätsel zu lösen,
Dr. Logan gab am Ende auch zu, dass sie nicht wisse, warum genau die Neukaledonienkrähe so viel intelligenter sind als ihre Verwandten. Auch sei unklar, welche Methoden die Krähen verwenden, um ans Ziel zu gelangen. „Was wir wissen ist, dass sich eine Krähe wie die anderen Kinder verhielt und das gibt uns die Möglichkeit in dieser Richtung weiterzuforschen.“
In einer anderen Versuchsreihe will die Forscherin Krähen mit Staren vergleichen. Stare sind fast so intelligent, obwohl ihre Gehirne deutlich kleiner sind, als bei Krähen.