Die japanische Regierung will trotz Fukushima an der Atomkraft festhalten. Und so soll das Kernkraftwerk Sendai des Betreibers Kyushu Electric Power in der südwestlichen Provinz Kagoshima mit seinen beiden Meilern wieder angeschaltet werden. Seit der Ankündigung der Regierung gab es heftigen Widerstand in der Bevölkerung: Mehrere schlafende und auch aktive Vulkane befänden sich in unmittelbarer Nähe zu Sendai, so die Kritik. Das Aufwachen des Vulkan Ioyama gibt den Atom-Kritikern Recht. Der rund 67 Kilometer vom Kraftwerk entfernte Vulkan liegt in der Bergregion Kirishima – eine Gruppe von mehr als 20 Vulkanen.
Ende Oktober wurden die Zufahrten zum Vulkan Ioyama gesperrt. Japans Meteorological Agency hatte gleichzeitig vor einer möglichen Eruption gewarnt. Einen Kilometer rund um den Krater des 1.317 Meter hohen Berges durfte nichts mehr betreten werden, drei Kletterrouten wurden geschlossen, berichtet die japanische Zeitung The Asahi Shimbun. Auch der Koordinierungsausschuss der Regierung für die Vorhersage von Eruptionen warnte, dass der Vulkan aufgrund seiner zunehmenden vulkanischen Aktivität beobachtet werden müsste. Der Bereich um den Krater sei gefährlich. Es gebe aber nicht die Gefahr einer unmittelbaren großen Eruption, so ein Sprecher der Meteorological Agency.
Erste leichte Beben rund um den Vulkan hat es der Meteorological Agency zufolge seit Juni gegeben haben. Am 20. August hielt ein Beben sogar sieben Minuten an. Im nordwestlichen Teil des Berges soll es auch Veränderungen der Kruste gegeben haben, so die Zeitung The Asahi Shimbun. Und die neuerliche Aktivität des Ioyama ist angesichts der anstehenden Wiedereröffnung des Kernkraftwerks Sendai nicht die einzige mögliche Gefahr.
Nur fünf Kilometer von Ioyama entfernt liegt der Berg Shinmoedake. 2011 gab es hier einen Magma-Ausbruch, der erste in 300 Jahren. Etwa 50 Kilometer vom Kernkraftwerk Sendai entfernt befindet sich der Mount Sakurajima. Ein Vulkan der regelmäßig ausbricht. Experten warnen zudem, dass das Beben von 2011 möglicher Weise das Risiko von vulkanischen Aktivitäten in Japan erheblich erhöht hat. Erst Im September kam es am Berg Ontakesan zu einem Ausbruch, der 57 Menschenleben forderte. Eine der schlimmsten Vulkan-Katastrophen der vergangenen 90 Jahre.
In diesem Zusammenhang ist auch die Aussage des emeritierten Professors der Tokio Universität, Toshitsugu Fujii, zu sehen. Dieser widersprach Mitte Oktober der Nuklearen Aufsichtsbehörde. Diese hatte ausgeschlossen, dass in den kommenden 30 Jahren, bis die beiden Meiler von Sendai ihre Lebensdauer überschritten hätten, keine größere Eruption geben würde. „Es ist einfach unmöglich, eine Eruption für die nächsten 30 bis 40 Jahre vorherzusagen“, zitiert die Japan Times Toshitsugu Fujii. Eruptionen könnten höchstens in Stunden oder Tagen vorhergesagt werden. Wissenschaftlich gesehen, seien die Meiler nicht sicher. „Wenn sie aber trotz der Unsicherheiten und verbleibenden Risiken wieder in Betrieb genommen werden müssen, dann aus politischen Gründen und nicht, weil sie sicher sind.“
Kürzlich führte ein Forschungsteam um Yoshiyuki Tatsumi und Keiko Suzuki von der Kobe Universität eine Studie bezüglich der Vulkanaktivität Japans und ihrer Folgen durch. Demnach drohen Japan innerhalb der nächsten hundert Jahre möglicher Weise großflächige Ausbrüche. Im schlimmsten Fall könnten bis zu 120 Millionen Menschen betroffen sein, heißt es in einer Vorankündigung des Forschungsteams. Die Wahrscheinlichkeit einer ganz großen Eruption, die jedes Leben in Japan zerstören würde, liege bei einem Prozent. Auf den ersten Blick eine äußerst geringe Wahrscheinlichkeit. Allerdings, so die Wissenschaftler, schätzte man 1995 die Wahrscheinlichkeit, dass die Stadt Kobe von einem Erdbeben heimgesucht werden würde, ursprünglich auch nur auf ein Prozent. Kurze Zeit später gab es ein Erdbeben Stärke 7,2 in der Stadt. 6.400 Menschen kamen ums Leben.