Politik

Ungleichheit bei Einkommen schadet dem Wirtschafts-Wachstum

Die OECD berichtet in einer Studie, dass eine ungleiche Einkommensverteilung das Wirtschaftswachstum behindere. Denn je ungleicher die Einkommensverteilung ist, desto weniger investieren die unteren 40 Prozent in die Bildung ihrer Kinder. Die Organisation plädiert für eine Umverteilung.
09.12.2014 23:42
Lesezeit: 2 min

In 16 von 21 untersuchten OECD-Länder ist die Einkommensverteilung seit Mitte der 80er Jahre deutlich ungleicher geworden.

Dies gilt auch für Deutschland. Noch stärker als hierzulande ist allerdings die Ungleichverteilung in Ländern wie Finnland, Israel, Schweden, Neuseeland und den Vereinigten Staaten gestiegen. Kaum gewachsen sind dagegen die Einkommensunterschiede in Deutschlands westlichen Nachbarländern: den Niederlanden, Belgien und Frankreich. In der Türkei ist die Einkommensverteilung sogar gleichmäßiger geworden.

Insgesamt haben in den OECD-Ländern die reichsten 10 Prozent heute ein Einkommen, das 9,5 mal so groß ist wie das der ärmsten 10 Prozent. Mitte der 80er Jahre lag das Verhältnis nur bei 7:1. Wenn das schon von sich aus nicht brisant genug ist, so kommt eine heute, am 9.12., veröffentlichte Studie der OECD zu dem Ergebnis, dass eine ungleiche Einkommensverteilung das langfristige Wirtschaftswachstum vermindert. Die größere Ungleichverteilung seit Mitte der 80er Jahre hat also negative Auswirkungen für alle.

In Deutschland wäre die Wirtschaft ohne die gewachsene Ungleichverteilung zwischen 1990 und 2010 nicht um 26 Prozent gewachsen, sondern um fast 32 Prozent. Noch stärker betroffen sind allerdings Mexiko und Neuseeland, wo die gestiegene Ungleichheit insgesamt 10 Prozentpunkte Wirtschaftswachstum seit 1990 gekostet hat. Auch in Großbritannien und Finnland lagen die Verluste mit 9 Prozentpunkte sehr hoch. In den USA, Italien und Schweden betrugen sie zwischen 6 und 7 Prozentpunkte.

Doch wie kann größere Ungleichheit das Wirtschaftswachstum beeinflussen? Immerhin gibt es auch einige Ökonomen, die genau das Gegenteil behaupten. Da reiche Leute mehr sparen können und mehr Ersparnisse mehr Investitionen bedeuten, sei es gut, wenn es viele Reiche gibt, auch auf Kosten einer gleichmäßigeren Einkommensverteilung. So lautet verkürzt die Argumentation dieser Ökonomen.

Die aktuelle OECD-Studie setzt klar dagegen. Das Hauptproblem bei einer großen Ungleichheit sei, dass dann die unteren Einkommensschichten kaum die materiellen Möglichkeiten hätten, ihren Kindern eine angemessene Bildung zu finanzieren. Eine größere Ungleichheit führe darum zu weniger Bildung in der Bevölkerung und weniger Bildung bedeute langfristig weniger Wirtschaftswachstum.

Federico Cingano, der Forscher, der die Untersuchung für die OECD geleitet hat, empfiehlt den Staaten Umverteilungsmaßnahmen, um das Wirtschaftswachstum anzuregen. Doch nicht jede Maßnahme, die zu einer gleicheren Verteilung der Nettoeinkommen führe, sei sinnvoll.

So ist es für Cingano nicht so wichtig, wie groß der Abstand der reichsten 10 Prozent zum Durchschnitt ist. Sich über das Einkommen einiger Superreicher aufzuregen, bringt also zumindest für das Wirtschaftswachstum nichts. Wichtig ist dagegen, dafür zu sorgen, dass der Abstand der gesamten unteren 40 Prozent vom Durchschnitt nicht zu groß wird. Für ein langfristig höheres Wirtschaftswachstum sorgen hier vor allem solche Maßnahmen, die dazu führen, dass die Kinder dieser unteren 40 Prozent mehr Chancen auf eine bessere Ausbildung bekommen.

Geht man in die Details der OECD-Untersuchung, sind allerdings die Zusammenhänge noch verwickelter. So stellt die Studie fest, dass eine große Ungleichheit nur bei den Kindern die Chance auf einen Hochschulabschluss vermindert, deren Eltern selbst keine höhere Schulbildung haben. Klar, diese Eltern befinden sich vor allem in den unteren Einkommensschichten und haben so die negativen Folgen einer großen Ungleichheit direkt zu tragen. Andererseits deutet das auch darauf hin, dass in den OECD-Ländern Eltern mit guter Ausbildung selbst dann viel Wert auf die Bildung ihrer Kinder legen, wenn sie materiell nicht zu den Bessergestellten gehören.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft „Made in America“ wird zur Hypothek: US-Marken in Europa auf dem Rückzug
11.05.2025

Eine neue Studie der Europäischen Zentralbank legt nahe: Der Handelskrieg zwischen den USA und der EU hat tiefgreifende Spuren im...

DWN
Finanzen
Finanzen Tech-Börsengänge unter Druck: Trumps Handelskrieg lässt Startup-Träume platzen
10.05.2025

Schockwellen aus Washington stürzen IPO-Pläne weltweit ins Chaos – Klarna, StubHub und andere Unternehmen treten den Rückzug an.

DWN
Finanzen
Finanzen Warren Buffett: Was wir von seinem Rückzug wirklich lernen müssen
10.05.2025

Nach sechs Jahrzehnten an der Spitze von Berkshire Hathaway verabschiedet sich Warren Buffett aus dem aktiven Management – und mit ihm...

DWN
Finanzen
Finanzen Silber kaufen: Was Sie über Silber als Geldanlage wissen sollten
10.05.2025

Als Sachwert ist Silber nicht beliebig vermehrbar, kann nicht entwertet werden und verfügt über einen realen Gegenwert. Warum Silber als...

DWN
Technologie
Technologie Technologieinvestitionen schützen die Welt vor einer Rezession
10.05.2025

Trotz der weltweiten Handelskonflikte und der anhaltenden geopolitischen Spannungen bleibt die Nachfrage nach Technologieinvestitionen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Starbucks dreht den Spieß um: Mehr Baristas statt mehr Maschinen
10.05.2025

Starbucks gibt auf die Maschinen auf: Statt weiter in teure Technik zu investieren, stellt das Unternehmen 3.000 Baristas ein. Nach...

DWN
Panorama
Panorama EU-Prüfer sehen Schwächen im Corona-Aufbaufonds
10.05.2025

Milliarden flossen aus dem Corona-Topf, um die Staaten der Europäischen Union beim Wiederaufbau nach der Corona-Pandemie zu unterstützen....

DWN
Finanzen
Finanzen Estateguru-Desaster: Deutsche Anleger warten auf 77 Millionen Euro – Rückflüsse stocken, Vertrauen schwindet
10.05.2025

Immobilien-Crowdfunding in der Vertrauenskrise: Estateguru kann 77 Millionen Euro deutscher Anleger bislang nicht zurückführen – das...