Finanzen

Ukraine erhält 500 Millionen Euro Kredit-Garantien von Deutschland

Der ukrainische Premier Arseni Jazenjuk hat in Berlin eine Kredit-Garantie von 500 Millionen Euro vom deutschen Steuerzahler erhalten. Doch tatsächlich steuert das Land in Richtung Staatspleite: Die kurzfristigen Staatsanleihen, die im Juli 2017 fällig werden, werden mittlerweile unter 60 Cent je Dollar gehandelt. Eine IWF-Delegation wird in dieser Woche in Kiew eintreffen, um Prüfungen für die Bewilligung von weiteren Milliarden-Krediten vorzunehmen.
08.01.2015 02:41
Lesezeit: 2 min

Der ukrainische Ministerpräsident Arseni Jazenjuk erwartet von Deutschland weitere Unterstützung für sein Land. «Das Volk der Ukraine hat sich ausschließlich für die europäische Integration ausgesprochen», sagte Jazenjuk am Mittwochabend in den ARD-«Tagesthemen». Genau das habe Russlands Präsidenten Wladimir Putin beunruhigt. Die Ukraine zahle einen sehr hohen Preis für diese Wahl. «Wir erwarten von unseren westlichen Partnern, und darunter von Deutschland, dass sie uns helfen, durch diese schwierigen Zeiten zu kommen.»

Auf die Frage, ob er die Ostukraine bereits aufgegeben habe, antwortete Jazenjuk: «Wir haben in der Ukraine den Teilungsprozess, der von Russland initiiert wurde. Aber wir machen alles dafür, damit die Ukraine mit Hilfe unserer westlichen Partner vereint wird.»

Zuvor hatte Jazenjuk bereits Bundespräsident Joachim Gauck bei einem Treffen in Schloss Bellevue um weitere deutsche Unterstützung gebeten. Nach Angaben aus Teilnehmerkreisen sicherte er zu, dass die Ukraine im Konflikt mit Russland ihren Teil des Minsker Abkommens über eine Waffenruhe im Osten der Ukraine erfüllen werde. An diesem Donnerstag spricht Jazenjuk mit Kanzlerin Angela Merkel.

Am Mittwochnachmittag wurde im Bundeswirtschaftsministerium eine politische Vereinbarung über Kreditgarantien für die Ukraine in Höhe von 500 Millionen Euro unterzeichnet. Die damit zu finanzierenden Projekte für den Wiederaufbau in der Ostukraine müssen aber nach Angaben des Wirtschaftsministeriums noch festgelegt werden.

Die Ukraine braucht in der Tat dringend Liquidität, nicht zuletzt wegen der Korruption: Erst am Dienstag gab die Regierung bekannt, dass ein Viertel des Militär-Etats gestohlen wurde. Schaden: 450 Millionen Dollar.

In der Ukraine vertieft sich die Rezession und steigende Schulden-Last des Landes führen dazu, dass Anleihe-Gläubiger und die Ratingagentur Moody’s einen Staatsbankrott für wahrscheinlich halten.

Die Dollar-Bonds der Ukraine, die im Juli 2017 fällig werden, werden derzeit unter 60 Cent je Dollar gehandelt. Vor einem Jahr war noch eine annähernde Gleichheit oder Parität zu beobachten. Im Dezember fand eine Verkaufswelle ukrainischer Anleihen statt. Im Verlauf des vergangenen Jahres haben die Anleihen über 21 Prozent an Wert verloren und verzeichneten unter 59 Staaten nach venezolanischen Anleihen den größten Wertverlust, berichtet Bloomberg.

Am 30. Dezember 2014 meldete die Notenbank-Chefin Valeriya Gontareva, dass die Investoren auf der Flucht seien und die Ukraine vor einer „ausgewachsenen Finanzkrise“ stehe. Die Wirtschaft sei unter Belastung eines Währungs-Einbruchs und des Kriegs um etwa 7,5 Prozent geschrumpft

Nach Angaben des Fondsmanager Lutz Röhmeyer von LBB Invest würden die Anleihen-Kurse Erwartungen verzögerter Rückzahlungen und mögliche Verluste beim Anleihekapital signalisieren.

„Ich hoffe auf eine Umschuldung, aber ich fürchte, es kann eine komplette Umstrukturierung, geben wird (…)Wenn man unterstellt, dass die Ukraine die Laufzeiten abschlagsfrei nur um drei bis fünf Jahre verlängert, dann sollten die Anleihen über 80 Cent gehandelt werden“, Röhmeyer, der insgesamt 1,1 Milliarden US-Dollar an Schulden aus Schwellenländern beaufsichtigt.

IWF-Vertreter werden voraussichtlich bis Sonntag in Kiew eintreffen, um die Sparmaßnahmen der Ukraine zu überprüfen. Erst dann wird darüber entschieden, ob weitere 17 Milliarden US-Dollar aus dem Kredit-Programm bewilligt werden oder nicht.

„Die Ukraine braucht ein komplett neu gestaltetes IWF-Programm“ und eine „Berücksichtigung der Beteiligung des Privatsektors in einem neuen Programm wird erwartet“, meldete Nicolaie Alexandru-Chidesciuc von JPMorgan Chase & Co. in einem Bericht am Dienstag, der sich an seine Kunden richtete. Schließlich könne ein Hair-Cut benötigt werden.

Doch der stellvertretende Finanzminister der Ukraine, Igor Umanski, sagt, dass eine mögliche Umschuldung nicht Gegenstand der Gespräche mit dem IWF sein wird.

Die ukrainische Wirtschaft wird 2015 um weitere sechs Prozent schrumpfen. Außerdem benötigt das Land weitere 15 bis 20 Milliarden US-Dollar an Krediten, um sich über Wasser halten zu können. Die Ratingagentur Moody’s bewertet ukrainische Anleihen mit „Caa3“. Sie ist als Investment mit sehr hohem Risiko eingestuft.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Technologie
Technologie ChatGPT-5: So verwenden Sie das neue ChatGPT-Modell
08.08.2025

Open AI erlaubt erstmals tiefe Einblicke in die Denkweise von ChatGPT. Wer die neue Erweiterung nutzt, kontrolliert nicht nur Daten –...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt "Aufstehen, hingehen, machen": Thomas Hintsche verkauft seit 30 Jahren gegrillte Würstchen auf dem Markt
08.08.2025

Seit 30 Jahren verkauft Thomas Hintsche Bratwurst, Steak, Buletten und mehr auf dem Markt. Seine Grillskills hat er perfektioniert, kennt...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis bleibt stabil: USA verhängen Zölle auf Goldimporte – Schweiz im Fokus
08.08.2025

US-Zölle auf Goldimporte versetzen den Markt in Aufruhr. Besonders die Schweiz könnte hart getroffen werden. Während der Goldpreis in...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kreditprogramme für den Mittelstand: Neue KfW-Digitalförderung für KMU, Kritik an „Made for Germany“
08.08.2025

Zwei neue KfW-Kreditprogramme unterstützen KMU seit Juli gezielt bei Digitalisierung und Innovation. Unterdessen sorgt die fehlende...

DWN
Finanzen
Finanzen Munich Re-Aktie fällt: Rückversicherer spürt Preisdruck trotz Rekordgewinn
08.08.2025

Die Munich Re-Aktie erlebt nach einem Rekordgewinn überraschend Gegenwind. Trotz starker Halbjahreszahlen dämpfen sinkende Preise und...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Verhandeln lernen: Mit Strategie zum Erfolg – jeder kann es mit den richtigen Methoden
08.08.2025

Erfolgreich verhandeln kann jeder – mit den richtigen Methoden. Erfahren Sie, wie Sie mit Strategie, Künstlicher Intelligenz und...

DWN
Finanzen
Finanzen Bechtle-Aktie hebt ab: Starker Quartalsverlauf beflügelt Anleger
08.08.2025

Die Bechtle-Aktie überrascht Anleger im Börsenhandel am Freitag mit einem kräftigen Kurssprung. Nach Monaten der Flaute deutet vieles...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Ifo: Auftragsmangel hemmt deutsche Wirtschaft weiterhin
08.08.2025

Das Ifo-Institut meldet: Der Auftragsmangel bleibt eine Bremse für die deutsche Wirtschaft. Trotz vereinzelter Lichtblicke in einigen...