Finanzen

Ankauf von Staatsanleihen: Denkfehler der EZB gefährdet Banken-Rettung

Ein Denkfehler der EZB könnte dazu führen, dass das seit Monaten lancierte Ankaufprogramm von Staatsanleihen unter Umständen nicht funktionieren könnte: Beobachter zweifeln, ob die Banken ihre Bond-Portfolios überhaupt an die EZB verkaufen werden, da sie dafür einen negativen Einlagezins der EZB von 0,2 Prozent zahlen müssen.
12.01.2015 02:33
Lesezeit: 1 min

Das Ankaufprogramm OMT, wonach die EZB „unbegrenzt“ Staatsanleihen von allen Euro-Staaten am Sekundärmarkt aufkaufen will, bestimmt seit dem Sommer 2012 die Diskussion. Die Befürworter führen das Argument der Deflation ins Feld – gleichwohl die Deflation im Euroraum mittlerweile auf den fallenden Ölpreis zurückzuführen ist.

Ifo-Präsident Hans-Werner Sinn erklärte dazu unlängst bei Bloomberg, die EZB nutze die Deflationsdebatte, um eine Politik der quantitativen Lockerung vorzubereiten, die jedoch nicht dazu diene, Deflation zu bekämpfen, sondern um Banken zu retten. „Ich sehe die EZB sehr stark in der Bankenrettung und Investitionslenkung unterwegs", so Sinn wörtlich.

Andere Kritiker wie Sparkassenpräsident Georg Fahrenschon betonen: „Die Zentralbank ist nicht dazu da, Staatsfinanzierung zu betreiben. Anleihekäufe sind der falsche Weg, da sie dringend notwendige Sparbemühungen und Strukturänderungen in den öffentlichen Haushalten der hoch verschuldeten Länder unterlaufen und Anreize nehmen. Die Europäische Zentralbank darf nicht in die Rolle einer Ersatzregierung gedrängt werden.“

Indessen stellen sich eine weitaus grundsätzlichere Frage zum beabsichtigten QE-Programm der EZB, nämlich ob die Banken ihre Bond-Portfolios überhaupt an die EZB verkaufen, wenn sie im Gegenzug mit dem negativen Einlagezins der EZB von gegenwärtig 0,2 Prozent konfrontiert sind.

“Ich begreife nicht weshalb sie (die EZB) vorhat, eine Menge Anleihen zu kaufen, wenn die EZB bei der Hinterlegung der Bonds 20 Basispunkte (0,2 Prozent) von den Banken fordert und es damit überhaupt keinen Anreiz gibt, dies zu tun“, betonte Steven Major von der HSBC-Bank bei CNBC.

Der negative Einlagezins wurde im Juni 2014 von der EZB eingeführt, um Banken im Euroraum das Parken von Kapital bei der EZB zu erschweren. Vielmehr sollten die Geldhäuser mehr Kredite an Unternehmen und Verbraucher vergeben, um die Konjunktur anzukurbeln. Im Ergebnis brachte diese Maßnahme der EZB jedoch nur Zinsverluste für Sparer und Lebensversicherungen.

„Warum sollte eine Bank eine Anleihe der EZB übergeben und für eine risikofreie Anlage 0,2 Prozent Strafzinsen zahlen?“ so Steven Major bei der CNBC weiter.

Eine Möglichkeit für die EZB, dies zu umgehen wäre, Anleihen mit einem Aufschlag zu kaufen, um damit für die Banken die negativen Einzahlungszinsen zu kompensieren. Das bedeutet im Umkehrschluss: die EZB bezahlt für den Erwerb von Anleihen weit mehr als den üblichen Marktpreis.

Alternativ könnte die EZB direkt von Vermögensverwalter (wie Hedgefonds etc.) kaufen und damit die Banken ganz überspringen.

Damit lieferte die EZB jedoch direkt Spielgelder für Spekulanten.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Osterleckereien 2025: Warum Schokolade, Butter & Co. teurer sind denn je
19.04.2025

Ostern 2025 wird für Verbraucher teurer – besonders bei traditionellen Produkten wie Schokohasen, gefärbten Eiern und selbstgebackenem...

DWN
Immobilien
Immobilien Gewerbeimmobilien als Kapitalanlage? Lage matters!
19.04.2025

Gewerbeimmobilien bieten nach wie vor interessante Renditechancen für ausgefuchste Marktkenner. Wer klug investiert, kann von stabilen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Europas Wettbewerbskompass: Kurskorrektur bei Technologiewettbewerb dringend nötig!
19.04.2025

Europa steht vor großen wirtschaftlichen Herausforderungen: Der globale Technologiewettbewerb spitzt sich zu, geopolitische Krisen...

DWN
Finanzen
Finanzen Digitalisierung im Bürgeramt: Passfotos ab Mai nur noch digital erlaubt
19.04.2025

Ab dem 1. Mai sind in Deutschland im Grunde nur noch digitale Passfotos erlaubt. Das neue Verfahren soll Fälschungen vorbeugen. Wer denkt,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Italienische Luxusunternehmen: Prada übernimmt und trägt nun auch Versace
19.04.2025

Über einen möglichen Kauf war seit mehreren Monaten spekuliert worden: Der Luxuskonzern Prada schluckt den Konkurrenten Versace. Damit...

DWN
Technologie
Technologie „Mein alter Job als Softwareentwickler ist weg“ – Jentic-Chef über selbstprogrammierende KI-Agenten
19.04.2025

Der irische Tech-Unternehmer Sean Blanchfield ist überzeugt, dass KI-Agenten menschliche Programmierer und Softwareentwickler zunehmend...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt „We don’t believe in Outsourcing“ – Klöber zeigt, wie Produktion in Deutschland wieder gelingt
18.04.2025

Sitzen, aber richtig: Der Büromöbelhersteller aus Owingen setzt auf Inhouse-Produktion, recycelte Materialien und digitale Innovation –...

DWN
Finanzen
Finanzen S&P 500 und die Illusion von sicheren, langfristigen Renditen
18.04.2025

Der amerikanische Aktienmarkt befindet sich in turbulenten Zeiten. Angesichts der unvorhersehbaren Handelspolitik von Präsident Donald...