Finanzen

Europäischer Gerichtshof: EZB darf unbegrenzt Staatsanleihen kaufen

Lesezeit: 1 min
14.01.2015 10:23
Die EZB darf nach Ansicht des Generalanwalts des EuGH grundsätzlich Staatsanleihen kaufen. Ein entsprechendes Programm der Notenbank sei rechtmäßig. Konkret ging es um den EZB-Beschluss von 2012, notfalls unbegrenzt Anleihen von Euro-Krisenstaaten zu kaufen, um diese zahlungsfähig zu halten.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Die EZB darf nach Ansicht des Generalanwalts am Gerichtshof der Europäischen Union unter bestimmten Voraussetzungen massenhaft Staatsanleihen von Euro-Krisenländern kaufen. Das 2012 in Aussicht gestellte OMT-Programm sei erforderlich und verhältnismäßig im engeren Sinne, da die EZB kein Risiko eingehe, das sie notwendigerweise einem Szenario der Insolvenz aussetze, erklärte Generalanwalt Pedro Cruz Villalon am Mittwoch in Luxemburg. Voraussetzung sei aber, dass sich die EZB aus den für einen betroffenen Staat geltenden Reformprogrammen heraushalte.

Die EZB ist in Ländern wie Griechenland Teil der sogenannten Troika aus EU-Kommission und Internationalem Währungsfonds, die für die Überwachung der Reformauflagen zuständig ist. Über eine mögliche Begrenzung von Anleihenkaufprogrammen der EZB sagte Cruz Villalon bei der Verlesung seiner Schlussanträge nichts. Seine Einschätzung ist für die Richter am EuGH nicht bindend, in vielen Fällen folgen sie aber der Argumentation.

Im vorliegenden Fall ging es um die Klage gegen die EZB-Ankündigung vom Sommer 2012, notfalls unbegrenzt Staatsanleihen von Krisenländern zu kaufen(AZ: C-62/14). Das Bundesverfassungsgericht hatte die Entscheidung darüber nach Luxemburg übertragen und damit juristisches Neuland betreten. Die Schlussanträge des Generalanwalts dürften nach Einschätzung von Experten über das von der EZB nie angewandte sogenannte OMT-Programm hinaus auch Einfluss auf die Ausgestaltung der massiven Anleihenkäufe haben, die von der Notenbank im Kampf gegen Wirtschaftsflaute und Preisverfall im Euroraum in Aussicht gestellt wurden. Die Frankfurter Währungshüter könnten schon am 22. Januar über die geldpolitische Lockerung (Quantitative Easing) entscheiden.

Die Entscheidung der EZB im Januar dürfte somit die folgenreichste Entscheidung der Geschichte der Euro-Zone sein: Mit dem geplanten Ankauf von Staatsanleihen endet die nationale Souveränität der Euro-Staaten. Die Finanzen der Staaten werden dann nicht mehr von den Parlamenten kontrolliert, sondern von einer Zentralbank, deren Organe niemandem verantwortlich sind. Auch Deutschland würde so seine Budgethoheit verlieren – und damit einen wesentlichen Teil der Souveränität aufgeben.

Ein Beispiel: Die CDU bat Anfang Januar Draghi höflich, er möge klarstellen, dass kein Geld aus anderen Euro-Staaten nach Griechenland geht. Der Vorgang zeigt: Die Parlamentarier sind nicht mehr Herr über das Budget, sondern müssen einen demokratisch nicht legitimierten Zentralbanker bitten, das Steuergeld der Deutschen nicht zu verschwenden.

Italien hingegen hofft auf das OMT-Programm. Notenbank-Chef Ignazio Visco baut Druck auf die EZB auf: Sie soll Staatsanleihen und faule Kredite kaufen, damit die italienischen Banken nach ihren Kredit-Orgien gerettet werden. Die Haftung geht in diesem Fall auf die europäischen Steuerzahler über.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Zu Weihnachten Zukunft schenken

Gerade zu Weihnachten wünschen sich viele Menschen, etwas von ihrem Glück zu teilen und sich für diejenigen zu engagieren, die es nicht...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Quiet Quitting: Der stille Job-Rückzug mit gefährlichen Folgen
22.12.2024

Ein stiller Rückzug, der Unternehmen erschüttert: Quiet Quitting bedroht die Substanz deutscher Betriebe. Warum immer mehr Beschäftigte...

DWN
Technologie
Technologie DWN-Sonntagskolumne: Künstliche Intelligenz Hype Cycle - Zwischen Revolution und Enttäuschung
22.12.2024

Ist künstliche Intelligenz nur ein Hype oder der Beginn einer Revolution? Zwischen hohen Erwartungen, Milliardeninvestitionen und...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Psychische Gewalt am Arbeitsplatz: Ursachen, Folgen und Lösungen
22.12.2024

So können Unternehmen gegen verbale Übergriffe aktiv werden- Beleidigungen, Drohungen und Beschimpfungen: Rund ein Drittel der...

DWN
Finanzen
Finanzen Kindergeld beantragen: Tipps und wichtige Infos für 2025
22.12.2024

Wussten Sie, dass Sie Kindergeld bis zu sechs Monate rückwirkend erhalten können? Dies gilt sowohl für Ihr erstes Kind als auch für...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Märchen vorbei? Steht Deutschlands Automobilindustrie vor dem Aus?
22.12.2024

Volkswagen in der Krise, Mercedes, BMW & Co. unter Druck – und hunderttausende Jobs stehen auf dem Spiel. Wie kann der Kampf um...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Credit Suisse-Debakel: Ausschuss sieht Schuld bei Bank
22.12.2024

Die Nervosität an den Finanzmärkten war im Frühjahr 2023 groß - drohte eine internationale Bankenkrise? Für den Schweizer...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Der Volkswagen-Deal: Worauf sich VW und die IG Metall geeinigt haben
22.12.2024

Stellenabbau ja, Werksschließungen nein: Mehr als 70 Stunden lang stritten Volkswagen und die IG Metall um die Sparmaßnahmen des...

DWN
Technologie
Technologie Webasto-Geschäftsführung: „Der Einsatz von KI ist eine strategische Notwendigkeit“
22.12.2024

Angesichts des wachsenden Drucks durch die Transformation hin zur Elektromobilität und steigender Kosten in der Branche sprechen Markus...